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Kirgistan: Quer durch die Heimat  Aitmatows

Kirgistan: Quer durch die Heimat Aitmatows

Kirgistan: Quer durch die Heimat  Aitmatows

Eigentlich war alles ganz einfach: Von Bishkek nach Osh und von da aus so schnell wie möglich (mit dem Flieger) weiter in den Süden. Nach einer längeren Akklimatisierungstour durch den Kitchig-Alai sollte es in die Hochebene zwischen Alai und Pamir gehen, um von dort aus nach Tadshikistan zu einem der am höchsten gelegenen Salzseen gehen, dem Karakolsee. In 4020m Höhe, mit vielen Zuflüssen, aber keinem Abfluß liegt an seinem südlichen Ufer ein "Hausberg" (5.047m). Dort schnell an einem Tag raufkraxeln mit Rundblick über eine einzigartige Steppenlandschaft, umrahmt von den weißen Gipfeln des Pamirs. Über Osh dann zurück nach Bishkek und die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag mitnehmen, v.a. die berühmten Reiterspiele.

Doch – wie allgemein bekannt: das Schicksal von Plänen ist, das sie oft genug über den Haufen geworfen werden.

Warum Kirgistan

Als typisches Ostkraut bin ich mit Aitmatow und seinen Geschichten aufgewachsen und nach einer Tour durch die Himmelsberge (Tien Shan) Mitte der 90 Jahre stand schnell fest: bei den Kirgisen bin ich nicht das letzte Mal gewesen. Diese Aussage bleibt auch nach der zweiten Reise, um die es hier geht, bestehen, auch wenn es abhängig sein wird von der weiteren politischen Entwicklung im Land.

Im Sommer 2008 war es endlich soweit. Auch wenn Kirgistan ein Land der Berge ist – ich wollte endlich die große Weite der Steppen erleben, Reitern begegnen und an Jurten vorbeikommen, um das Leben auf den Sommerweiden kennenzulernen. Deshalb blieb alles Eisengeraffel zu Hause – die Berge und Aussichten am Wegesrand sollten zu Fuß und ohne Hilfsmittel wie Steigeisen und Pickel erreichbar sein.

Wir flogen nach Bishkek und von da aus am nächsten Tag weiter nach Osh. Auf dem dortigen Bazar versorgen wir uns mit dem Nötigsten an Nahrungsmitteln und versuchten herauszubekommen, welcher Bus wann uns weiter in Richtung Alai bringen würde. Wir lernten in Teestuben Usbeken kennen und bekamen die ersten Geschichten aus dem nicht ganz problemfreien Zusammenleben von Usbeken und Kirgisen erzählt.

Mit Bus und Taxi machten wir uns auf den Weg in den Kitschik -Alai, um über den längeren Weg über den Sary Mogol Pass (4.303m) zu gehen (für Akklimatisierungstouren für den Pik Lenin wird meist die kürzere Route über den Jiptik Pass genutzt). Abgesehen von 3 Österreichern, die mit ihren MTB über besagten Pass gekommen waren (wobei Gepäck und Räder getragen bzw. auf Esel verladen wurden) trafen wir nur noch ein paar Ranger und Hirten auf den Sommerweiden sowie deren Familien. Sie alle freuten sich über die Abwechslung, denn ohne ein paar Worte, etwas Brot und Käse kamen wir kaum an den Jurten vorbei. Auch wenn sie, glaube ich, nicht immer verstehen konnten, warum wir freiwillig mit so schweren Rucksäcken durch die Berge laufen.

Bis auf 3000m Höhe verfolgte uns der Sommer mit Temperaturen weit über 30 °C. Erst auf den letzten knapp 1000 Höhenmetern fiel die Temperatur und Schnee und Schneegries begleitete uns zumindest im Passbereich. Gut akklimatisiert stiegen wir ins Tal Richtung Sary Mogul ab, übernachteten in einem CBT-Guesthouse und sahen uns am Ruhetag den Pik Lenin aus der Nähe etwas genauer an.

