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Klettersteigvergnügen am Gardasee

Klettersteigvergnügen am Gardasee

In den Alpen gab es Anfang September einen ersten Wintereinbruch mit einer Schneefallgrenze, die unter 1.700 m gesunken war. Damit waren alle Reisepläne mal wieder Makulatur. Machte aber gar nichts. Wir griffen zu Plan B, der uns über den Brenner in Richtung Gardasee führte. Immer auf der Suche nach einsamen, anspruchsvollen Klettersteigtouren. Für eine Woche stellten wir unser kleines Zelt, das wir vorsichtshalber mit uns in Auto gepackt hatten, in Arco auf und hatten südlich der Alpen das (Wetter-) Glück auf unserer Seite…

Einmal im Jahr zieht es uns in Richtung Süden, um für eine gute Woche die Eisenwege in den Alpen oder den Dolomiten entlangzuziehen. Und auch wenn Arco eher als Rad- und Klettermekka bekannt ist, gibt es doch nördlich vom Gardasee eine Reihe spannender und teilweise technisch sehr anspruchsvoller Klettersteige. Man ist dort, im Gegensatz zu den Dolomiten-Klassikern, auch schon eher mal allein unterwegs. Zudem sind die Steiganlagen sehr unterschiedlich angelegt, so dass in der Woche keine Monotonie aufkommen wollte. Normalerweise sind die Klettersteige rund um den See eher sportlich ausgerichtet oder führen als gesicherte Wege auf alten Kriegswegen entlang. Aber auch abseits der Dolomiten kann man Steiganlagen finden, die einen fast alpinen Anstrich haben.

…ist die Via attrezzatta Rino Pisetta. Neben der Via Ferrata Che Guevara ist das einer meiner Lieblingsklettersteige am Gardasee. Nachdem ich auch schon in den Jahren vorher immer von ihm geschwärmt habe, kam ich in diesem Jahr nicht umhin, ihn mal wieder zu gehen. Der Ausgangspunkt für die Tour war vor ein paar Jahren verlegt worden – wir fuhren zunächst zum alten Einstieg. Okay, umdrehen und nach kurzer Suche fanden wir schnell den neuen Parkplatz im Zentrum des kleinen Dorfes. Der Klettersteig war möglicherweise zu beliebt geworden, so dass die Autowerkstatt wohl dem alten Zustieg einen Riegel vorgeschoben hatte.

Versuch Nummer 1 endete damit, dass uns am (vermeintlichen) Einstieg, an dem ein altes, geknüpftes Tau herunter hing, ein Regenschauer eingeholt hatte, nachdem wir uns 40 min durch den steilen Hang nach oben gearbeitet hatten. Der Regen wollte zunächst nicht aufhören und nach 30 min stiegen wir wieder ab. In die senkrechte Wand, die wie mit einem Schmierseifenfilm überzogen war, wollten wir so nicht einsteigen. Wir stiegen daher einfach auf die Burg oberhalb von Arco. Das kann man auch bei unbeständigem Wetter.

Den zweiten Versuch, zwei Tage später, starteten wir im schönsten Sonnenschein. Mit uns irrten zwei weitere Paare durch den Wald auf der Suche nach dem Zustieg. Denn der vermeintliche Einstieg an der Wand, sprich das geknotete Tau, führte zu wunderschönen, neu eingebohrten Sport-Kletterrouten, aber wir waren ja mit Klettersteigausrüstung und nur einem kurzen Notseil unterwegs. Gemeinsam mit den beiden anderen Gruppen begaben wir uns auf die Suche. Nichts. Alle Wege führten in die steile Wand – zudem waren wir, meinem Gefühl nach, zu weit südlich am Berg. Also stiegen wir wieder bis zu einem tiefergelegenen Weg ab, folgten ihm und kamen so zurück auf den originalen Zustiegsweg, der wiederum, sobald es in steilen Kehren nach oben ging, auch ordentlich markiert war. (Hätten wir im Vorfeld die Kommentare auf den einschlägigen Klettersteigseiten gelesen, wären wir genau 1 Stunde eher am Klettersteig-Einstieg gewesen).

