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Eisiger Tanz in der Vertikalen: Eisklettern im Pitztal

Eisiger Tanz in der Vertikalen: Eisklettern im Pitztal

Seit mehr als 10 Jahren zieht es uns traditionell an Garmisch vorbei in das winterliche Pitztal. Sandra hatte vor Jahren den Eiskletterspot entdeckt und nach einer kurzen Kletterpause kehrten wir 2008 ins Tal zurück, begaben uns auf die Suche nach unserem alten Guide und werden auch 2017 Ende Februar bei hoffentlich perfekten Eisbedingungen an der Taschach und Umgebung aktiv sein können. Das soll also kein Tourenbericht im klassischen Sinne sein, sondern eine Liebeserklärung an ein winterweißes Tal und eine faszinierende Art, sich im Eis zu bewegen.

Eisklettern ist in meinen Augen die logische Wintervariante für das Bewegen an senkrechten Wänden. Zwar hat jeder, der es einmal selbst probiert hat, am eigenen Körper spüren dürfen, dass man auf den spitzen Frontzacken der Steigeisen schon anders antritt, es auch darum geht, die Fersen nicht hängen zu lassen, um genügend Druck auf die Vorderzacken zu geben. Wer es wie wir einmal ausprobiert hat und wieder kommt, der ist vom Eisvirus angesteckt worden und der lässt einen nicht so schnell wieder los.

Es gibt im Pitztal den Luibis, keine Ahnung, wie oft wir schon da waren als Einstieg in die Kletterwoche. Der grundlegende stufenförmige Aufbau, der sich aus der Fels- und Hangstruktur ergibt, ist klar. Doch die Herausforderung besteht darin, die unterschiedlichen Eisstrukturen zu meistern. Alfi sagt dazu, es ist ein Spiel: Das Eis kann spröde und hart, milchig weiß oder durchscheinend sein. Eisvorhänge und schmale Säulen tragen mehr, als man zunächst denkt, können aber auch mit einem Tritt zum Einsturz gebracht werden. Außerdem faszinieren mich jedes Jahr aufs Neue die Lichtspiele im Eis. So viel unterschiedliche blaue Farbtöne – das muss man gesehen haben.

Weil wir es in jedem Jahr nur einmal im Winter in die Alpen schaffen, haben wir uns dazu entschlossen, nicht allein loszuziehen, sondern immer mit einem Guide unterwegs zu sein. Ihm gelingt es jedes Jahr aufs Neue, uns mit Touren zu überraschen, sei es, dass wir den Eisfall noch nicht kennen, sei es das der Zustieg sich abenteuerlich gestaltet. Und was heißt überhaupt, einen Eisfall zu kennen? Nur weil man im Vorjahr ihn schon mal gegangen ist, kann er sich in diesem Jahr doch komplett anders aufgebaut haben. Denn das genau macht ja diese Faszination aus: Die Natur formt die Eisfälle, die Strukturen jedes Jahr wieder neu. Der Temperaturverlauf im Winter und damit auch die Eisverhältnisse bestimmen den Routenverlauf, die technischen Schwierigkeiten und damit auch den Grad des  Gefährlichseins einer Route. Und all das kann man jedes Jahr aufs Neue im Piztal erleben.

Das Innerpitztal bis hin zum Pitztaler Gletscher und das vordere Pitztal gelten nicht nur in Österreich als eine der Topspots, wenn es ums Eisklettern geht. Anfänger wie auch Profis können hier auf ihre Kosten kommen, finden sich Herausforderungen in allen Schwierigkeitsgraden. Bis zu 30 Eisfälle warten darauf, bestiegen zu werden, irgendwo habe ich mal die Zahl 45 oder 50 gelesen.

Eisklettern hat schon eine lange Tradition im Tal. Rings ums Taschachhaus trainierten, so wird erzählt, Legenden wie Hermann Buhl oder Toni Egger in den Gletscherbrüchen für ihre großen alpinen Touren und Bergfahrten. Doch nicht nur das: In Mandarfen traf sich die Eiskletterelite zu ersten Wettbewerben zum Eiskletterweltcup. So wurde das Tal schnell auch außerhalb Österreichs bekannt und die Locals begannen, die Eisfälle mehr und mehr zu erschließen.

