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Die morbide Schönheit Kubas erradelt

Die morbide Schönheit Kubas erradelt

Die morbide Schönheit Kubas erradelt

Im Sommer 2014 machte ich mich für knapp 4 Wochen auf, um den Inselstaat Kuba mit meinem Fahrrad zu bereisen. Dabei führte mich meine Strecke von Havanna beginnend über Vinales, nach Trinidad, vorbei an der geschichtsträchtigen Schweinebucht und anschließend zurück in die kubanische Hauptstadt Havanna.

Warum Kuba

Nach Touren an das Nordkap, durch die baltischen und skandinavischen Staaten, war ich reif für die Insel. Solange der Sozialismus in diesem Land herrscht, wollte ich diesen noch erleben. Es war eine Reise wert!
Kuba bietet sich an, da die Straßen in einem guten Zustand sind und der Verkehr außerhalb der Städte sehr gering ist. Den Straßenverkehr habe ich als sehr sicher wahrgenommen. Die Kubaner schätzen ihre Vehikel sehr, deswegen hupen sie zur Sicherheit an jeder Kreuzung oder vor jedem Überholvorgang. Dennoch sollte man sich vor Rasern oder betrunkenen Fahrern in Acht nehmen. Vom Radeln in der Dämmerung oder in der Nacht rate ich dringend ab.

Che ist überallAbreise im klassischsten aller TaxenStraßenszene in Havanna

Was Sie schon immer über KUBA wissen wollten…

Bereits im Flugzeit traf ich den Radfahrer Nerman, der ähnliche Pläne wie ich hatte und auf meiner Reise später noch eine wichtige Rolle spielen würde. Während des Hinflugs unterhielt ich mich mit meinem Sitznachbarn. Martin war auf dem Weg, seine kubanische Frau zu besuchen und ich nutzte die Zeit, um ihm Löcher in den Bauch zu fragen. Er wollte mir auch helfen, ein Hotel für die erste Nacht zu organisieren, jedoch verzögerte sich die Bereitstellung meines Fahrrads seitens des Flughafenpersonals. Wir tauschten schnell die Nummern und Martin zog von dannen.
Nach einer ganzen Stunde erhielt ich nun endlich meinen Drahtesel und traf am Ausgang des Flughafens auf Nerman, der hingegen auf sein Taxi wartete. Kurzerhand beschlossen wir, die weiteren Tage zusammen zu meistern und ich nutzte die Möglichkeit, mich in das andere freie Zimmer von Nermans gebuchter Pension einzuquartieren.
Aus der Not an Hotels und Betten heraus, existiert in Kuba das System der Casas Particulares. Dies sind Privatpersonen, die ihre Räumlichkeiten für Touristen bereitstellen. Man erhält dann die Möglichkeit, günstig zu wohnen und direkt am Familienleben teilhaben zu können. Dieses System bescherte mir herrlich ruhige Nächte in den Häusern kubanischer Familien. Bei Bedarf vermittle ich gern Adressen toller Casas in Vinales, Havanna und Trinidad.
Mit Nerman radelte ich zusammen in das von riesigen Fels-Formationen eingerahmt Tal von Vinales. Auf dem Weg dorthin bekam ich bereits den ersten Schock: Meine linke Pedale rotierte nicht mehr! Die letzten 5 km bis zur nächsten Casa musste ich mit nur einer Pedale zurücklegen. In der Casa angekommen, kam das kubanische Allzweckwerkzeug zum Zuge – die Machete. Mit diesem riesig wirkenden Messer wird alles erledigt. Der Rasen wird in weit ausschwingenden Bewegungen gekürzt, was fast den vorbeiradelnden Nerman einen Kopf kürzer gemacht hätte. Mit der Machete werden auch Kaffeebohnen in der Handfläche liegend geknackt – oder sie werden schlichtweg für das Entwerfen meiner improvisierten kubanischen Pedale genutzt.
Nach wenigen Tagen trennten sich leider auch schon wieder die Wege von Nerman und mir, da er Gefallen an der Landschaft von Vinales gefunden hatte. Doch ich wollte mehr und reiste weiter nach Trinidad. Aufgrund der wenig interessanten Landschaft wählte ich den Reisebus. In Trinidad schlenderte ich durch eine Stadt voller Geschichte. Bereits das Pflaster weckte mein Interesse, da die europäischen Schiffe zu Zeiten des Kolonialismus gegen starken Seegang mit diesen Steinen beladen wurden. Auch in Trinidad war ich zu Gast in einer tollen Casa, in der ich bei Rum und Domino herrliche Abende erleben durfte.
Weiter ging es in Richtung Norden und dann wurde es kurios. Denn in Kuba ist es üblich, dass die Casas sich gegenseitig ihre Gäste weitervermitteln. Dieses Kontaktnetz wird "Socios" genannt. Jeder hilft jedem. Irgendwie bin ich ab Trinidad in ein Netz von geschiedenen oder alleinstehenden Damen gekommen, die mich immer wieder an andere Frauen mit dem gleichen Schicksal weitervermittelten.
Auf dem Weg zurück nach Havanna machte ich immer wieder Halt an den Saftbars der Dörfer. Hier konnte ich für wenig Geld frisch gepressten Saft von jeder Sorte trinken – Melone, Mango, Ananas, Guayaba oder Zuckerrohr – alles war möglich und lecker. Man muss jedoch mit den ungläubigen Blicken der Bewohner rechnen, während man sich 3 Gläser Mangosaft einverleibt. Beim Trinkwasserkauf sollte man darauf achten, dass die Verschlüsse original sind und die Flaschen nicht nachträglich aufgefüllt wurden. Empfehlenswert sind die großen 5-Liter-Flaschen, da sie im Vergleich zu den 1-Liter-Flaschen nur geringfügig mehr kosten. Jeder Kubaner freut sich übrigens über die großen Wasserflaschen, da sie zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln genutzt werden.
Ein Abstecher an die Schweinebucht war für mich als Sport- und Geschichtslehrer Pflicht. Die selbsternannte "Heldenstadt" Playa Giron ist schwanger von Denkmälern und Propagandaplakaten. Sie rühmt sich mit dem Sieg über die Exilkubaner, unterstützt durch die USA. Im hiesigen Museum wird das Unterhemd von Fidel Castro ausgestellt, das er während der Kämpfe trug. Die Propaganda ist allgegenwärtig und auch Che-Bilder sind, ob als Graffiti oder Plakat, überall zu sehen. Vor allem die Trödler haben sich auf diesen Kult spezialisiert und bieten sogar aktuelle Geldscheine mit dem Gesicht Ches an. Natürlich vollkommen überteuert.