Der Klettersteig an sich war noch genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Genuss pur, wenn man auf trittloses Antreten in senkrechten Wänden steht (ich habe mich auch nur kurz geärgert, nicht doch die Kletterschuhe auf die Tour mitgenommen zu haben). Wir blieben allein in der Wand des Dain Picol (978m), die anderen beiden Paare hatten wohl die Suche nach dem Aufstieg aufgegeben. Es hätte ein vollkommener Tag sein können, wenn uns nicht auf Höhe des Wandbuches mal wieder der Regen eingeholt hätte (Wettervorhersagen sind eben auch nicht immer korrekt). Die letzten steilen Seillängen wurden so zu einer kräftezehrenden Rutschpartie. Die Hände ohne Grip am Seil, die Füße fanden im Trittlosen auch keinen wirklichen Halt. Es ging sehr schnell, dass der Steig nicht mehr wirklich passierbar war. Im Waldstück, das die steile Wand vom Gipfelgrat trennt, harrten wir dann erst einmal aus, in der Hoffnung, dass der Regen schnell nachlassen würde. Eine kurze Regenpause nutzen wir für die Querung des ausgesetzten, aber unschweren Gipfelgrates (versichert) und genossen bei spektakulären Wolkenbildern unseren Gipfeltee auf der Ausstiegsbank. Im leichten Nieselregen, der dann wieder einsetzte, ging es auf einem breiten Weg hinab, im unteren Teil des Fahrweges an spannenden Sport-Klettertouren vorbei.

…zumindest, was ausländische Klettersteiggeher angeht, ist die Via attrezzata Giulio Segata, die auf den Dos d’Abramo (2.140 m) führt. Am Wochenende ist die Hochebene um das Rifugio Alpino Fratelli Tambosi (1.547m) wohl eines der Ausflugsgebiete für die Trentiner. Wir waren bis auf vier Wanderer vollkommen allein auf unserer Drei-Gipfel-Tour zu den Tre Cime di Bondone (Cima Verde, Dos d‘ Ambramo, Cornetto) und genossen die Wolkenspiele über der Brenta. Bei unserer Gipfelrast waren wir im Übrigen froh über eine dicke Jacke und lange Hosen. Nach dem T-Shirt-Wetter auf den Steiganlagen am Gardasee erwarteten uns am Ausgangspunkt zur Tour feucht-kühle 7°C…

Für Sachsen ist der Steig eigentlich ein Muss – der Einstiegskamin lässt Heimatgefühle aufkommen. Für Klettersteiggeher, die lange Zustiege nicht mögen, ist die Segata nur bedingt geeignet. Der eigentliche Klettersteig ist nur 70 oder 80 m hoch. Dazu dann noch der kurze Abstiegssteig von der Dos d’Abramo. Der Rest ist teils steiler Wanderweg und unversicherter, aber gut gehbarer Gratsteig. Ist man mit einem Partner oder Partnerin unterwegs, der (oder die) nicht ganz so ambitioniert am Klettersteig unterwegs sein möchte, dann ist die Segata absolut beziehungsfördernd: Gemeinsamer Zustieg, gemeinsamer Gipfelblick, nachdem man einfach oder technisch anspruchsvoll nach oben geklettert ist, gemeinsamer Abstieg und Abschluss der Tour.

(Man sollte sich im Vorfeld über die Bedingungen informieren – seit Juni des Jahres ist der eigentliche Steig gesperrt (Steinschlag, die Reparaturen dauern noch an) – wir sind über den kurzen Abstiegsklettersteig auf den Gipfel hoch.)

Via Ferrata Ernesto Che Guevara: Die längste Tour der Gardaseeberge. Technisch nicht annähernd so schwer wie die Pisetta, ist der Steig konditionell dennoch durchaus anspruchsvoll, v.a. wenn man zu Fuß wieder nach Pietramurata zurück laufen will. Es geht unschwer durch eine nicht allzu steile Wand, wobei man sich, trotz der Tourlänge, immer wieder Zeit für den Ausblick nehmen sollte.

Sentiero attrezato Fausto Susatti: Der Wanderweg unter den Stiegen. Er führt unschwer auf alten Kriegssteigen entlang und endet auf dem Cima Capi (909 m).