Nach etwas längerer Diskussion hies es leider, von Tadjikistan und dem Karakol-See Abschied zu nehmen. Wir fuhren zurück über Osh und Jalalabad in Richtung Schwarzwassertal (Kara-Schol) mit seinem schwefelhaltigen Wasser (nur in kleinsten Mengen genießbar, auch wenn ihm heilende Kräfte nachgesagt wurden). Das Gebiet ist als  Nationalpark ausgewiesen, bewacht von zwei Rangern, die uns das offene Tor etwas weiter öffneten (gegen eine kleine Gebühr von 20 SOM) – aber Informationen über Wege und Pässe konnten sie uns nicht wirklich geben. Wieder ging es an Sommerweiden vorbei, wobei die Hirten hier bereits begannen, Ziegen und Pferde in die Täler zu treiben und die Jurten wieder abzubauen.

Gestützt auf unsere Karte (1:500.000) überquerten wir einen Pass, wobei der Weg dahinter immer schmaler wurde, bis er sich ganz im steilen Hang verlor. Der weitere Abstieg erfolgte  auf 1000 Höhenmetern in einem Bachbett, ohne zu wissen, ob der Fluß, ohne zu einem Wasserfall zu werden, uns auch zurück in die Zivilisation bringen würde. Am zweiten Tag im Nassen tauchte das erste Mal am Uferrand Kuhmist auf – ich hab mich noch nie so sehr über Sch…fladen gefreut – bedeutete er doch, das auch Menschen irgendwo am Flußufer leben würden… Mit einem Schwarztaxi ging es durch die dunkle Nacht wieder zurück in Richtung Özgen und Osh.

Die letzten Tage wollten wir in Bishkek den Nationalfeiertag mit erleben – leider stützte 2008 vier Tage vorher eine vollbesetzte Maschine nach dem Start in Manas ab – die Feierlichkeiten wurden zwar nicht komplett abgesagt, die Prachtstrassen blieben auch festlich geschmückt. Die großen Ansprachen, Paraden und auch die Reiterspiele fielen aus. So nutzen wir die verbliebende Zeit, uns einfach so in Bishkek umzusehen und auf dem Osh-Basar noch etwas zu stöbern.

Kartenmaterial im Polizeirevier - Gottseidank war der Stausee eingezeichnet, sonst hätten wir die Karten nicht abgleichen könnenRanger im Alai mit seinem Enkel Vollbeladen auf dem Heimweg ins Dorf im Alai

Was Sie schon immer über Kirgistan wissen wollten…

Wie habt Ihr Euch vorwärtsbewegt?

Insgesamt waren wir fast vier Wochen unterwegs und im Gegensatz zur ersten Tour, bei der wir uns ins Gebirge bringen und abholen liesen, haben wir uns komplett auf das öffentliche Verkehrssystem im Land verlassen. Das bedeutete Bus- oder Taxifahren, sich in Marschrutkas zu zwängen (besonders beliebt mit unseren großen Rucksäcken) oder zu hoffen, in privaten PKWs mitgenommen zu werden. Problem dabei: Wir hatten russische und englische Karten. Die russischen Namen von Dörfern gab es z.T. so nicht mehr, und die englischen Namen waren z.T. Übersetzungen der Bedeutung der russischen Namen ins Englische…mit beiden konnte man v.a. dann in Zentralkirgistan nichts anfangen. Leider konnten die meisten Einheimischen, denen wir unsere Karten vor die Nase hielten, diese auch nicht deuten, geschweige denn lesen. Also stiegen wir z.T. hoffnungsvoll in Busse ein – voller Zuversicht, das wenigstens die Richtung stimmt.

Bei einer nächsten Tour würde ich auch nicht mehr von Bishkek nach Osh fliegen – die Straße zwischen den beiden Städten ist mittlerweile so gut ausgebaut, das man nicht mehr, wie auf unserer ersten Tour einen ganzen Tag dafür benötigt.

Wie habt Ihr Euch verständigt?

Wir hatten uns mal wieder auf unsere verschollenen Russisch-Kenntnisse verlassen, was sich aus verschiedenen Gründen als z.T. etwas schwierig herausstellen sollte:

Wir waren in einem Gebiet unterwegs, in dem eher Usbeken, Turkmenen und Tadjiken ihre Heimat gefunden hatten. Ein paar ältere Frauen auf den Weiden sprachen noch russisch – die Jugend erklärte uns, das es eh kaum Lehrer in den Dorfschulen im Gebirge noch gebe – und Russisch würde fast gar nicht mehr unterrichtet werden. Mit Englisch mag man in den Städten weiterkommen und wir waren froh, eine Städterin im Schwarzwassertal zu treffen, die auf Besuch bei Verwandten uns viel erzählen konnte.

