Dein Abenteuer beginnt hier!
Simon
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22. April 2009
Im Sommer 2008 habe ich mich auf den langen Weg von Weißenburg bei Nürnberg nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens begeben. Der Jakobsweg zeigt den Menschen das wahre Leben auf und verbirgt viele Überraschungen und Begegnungen. Insgesamt 100 Tage dauerte mein Marsch zum Grab des heiligen Jakobus in der Kathedrale von Santiago. Dieses Wegstück ist mit 365 km etwa 1/7 der gesamten Strecke.
Seit langer Zeit machte sich in mir das Gefühl nach Selbstständigkeit und der Sehnsucht nach neuen, entfernten Dingen breit. Bereits im Alter von 16 Jahren begann ich mit den Planungen für den 2500 km langen Weg zu einem der wichtigsten christlichen Pilgerziele. Drei Jahre später sollte es endlich so weit sein. Ich wollte mich auf die Suche nach meinem Inneren Ich begeben und zugleich zu meinem eigenen Glauben finden, der mir Halt im Leben gewährt. Natürlich war Abenteuerlust, Fernweh, und Experimentierfreudigkeit mit dabei…
Geschichtliche Hintergrundinformationen:
Einer der Apostel Jesus, Jakobus der Ältere war auf die iberische Halbinsel gekommen, um dort den neuen Glauben zu verbreiten, sprich zu missionieren. Nach seiner Rückkehr nach Jerusalem wurde er dort im Jahr 44 als Märtyrer angeklagt und geköpft. Der Legende nach wurde daraufhin der Leichnam Jakobus in ein Schiff gelegt und von Engeln genau an diese Stelle geleitet, an welcher Jakobus damals Spanien zur Missionierung betrat – ans Ende der Welt, Finis Terrae.
Nach seinem Fund wurde sein Leichnam auf dem Festland bestattet und das Grab geriet langsam in Vergessenheit. Im Jahre 813 wurde das Grab des Apostel wieder entdeckt. Damit begann die Geschichte der Jakobspilger. Der erste französische Pilger war Bischof Godecalc von Le-Puy-en-Valey, der mit einem ganzen Gefolge von Baronen, Kirchmännern, und Tieren unter militärischem Schutz nach Santiago de Compostela, zum Grab des hl. Jakobusses zog. Nach einiger Zeit wurde an genau diesem Ort eine große Kathedrale errichtet. Der Höhepunkt der damaligen Wallfahrt und gleichzeitig die größte Massenbewegung des späten Mittelalters lag zwischen 1110 und 1140, wobei Tausende von Pilgern ihre Familien und Hab und Gut verließen, um an das Grab des hl. Jakobusses zu pilgern.
Der 1139 erschienen erste Pilgerführer „Guide du pèlerin de Saint-Jacques de Compostelle“ war ein Vorläufer der heutigen Reiseführer. Der Weg war größtenteils sehr gefährlich und unklar, und der Führer beinhaltete allgemeine Beschreibungen der Pilgerwege durch Frankreich und Nordspanien mit Etappenstädten und Informationen über die Bevölkerung der durchquerten Gegenden. Vergleichbar mit dem Ausbau einer Infrastruktur in einem heutigen Reiseland wurden damals befestigte Wege und Brücken angelegt, und Refugios (Herbergen), Hospitäler, Kirchen sowie Klöster errichtet, wodurch das damalige Königreich Nordspaniens einen bedeutenden und wirtschaftlichen Aufschwung erhielt.
Durch Religionskriege und der neuzeitlichen Lebenseinstellung nahm die Pilgerbegeisterung im 16 Jahrhundert wieder ab und erwachte erst vor 50 Jahren wieder neu. Den heutigen touristische Aufschwung und die Popularität auch außerhalb Spaniens und Frankreich erlangte der Weg allerdings erst 1985, als Santiago de Compostela und später auch der Weg an sich infolge des freien Personenverkehrs der EU zum Weltkulturerbe der UNESCO und zur ersten Kulturstraße Europas erklärt wurde.