Sentiero attrezzato Rio Sallagoni: Der Garant für mindestens nasse Füße. Der neue Klettersteig führt durch die Schlucht des Sallagonibaches, immer am oder über dem Wasser, bis zum Castel Drena. Halbtagestour mit einem hohem Abenteuerfaktor für größerer Kinder. Aufgrund der Kürze und leichten Erreichbarkeit ist eigentlich immer etwas los. Hat es vorher lange und ausgiebig geregnet (v.a. im Frühjahr), sollte man sich vor Ort über den Wasserstand erkundigen.

Via dell´Amicizia: Der Klassiker, den wohl alle kennen, die am Gardasee auf Klettersteigen unterwegs waren. Der Leiternsteig – nomen est omen – führt auf den Cima SAT (1246 m). Es wartet der Blick auf den Gardasee, wenn man es geschafft hat, bevor es über einen alten Kriegspfad wieder zurück zum See geht. Muss man einmal oben gewesen sein 🙂

Via attrezzata Monte Albano:  Der Sportliche unter den Klettersteigen in den Gardaseebergen. Schon in Mori verwiesen erste Schilder, fast unlesbar, auf eine Sperrung des Klettersteiges. Irgendwie war 2011 zu erkennen, also stiegen wir zunächst zur Kirche Santa Maria die Monte Albano auf, um dann in ihrem Schatten gemeinsam mit zwei anderen Aspiranten Klettersteiggeher zu beobachten, die in der Nähe des Wandbuches wieder zurückstiegen. Anscheinend waren die Seile am Ausstieg noch immer nicht ersetzt worden. Wir kehrten um und gingen im schönsten Sonnenschein baden 🙂

Sehr gut – zumindest auf den Steiganlagen, auf denen wir unterwegs waren; teilweise sogar eher etwas ‚übersichert‘, verglichen mit der Absicherung in den Sextenern, wo wir in der Woche davor waren. Neue Seile, ordentlich verankerte Eisen-Klammern.

Zwei Steige waren gesperrt. Bei einem hatte der Steinschlag wohl die Seile beschädigt (im Juni 2013), bei einem anderen wurden die Sicherungen altersbedingt (schon seit 2011) ausgetauscht.

Nein, eigentlich nicht. In den letzten Jahren scheint sich eine Menge getan zu haben. Rings um den Gardasee hat man wohl neben den Mountainbikern und Kletterern auch die Wanderer und aktiven Familienurlauber für sich entdeckt. Die Markierungen waren eigentlich immer gut erkennbar und bis auf eine Ausnahme war es nicht schwer, die Einstiege zum Zu- oder Abstieg zu finden. Eine Ausnahme, also einen Verhauer, hatten wir trotzdem. Das gehört wahrscheinlich zu jeder Tour dazu 🙂  Als Lehre aus dieser Aktion blieb für uns: Wege, die anscheinend eine Abkürzungen sind, führen in den steilen Hängen der Gardaseeberge schnell ins Klettersteig-Nirvana…

Jein – wir haben es zumindest nicht in Erwägung gezogen. Die Steige um Arco und am Gardasee selbst lassen sich auch gut zu Fuß, mit dem Rad und sicher auch mit den Bus erreichen. Uns zog es aber auch in den Norden und wir nutzen die größere Flexibilität des Autos. Wahrscheinlich wäre ich am Einstieg zur Giulio Segata auch schon umgekehrt, wenn ich als Erwärmung zum Rifugio Alpino Fratelli Tambosi (1.547m) hätte radeln dürfen…

Da die Absicherung relativ gut ist, kann man bei entsprechender Körpergröße auch landschaftlich spannende Klettersteige machen, die für Einsteiger geeignet sind (es gibt ein paar Steiganlagen, da steht die Mindestgröße als Warnung mit in den Führern – die Kids kommen sonst nicht mehr an die Seile heran…).

Darüberhinaus haben die Italiener Wege ‚geschaffen‘, die alten Kriegssteigen folgen und teilweise eine einfache Seilsicherung bieten – ideal auch zum Einstieg in das Klettersteiggehen, wenn man es einmal mit seinen Kindern probieren möchte. Einen Wanderführer inklusive interessanter historischer Infos zu den Wegen gibt es in Arco und auch auf dem Zeltplatz zu kaufen.