Wir haben dann doch 2008 damit begonnen, unsere Touren aufzuzeichnen, von einem Eis-Kletterführer war noch keine Rede. Nicht ganz sicher waren wir uns beim Lonesomboy. Erst als wir Sandra auf der Toposkizze entdeckten (die es sowohl in Alfis Kletterführer als auch online gibt) und es mit alten Fotos von 2009 verglichen, erinnerten wir uns an einen schweißtreibenden Aufstieg samt folgender schöner Kletterei.

In lebendiger Erinnerung geblieben ist die Mehrseillängentour am Klockelefall, zu der wir 17 Uhr, also nach Einbruch der Dunkelheit eingestiegen sind. Der Fall ist beleuchtet, trotzdem ging da ohne Stirnlampe gar nichts. Absolut beeindruckende Mehrseillängentour. Am gleichen Tag waren wir vormittags noch an den Pfaffenfällen unterwegs. Alfi wollte an diesem Tag aus der Mehrseilenlängentour (sehr schöne steile Kletterei) bereits mittags wieder raus sein, um sicher wieder absteigen zu können. Zur Vorsicht waren wir da auch mit Pieps und Co unterwegs.

Wenn die Wetterlage im Tal mal wieder nicht so gut ist, weil zu warm, dann lohnt es sich auf jeden Fall, zum Gletscher hochzufahren und sich in Richtung Mittelbergferner Karlesfall auf den Weg zu machen. Wir haben uns für den Zustieg für Schlitten entschieden und die für den Tag uns ausgeliehen. Er kann auch gut mit Skiern erreicht werden (Notweg / Talabfahrt).

Unvergessen auch unser Skizustieg und die Kletterei an den Piösmesfällen oberhalb der Arzler Alm. Im schönsten Wintersonnenschein sind wir auf Tourenski zum Eis, das uns ganz unerwartet mit nordischen Windverhältnissen und herumwirbelnden Eiskristallen ganz schön forderte.

Kitzgartenschlucht und Taschachklamm haben etwas von Eis-Klettergärten. Touren in unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrad warten auf Anfänger genauso wie auf Fortgeschrittene. Zum Üben und Probieren sehr schön, daher aber auch am Wochenende oft genug überlaufen. Gleiches gilt für den Luibis, eine Mehrseillängentour (gestufter Eisfall) mit für das Pitztal kurzem Zustieg und Ausstiegsmöglichkeiten nach fast jeder Stufe. Dann lieber etwas weiter laufen und höher ansteigen: Die Galeriefälle, das Garstige Liesele (wer auf den Namen gekommen ist …?) und die Eisprinzessinnen können einen auch gut den ganzen Tag beschäftigen.

Das Pitztal ist ein typisches Alpental: Die Straße schlängelt sich 40 km lang bis zum Talschluss (Pitztaler Gletscher), links und rechts von ihr liegen die einzelnen Häusergruppen, die sich zu einer Gemeinde oder kleinen Dörfern zusammengeschlossen haben. Die Höfe ziehen sich die Hänge leicht nach oben. Danach geht es steil die Hänge hinauf.

Heißt, bis auf Taschachschlucht und Kitzgartenschlucht, in die man abseilen beziehungsweise hineinlaufen kann, geht es zu den meisten Eisfällen, die direkt im Tal liegen, ziemlich steil bergauf. Dabei sollte auch immer der Blick nach oben gehen, um die Situation um den Eisfall herum besser einschätzen zu können.

Einige Eisfälle lassen sich, wie beschrieben nur mit Skiern erreichen, wenn man einen stundenlangen Auf- und Abstieg (zu Fuß oder mit Schneeschuhen), teils durch komplett unberührte Schneelandschaften, vermeiden will. Oder, das haben wir im letzten Jahr ausprobieren dürfen, es geht mit der ersten Bergbahn nach oben und dann per Schlitten in Richtung Karlesfall. Einfach nur geil, zumal es nach der Klettertour mit dem Schlitten bis ins Tal runter geht.

Es gibt Eisfälle, bei denen die Lawinengefahr gen Null geht, und es gibt Touren, die sollte man nur am Vormittag machen (bevor die Sonne in die Hänge über der Tour scheint) oder nur bei entsprechender Wetterlage. Heißt, es ist noch besser, als wie oben erwähnt am Eisfall zu stehen und die Umgebung zu beobachten, im Vorfeld die Locals über Lawinengefahr auszuhorchen, zumal man die Hänge über den Wasserfällen an einigen Stellen nicht wirklich einsehen kann.