Gründe für die Pilgerschaft damals und heute:
Gründe für die Pilgerschaft vor über 1000 Jahren waren nicht rein religiösen Ursprungs. Sie wiesen bereits Elemente des heutigen „spirituellen Tourismus“ auf, auf den ich später noch genauer eingehen werde. In erster Linie pilgerte man natürlich um Sünden abzulegen und einen vollkommenen Ablass zu erhalten. Aber auch die Suche nach Seelenheil und die Hoffnung auf Heilung waren wichtige Indikatoren für die „peregrinos“. Vor allem aber auch die Abenteuerlust trieb viele Menschen in die Ferne. Sie war nämlich die einzige Möglichkeit, aus der streng strukturierten Welt auszubrechen und den Alltag hinter sich zu lassen.
Die heutigen Motivationen der Jakobspilger gehen auf Ansätze des spirituellen Tourismus zurück.
Wie viele Kilometer läuft man am Tag?
Man sollte sich zu Beginn nicht zuviel zumuten. Je nachdem, wie gut man trainiert ist, bzw. im Vorfeld gelaufen ist, sollte man mit 15 – 25 km pro Tag beginnen. Bei einer Strecke von 367 km kommt man letztendlich auf eine Wanderzeit von 17 – 18 Tagen. Auf dem deutschen Jakobsweg hat man allerdings das Problem, dass die Städte und damit auch die Übernachtungsmöglichkeiten sehr weit auseinander liegen und man sich an die gesetzten Etappen halten muss. Daher sollte man darauf eingestellt sein, zum Beispiel auch 27 km von Nerenstetten nach Ulm laufen zu können und danach auch noch Kräfte für einen kleinen kulturellen Tagesabschluss übrig haben. Alle drei bis vier Wochen kann man dann seinen Tagesschnitt um ca. 5km steigern. Am Ende meiner Tour konnte ich trotz kaputter Schuhe etwa 60 km am Tag laufen, was 100 Tage vorher unerdenklich gewesen wäre.
Wo übernachtet man?
Die Route von Nürnberg nach Konstanz ist so ausgelegt, dass sie fast täglich von Kleinstadt zu Kleinstadt führt. In jedem Etappenziel gibt es mind. eine Unterkunft, die meistens auch noch ein freies Bett zur Verfügung hat. Man sollte nur wissen, dass der deutsche Weg mit das teuerste Wegstück ist. Im Durchschnitt kostet einen Übernachtung pro Person 40 €. Daher kann man gut mit 60 € am Tag rechnen.
Wie viel Geld brauche ich für den deutschen Jakobsweg?
Wie oben bereits beschrieben, sollte man mit ungefähr 60 € am Tag rechnen, wenn man auf keine warme Mahlzeit und ein Bett verzichten will. Wer allerdings mehr auf eine Reise ins Ungewisse steht, auch mal auf dem Boden schläft, nur alle drei Tage eine Dusche benötigt und nur ein geringes Budget zur Verfügung hat, sollte sich von diesen Summen aber nicht abschrecken lassen. Es ist auch möglich, mit einem Tagesschnitt von 8 € von Weißenburg nach Konstanz zu gelangen. Hierbei sind die deutsche Sprache und das freundliche Zugehen auf die Bevölkerung von Vorteil. Ein guter Tipp sind beispielsweise Pfarrheime oder private Haushalte, die direkt auf dem Jakobsweg leben und somit regelmäßig mit Pilgern zu tun haben. Auch Essen wird einem gerne sowohl von Privatleuten als auch von Restaurants kostenlos gegeben – einfach fragen ist die Devise. Für das Pilgern mit knappem Geldbeutel sind die Muschel und die Credencial (Pilgerausweis) als Erkennungszeichen unbedingt erforderlich!
Wie schwer sollte mein Rucksack sein?
Mein Rucksack war zu Beginn der Pilgerreise 12 Kilogramm schwer, was viel zu viel war. Deshalb habe ich nach und nach Dinge aussortiert und verschenkt oder weggeworfen, bis ich auf ein Endgewicht von etwa 7 – 8 kg gekommen bin. Mit diesem Gewicht lässt es sich prima laufen und man kann auch noch den Wocheneinkauf im Supermarkt gut im Rucksack verstauen und mit sich herum tragen.
Wie gestaltet sich mein Tagesablauf?