Ein klassischer Klettersteig für Kinder und Anfänger ist noch immer der Sentiero dei Colodri auf den Monte Colt (395m). Den Helm nicht vergessen: Der Steig dient auch als Abstiegsroute für Kletterer. Zudem wurde der Ausstieg vereinfacht. Man hat neue Eisenklammern in der fast senkrechten Wand angebracht. Einmal oben angekommen, lässt sich die Tour gut erweitern, indem man erst zur Burg weitergeht, dort große Abenteuer ‚erlebt‘, um danach in die Stadt abzusteigen und beim Eismann den Tag ausklingen zu lassen. Sollte man nicht am Wochenende machen oder morgens zeitig aufstehen.

Eine schöne, Abenteuer-Runde mit Kindern ist die Kombination aus Sentierro delle Laste (führt zur Kirche San Giovanni) und Sentiero dei Camminamenti. Richtig spannend wird es auf der Ferratarunde um den Cima Rocca, v.a. in den Tunneln auf dem Camminamenti – dort braucht man auf jeden Fall eine Lampe

  • Anreise: Wir waren angesichts der Wettervorhersagen mit dem Auto unterwegs. Über den Brennerpass ging es bis nach Arco.
  • Sprache: Landessprache ist italienisch, wobei wir in Arco selbst auch gut mit englisch bzw. Deutsch weitergekommen sind. Man sollte deutsche Sprachkenntnisse aber nicht voraussetzen, wenn es weiter nach Norden geht.
  • Versorgung: Mhm: La dolce vita. Es gibt neben den Pizzarien und Cafes, die zum Faulsein einladen, weil das Essen und der Espresso einfach nur lecker schmeckt, auch zwei Supermärkte und zwei kleinere Lebensmittelläden im Zentrum von Arco, wenn man abends auf dem Zeltplatz kochen will. Kleine Versorgungsmöglichkeiten gibt es auch auf den beiden Zeltplätzen – inklusive Brötchen und Brot fürs Frühstück. Auf ihnen gab es – zumindest als wir da waren – nur Campingaz-Kartuschen als Stechkartusche oder in der Klemm-Ventil-Ausführung. Ventil-Kartuschen mit Schraubgewinde (Primus, Optimus, MSR, Coleman…) musste man sich aus den Kletter-Stores aus der Klettereinkaufsmeile mitbringen, wobei nicht alle Hardware abseits des Klettern führen.
  • Übernachtet haben wir, traditionell, auf dem Camping Zoo. Ist für uns der kleinere, familiärere Ort zum Übernachten am Gardasee. Die moderneren Einrichtungen gibt es am Camping Arco. Zudem ist von diesem Platz der Weg in die Stadt um 800 m kürzer… Direkt am See gibt es noch Campgrounds, genauso wie es eine Zeltmöglichkeit in Pietramurata gibt.

diverse Topos und Infos rund um Klettersteiganlagen in Italien, darunter auch den Anlagen am Gardasee: Via ferrata und Klettersteige.de und Klettersteige.com

Wir waren auf dieser Tour unterwegs mit:

  • Klettersteigführer Dolomiten – Südtirol und Gardasee. Alle lohnenden Klettersteige in den Dolomiten, in Südtirol, am Gardasee und in der Brenta (Alpinverlag – 2011)
  • Rother Klettersteigführer – Band: Klettersteige Dolomiten-Brenta-Gardasee. 80 Klettersteigtouren zwischen Sexten und Riva (2012 neu aufgelegt)
  • klein und handlich, aber mit teils sehr knappen Informationen versehen: Klettersteige Dolomiten Süd (Brenta.Gardaseeberge.Palagruppe) Kompass-Verlag (9. Auflage 2007)

Kartenmaterial:

  • Tabacco Karte, Blatt 055 Valle del Sarca – Arco – Riva del Garda (1:25.000) (von 2011)
  • 4Land Alpine Cartography Blatt 146: Arco (1:10.000) – mit GPS-kompatibel und mit Kletterinformationen
  • Kompass Carta turistica Blatt 101: Rovereto Monte Pasubio (1:50.000) – zur Groborientierung

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