 

Dafür ist jeder selber zuständig, es gibt an einigen Fällen, die Möglichkeit über Bäume abzuseilen und es gibt auch einige, noch wenige, gebohrte Nachhol- oder Abseilstellen. Wir haben Alfi auch schon beim Einbohren gesichert, da wird sich wohl in den kommenden Jahren noch einiges tun. Bei einigen Touren kann man im Abstieg nach links oder rechts in den Wald ausweichen, um steil wieder bergab zu steigen. Ansonsten helfen nur noch Abalakov Eisuhren, um aus den Touren wieder herauszukommen.

Mixklettern ist auch im Pitztal möglich (Mauerköpflfall, Shark), aber es gibt sicherlich Ecken in der Welt, in denen eine größere Routenauswahl dafür zur Verfügung steht. Wir durften das immer mal wieder in der Taschachschlucht probieren, auch vor vielen Jahren den Putzfrauenkiller, was unheimlich viel Kraft und Körperspannung kostet, aber auch extrem viel Spaß macht.

  • Reisezeit: Ab Dezember und ist der zu mild, dann Anfang Januar baut sich das Eis langsam auf. Die vielleicht sicherste Zeit ist ab Mitte Januar bis Ende Februar. Je nachdem wie hoch die Eisfälle liegen, kann auch schon früher oder im März und später geklettert werden.
  • Anreise: Mit dem Auto über einen der Alpenpässe oder Hochstraßen: Je nach Verkehrslage geht es für uns über die A95 um die Zugspitze herum oder an Seefeld vorbei. Um problemlos auf den Autobahnen in Österreich zu fahren, muss man eine Mautplakette kaufen. Am Ende dann einfach nur noch das Tal hinauffahren.
  • Sprache: Nicht immer verständlich, vor allem wenn die Einheimischen untereinander bleiben, aber man kann mit Hochdeutsch gut weiterkommen smiley
  • Geld: In unserem Nachbarland wird in Euro bezahlt. Nicht immer funktioniert es, dass mit EC-Karte bezahlt werden kann, gleiches gilt für den Einsatz von Kreditkarten. In St.Leonard gibt es eine Bank mit Geldautomat
  • Unterkunft: Wir buchen, weil wir uns immer erst spät auf einen gemeinsamen Termin arbeitsbdingt einigen können, über die einschlägigen Online-Portale und bevorzugen dabei immer eine Ferienwohnung. Pensionen mit Halbpension sind oft nur auf die typischen Skifahrer eingestellt, die wiederum ihren Tageablauf nach den Liftzeiten richten. Das passt nicht immer mit den Treffzeiten für die Klettertouren zusammen und das hat für viel Unmut mit Vermietern gesorgt (Frühstück vor 8 Uhr / Abendbrot nach 19 Uhr). In den Ferienwohnungen sind wir unabhängig.
  • aktuelle Icenews für’s Tal stellt Alfi auf der Seite von Alpine Adventure ins Netz
  • Kletterportal, das auch Topos und Fotos und zusätzliche Infos fürs Eisklettern bereit hält
  • Wechselhandschuhe: je nach der Temperatur und Kälteempfindlichkeit in den Händen – dicke Handschuhe zum Sichern, -hanschuhe mit ausreichendem Grip oder dünne Handschuhe für’s Klettern: Die Kletterhandschuhe verschwinden zum Trocknen und Anwärmen meist unter der Jacke, die Sicherungshandschuhe bleiben bei Einseillängentouren unten im Rucksack oder verschwinden ebenfalls in der Jacke.
  • Warme Schuhe (Kategorie D für Automatik-Steigeisen) oder warme Schuhe als Zustiegsschuhe, wenn man vom Guide einen speziellen Schuh ausgeliehen bekommt.
  • Eisausrüstung: Steigeisen, Eisgeräte, Eisschrauben, Schaufel, Lawinensuchgerät und Sonde (letzteres je nach Lage der Eisfälle)
  • Thermoskanne, Sonnenbrille, Sonnenschutz
  • Kletterführer von Günter Durner und Gerhard Gstettner: Sportklettern – Klettersteige – Eisklettern – Bouldern der Ferienregionen Imst, Pitztal und Ötztal (Neuauflage November 2016)
  • Kompasskarte: Inneres Ötztal und Pitztal (1:25.000)

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