Das Pilgerleben ist sehr einfach aufgebaut. Die wichtigsten Aktivitäten sind Laufen, Essen und Schlafen. Alles andere ist nur Nebensache und nicht unbedingt dazu erforderlich, um nach Santiago zu kommen. Man sollte sich im Klaren sein, dass die meiste Zeit des Tages beim Laufen verbracht wird. Sicherlich sollte man sich auch etwas Zeit in Kirchen verbringen und sie zum In-sich-kehren, Energietanken, Singen, Beten oder Besichtigen nutzen.
Allerdings sollte man sich bewusst sein, ob man den Jakobsweg eher als kulturelle Reise ansieht, um Kirchen objektiv zu betrachten, oder eher ganz auf das Innere bedacht ist. Hierbei sollte man von vornherein abklären, mit welcher Einstellung man die Kirchen betritt. Geheimtipp: Kirchen dienen auch oftmals als Trinkwasserquelle, da sie meistens an einen Friedhof anschließen, der wiederum einen Wasserhahn hat, an dem man sich kostenloses Trinkwasser abzapfen kann.
Was sind absolute Highlights auf dem Jakobsweg von Weißenburg nach Konstanz?
Eines meiner ersten Highlights war Giengen. Hier in der Geburtsstadt der Steifftiere kann man allerhand besichtigen und den Kleinstadtrummel sowie tolle Kirchen auf sich wirken lassen. Am weiteren Weg kommt man an den Bärenhöllen „Hürben“ vorbei, die man unbedingt besichtigen sollte. Ulm und das Ulmermünster sind selbstverständlich ein Muss für jeden Pilger. Nicht nur, weil man im Münster eine große Jakobusstatue sieht, sondern auch, weil der Turm des Ulmer Münsters der höchste Kirchturm der Welt ist. Weitere Stationen wie Biberach an der Riß, Steinhausen mit der schönsten Dorfkirche Deutschlands und Bad Waldsee sind tolle Städte um die Seele baumeln zu lassen. In Bodenseenähe vergrößern sich die Städte und man kann nach einem kleinen Umweg im Kloster Baindt den Wegweisern durch Weingarten mit der riesigen Klosterkirche nach Ravensburg folgen. In Meersburg riecht man dann schon die frische Seeluft und spürt, dass man der Schweiz gar nicht mehr so fern ist, wenn man auf die ersten schneebedeckten Gipfel der Alpen blicken kann. Konstanz ist anschließend ein bezauberndes Etappenziel auf der langen Reise nach Spanien. Hier kann man entweder den Zug zurück in die Heimat nehmen, oder den Weg nach Einsiedeln, Interlaken, Genf, Le Puy en Valey oder direkt nach Santiago de Compostela fortsetzten
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7 Kommentare
Simon | 04.Sep.2015, 11:24
Hallo Mel, erstmal respekt für dein Vorhaben und die bereits zurückgelegte Strecke. Deutschland wirst du ja bald hinter dir gelassen haben. Ich drücke dir die Daumen, das alles gut geht, zumal du ja jetzt eher in eine kältere Jahreszeit hinein läufst. Konkret habe ich insbondere von Handtüchern getrennt, da diese ohnehin nicht getrocknet sind. Es lässt sich schnell eine Methode üben, wie man sich ohne Handtuch abtrocknet. Außerdem hatte ich kein Zelt, Isomatte und Kochutensilien, sondern nur einen Poncho http://www.exped.com/switzerland/de/product-category/ponchos/bivy-poncho-mossgreen#prettyPhoto und sehr kleinen Schlafsack. Sobald du merkst, dass du das alles nicht mehr nutzt, weg damit. Wichtig auch Bücher wegwerfen oder nachhause schicken. ansonsten fällt mir gerade spontan nichts mehr ein.
Mel Heart | 03.Sep.2015, 07:16
Hab mich sehr über den Bericht gefreut! Ich gehe von Berlin nach Santiage und bin jetzt in Nördlingen angekommen. Mein Rucksack bringt 12-13 kg auf die Waage, inkl Zelt, Schlafsack, Isomatte und Kochutensilien, da ich am liebsten draußen schlafe. Mir kam auch schon der verdacht, dass das immer noch zu schwer ist für die Schweiz ;-). Deshalb würde es mich brennend interessieren was Du weggegeben hast und auf was Du im Detail verzichtet hast? Ich weiß grade nicht, wo ich noch sparen kann...Wäre toll, wenn Du einen Tipp hast!