Das Tal von VinalesDie Natur war unglaublichUrige WegüberführungHäusergruppe in HavannaSehnsucht AuslandAttacke der Krebse - zum Glück nur als DenkmalDas Halstuch als AtemschutzVölkerverständigung bei Rum und DominoKinder  Matanzas

Spannend sind die Küstenstraßen rund um die Schweinebucht. Der herrlichen Aussicht sollte man sich jedoch nicht allzu lange widmen. Denn die Straßen werden von Krebsen gekreuzt, die, sobald sie einen "Angreifer" wahrnehmen, ihre Scheren aufstellen. Sie krabbeln zwar davon, jedoch ist ihr Laufweg nicht vorauszuahnen. Für Radfahrer können sie deshalb gefährlich werden, weil ihre aufgestellten Scheren bzw. die harten Schalen der Kadaver der überfahrenen Tiere sogar Autoreifen zum Platzen bringen können. Findige Kubaner haben eine Methode gefunden, diese zu flicken: Sie warten mit einer Nadel am Straßenrand und helfen notleidenden Autofahren mit einem Kondom, welches durch die offene Stelle gezogen wird.
Ein wenig betrübt auf meiner Tour hat mich das Leid, in dem einige Menschen zu leben scheinen. Es hungert zwar kein Kubaner, aber die Bedingungen, unter denen die Menschen teilweise leben, sind erschreckend. Läuft man durch die Ecken, in die sich sonst kein Tourist verläuft, sieht man die wunderschönen, aber verfallenden Häuser aus der Kolonialzeit. Das Stadtbild besitzt dann eine ganz eigene Form der Schönheit. Sie wird aufgehellt durch den Einfallsreichtum und die Lebensfreude der Kubaner.
Dennoch ist die Not groß. Sie ist so groß, dass fast jeder Kubaner nach einem sehr interessanten Gespräch die Hand ausstreckt und nach Geld fragt. Selbst eine Kleinfamilie nötigte mich geradezu, sie zu einem Drink einzuladen. Ihre abschließenden Worte habe ich zum Glück kaum verstanden. Doch der Inhalt war sinngemäß so: "Du bist ein reicher Tourist, also hilf uns!". Das ist verständlich. Ich würde in deren Situation wahrscheinlich nicht anders denken und handeln. Aber auf Dauer ist es nervig, da man hinter jedem einen Bettler vermutet und ich die Gesprächsanzahl deshalb reduziert habe.
Des Weiteren rate ich vor allem dringend davon ab, Kindern Geld zu geben. Damit lindert man nicht die Not. Im Gegenteil: Die Kinder lernen daraus, dass sie mittels Betteln mehr Geld verdienen. Da die Touristen teilweise nur CUCs geben, verdienen sie so mehr als ihre Eltern an einem Tag. Im Umkehrschluss werden die Kinder nicht mehr zur Schule geschickt, da sie betteln gehen sollen. Ein französisches Paar hat Kindern Geld zugesteckt und ist die Kindertraube den ganzen Abend nicht mehr losgeworden. Ich habe in meiner Reisezeit eine Tüte mit Bonbons und Luftballons verteilt. Darüber haben sich die Kinder gleichermaßen gefreut. Genauso sehr schätzen die Erwachsenen Geschenke wie Kugelschreiber, Seife oder alte Kleidung. Nutzt also den Platz in euren Reisetaschen und tut etwas Gutes.

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