Ein Ranger im Alai fragte dann auch mal nach: "Ihr seid nicht das erstemal in unserem schönen Land? Warum könnt Ihr dann noch nicht ein paar Worte auf Kirgisisch?" Recht hat er.

Wo habt ihr übernachtet?

Da wir Touren durchs Gebirge machen wollten, hatten wir die komplette Zeltausrüstung incl. Kochzeug mit dabei. Als Starthostel (und auch zur Übernachtung am Ende) hatten wir uns das Asia Mountain Guesthouse ausgesucht. Nicht ganz low budget, aber eigentlich ganz nette Leute. Sie liesen uns, weil alle Zimmer belegt waren, in der letzten Nacht unter einem Vordach auf einem traditionellen Bett schlafen und selbst der Security-Mann, der nachts den Garten immer mal kontrollierte, störte nicht unseren Schlaf.

Und – wie war es beim Grenzübergang nach Tadjikistan?

Leider hat es auch bei dieser Reise nicht geklappt, den Fuß auf tadjikischen Boden zu setzen. Bei der ersten Tour in den 90ern fehlte das Visa, diesmal kam der menschliche Faktor ins Spiel. Meinen Mitreisenden war es wohl zu ungewiss. wie gut der Heimweg vom See zurück nach Sary Tash klappen würde – vielleicht kämen wir nicht weg vom See (oder sind gezwungen, horrende Summen für einen Transport bezahlen). 

 

Auf Strassen und Wegen im Alai - auf denen selbst russische autos nicht mehr weiterkommenFaszination Trekkingstock - Wozu brauchen diese Touris eigentlich solche komischen Stöcke zum Wandern :-)Aug in Aug mit dem weißen Riesen: der Pik Lenin erhebt sich majestätisch über der HochebeneJurten auf den Sommerweiden im AlaiArbeitsteilung bei der Filzmattenherstellung: die alten Damen begiesen die Wolle und sortieren sie......während die jüngeren Frauen fröhlich schnatternd und lachen das Rollen/Pressen der Wolle übernehmen - und sich gern fotographieren lassen

Geldwechsel

Geld haben wir das erste Mal (kleine Summe) offiziell am Flughafen getauscht, um in die Stadt zu kommen. In Bishkek selbst gibt es viele Wechselstuben, die kein Problem hatten, Euros oder Dollars zu tauschen. Neu für uns war, das sie mindestens 20 Euro-Scheine (und größer) haben wollten. Und schon für 20 Euro-Scheine wollten sie uns eine Extra-Gebühr berechnen. Der Euro ist akzeptiert und nur einem wurden wir bei einer Privat-Taxifahrt nach Dollars gefragt, die wir, genau für solche Fälle, zusätzlich einstecken hatten.

In Bishkek, Karakol, Osh und Jalalabad gibt es Bankautomaten, die sowohl EC-Karten als auch die großen Kreditkarten akzeptieren – man könnte sogar Dollars abheben.

Thema Sicherheit

Mal abgesehen vom Nationalfeiertag, an dem große Menschenmassen feiernd durch Bishkeks Straßen zogen, hatten wir nie Probleme – weder was die persönliche Sicherheit angeht, noch in Bezug auf Diebe. Erst kurz vor Abflug in einer Menschenmasse bei besagten Feierlichkeiten scheiterte ein Klau-Versuch an meinem klemmenden Reißverschluß am Rucksack.

Ansonsten gilt wie überall: Fragen, ob es in bestimmten Gegenden bei Dunkelheit Probleme geben könnte und Augen auf. Und nachts eine Stirnlampe / Taschenlampe dabei, denn selbst in Bishkek wurde stundenweise der Reihe nach in den Stadtvierteln der Strom abgeschaltet.

Leider kann sich die Sicherheitslage jederzeit verändern, wenn ethnische oder politische Konflikte wieder aufbrechen. Aber ich wünsche dem Land mit seinen vielen Völkergruppen endlich wieder etwas Ruhe.

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