Simon | 11.Jul.2011, 17:02
Sorry, der Link war falsch: Ich empfehle natürlich die Pilgerherberge in Tobel: http://www.kreuz-tobel.ch/pilgerherberge_komturei.html
Simon | 11.Jul.2011, 16:59
Hallo Mauw. Hast du auch meine anderen Berichte der anderen Teile auf dem Jakobsweg gelesen? Dort bekommst du vllt. einen allgemeinen Eindruck meiner Unterkünfte. Ich kann mich nicht mehr detailliert an die Unterkünfte erinnern, weiß aber, dass es etwa ab Ravensburg bis Konstanz einige private Unterkünfte in der Form von Gästezimmern gibt, die extra für Jakobspilger ausgerichtet sind. Am besten einmal in einschlägigen Internetportalen über solche Unterkunftslisten informieren. Ansonsten hilft auch immer ein Gang zur Touristeninformation in Ulm, Weingarten oder Ravensburg. In Ulm gibt es natürlich Jugendherge und Hotels. Achso, in Biberach und Bad Waldsee hatte ich private Unterkünfte über Freunde. Angeboten hat sich damals noch das Kloster Baindt, welches zwar nicht direkt auf dem Weg liegt, aber gerne Pilger aufnimmt. Das Zimmer war 1A ausgestattet und hat zumindest für mich nichts kostet (normal denke ich ca. 25pP) In Konstanz gibt es von Jugendherberge bis Hotel alles. Nach Konstanz in der Ortschaft Tobel kann ich dir diese Herberge ans Herz legen: http://www.kreuz-tobel.ch/pilgerzimmer_in_tobel.html. In der Schweiz ist das Übernachten einfacher, aber auch teuerer. Es gibt regelmäßig Privatunterkünfte und Jugenherbergen, so z.B. in Rapperswill. In Einsiedeln gibt es auch eine bunte Palette an Möglichkeiten, aber auch eine Übernachtung im Kloster ist toll (aber nicht kostenlos ca. 25€ pP). Ich hatte damals so ein Verzeichnis dabei und habe dann i.d.R. am Tag vorher oder erst ein paar Stunden vorher angerufen und ein Zimmer reserviert! Ich hoffe, du wolltest mit deiner Frage nicht die Ortschaften sondern tatsächlich die Möglichkeiten der Übernachtung erfahren. Ansonsten melde dich nochmal. Simon
Mauw | 10.Jul.2011, 17:48
Hey. Erst mal grosses Lob an deinen Blog, super schön. Diesen Sommer geh ich zum ersten Mal auf den Jakobsweg, ich starte in Ulm, das Ziel ist Einsiedeln. Jetzt bin ich auf der Suche nach Unterkünften (wir sind zu zweit unterwegs). Wo hast Du so auf dieser Strecke übernachtet, kannst Du mir irgendwelche Tipps geben? Vielen Dank schon im Voraus. Gruss
Simon | 15.Sep.2010, 11:18
Hallo Magguz. Schön, dass dir mein Bericht gefällt. Zwei weitere Teile findest du ebenfalls hier bei Tapir. Hier gehts weiter: http://www.tapir-store.de/blog/planet-erde-reiseberichte/683.jakobsweg-vom-bodensee-zum-genfer-see.html und dann hier: http://www.tapir-store.de/blog/planet-erde-reiseberichte/1873.jakobsweg-vom-genfer-see-nach-saint-jean-pied-de-port.html . Der spanische Teil ist geschrieben und wird im Moment nur noch editiert und bei Zeiten dann wohl auch bald hier auf der Website erscheinen. So lange kann ich dich aber auf meinen Blog unter www.simonschmidt.de verweisen, der weniger eine WEgbeschreibung, als eine Tagebuch und Erlebnissammlung darstellt. Viel Spaß damit. Simon
Magguz | 14.Sep.2010, 18:10
Hi, dein Bericht hat mir echt gut gefallen! Gibts den Rest der reise (bioos santiago) auch noch irgendwo zu lesen,würde micgh echt freuen. Gruz Magguz