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Ticket to the Moon nach Rügen

Ticket to the Moon nach Rügen

Mit dem Kanu durch Schweden, eine mehrwöchige Rundreise durch Europa oder gar die große Weltreise – das große Abenteuer schlägt so leicht nichts. Aber manchmal lohnt sich auch eine kleine Flucht aus dem Alltag. Nach einer solchen war mir Ende August des letzten Jahres zumute und es verschlug mich von Leipzig aus für 1 1/2 Tage nach Rügen – ohne feste Unterkunft, aber mit zwei Optionen für die Nacht: klassisch auf der Isomatte oder gewagt in der Hängematte.

Von Leipzig an die See? Neuseenland schön und gut, aber ein Tag am Meer ist schon etwas anderes. Rund 5 Stunden Zugfahrt braucht es schon bis an die Ostsee, aber hat man das Gebummel zwischen Berlin und dem Norden einmal überstanden und steigt am Ziel aus dem Zug, wird man mit einer frischen Prise Seeluft und dem ersehnten Blick auf den endlosen Horizont des Meeres belohnt. Ich entschied mich für Rügen, weil die Anreise mit dem Zug am besten hinzubekommen war. Fernzüge fahren bis Binz und man muss nur einmal umsteigen. Außerdem bietet Rügen nicht nur kilometerlange Sandstrände, die zum Baden einladen, sondern zusätzlich eine herrliche Natur mit vielen Möglichkeiten zum Wandern oder Radfahren und mit der Kreideküste auf Jasmund eine Küstenlinie, die man wohl zu den schönsten weltweit zählen muss. Ich war selbst überrascht.

Tag 1: Sassnitz und die Suche nach einer Übernachtung
Gestartet am Mittag in Leipzig, erreichte ich die Insel meiner Sehnsüchte am späten Nachmittag und ich entschied mich, direkt die Halbinsel Jasmund anzusteuern. Binz, das eigentliche Ziel meiner Fahrkarte, und die angrenzenden Seebäder bieten unendliche Sandstrände und gründerzeitliche Bäderarchitektur, aber mein Verlangen nach Ruhe und Natur war größer. Deswegen verließ ich den Intercity in Bergen, versorgte mich mit Proviant und stieg um in den Regionalzug nach Sassnitz, von wo aus nördlich der Stadt die berühmte Kreideküste ihren Anfang nimmt.
In Sassnitz führt eine beeindruckende Hängebrücke hoch über dem Hafen direkt zum Meer hinunter. Souvenirgeschäfte und Restaurants ignorierend, ging es für mich aber sofort nordwärts an der Promenade entlang in Richtung Nationalpark. Bald schon lag die Stadt hinter mir und ich bekam die ersehnte Ruhe und Natur. Der Weg führt durch wunderschönen Buchenwald immer an der Abbruchkante der Steilküste entlang und bei einem ersten Ausguck beschloss ich, meinen Platz für die Übernachtung gefunden zu haben.
Ich zog Option 1 und rollte hoch über dem Meer meine Therm-a-Rest Pro Lite aus. Seit ich Besitzer dieser Matte bin, muss ich keine Angst mehr vor Nächten außerhalb des eigenen Bettes haben. Diese Matte bietet einen hohen Komfort bei einem so geringen Gewicht und Packmaß, dass es für mich keine Argumente mehr gibt für die zwar sehr leichte und extrem billige, aber dafür umso unbequemere 5-Euro-NoName-Isomatte, die ich früher immer benutzt habe. Meine Beckenknochen danken mir diesen Tausch bis heute. Entspannt ließ ich also den Tag bei einem Abendbrot auf der Aussichtsbank hoch über dem Meer ausklingen, rollte mich mit dem Sonnenuntergang in meinen Schlafsack und verbrachte eine ruhige und einsame Nacht an diesem wunderschönen Ort.

Tag 2: Die Kreideküste Jasmunds, das hügelige Hinterland und der Jasmunder Bodden
Geweckt durch den Sonnenaufgang, rollte ich mich schon vor sieben, aber trotzdem recht erholt wieder aus dem Schlafsack und packte auch gleich meine Sachen zusammen. Wie sich kurze Zeit später herausstellen sollte, war diese Angewohnheit von großem Wert. Denn schon kurz danach kam ein Nationalparkranger vorbei, der mich darauf hinwies, dass eine Übernachtung im Nationalpark verboten sei. Ich war davon ausgegangen, dass dies nur für Übernachtungen mit fester Behausung gelte, also beispielweise für Zelte, aber es ist jegliches Übernachten im Freien verboten. Den Tipp mit der Übernachtung an der Kreideküste kann ich deshalb ausdrücklich nicht geben, denn es ist verboten und wird man auf frischer Tat ertappt, gibt es ein wahrscheinlich saftiges Verwarngeld. Ich hatte also noch einmal Glück gehabt.
Ich konnte also ohne finanzielle Sorgen in Richtung Königsstuhl losziehen und damit zum berühmtesten Abschnitt der Kreideküste. Vorher nahm ich aber erst einmal den nächstbesten Abstieg zum Meer, um endlich auch in die Ostsee springen zu können. Nach einem herrlich erfrischenden Bad am menschenleeren Strand führte mich der Weiterweg (auf gelegentliche Sperrungen wegen Abbruchgefahr achten!) dann immer unter den Kreidefelsen entlang bis zum Kieler Wasserfall. Kein Witz: Da gibt es wirklich einen kleinen Wasserfall, an dem man sich erfrischen oder einfach nach einem Bad das Salzwasser abspülen kann. Dieser Strandabschnitt wird nicht nur deswegen empfohlen, denn obendrein geht es hier ohne Steine auf dem Sand ins flache Wasser. Also hervorragend geeignet für ein ausgiebiges Bad und eine Rast, auch mit Kindern.
Anschließend beginnt der spürbar touristischere Teil im Gebiet des Königsstuhls. Dort gibt es eine Reihe gesicherter Aussichtskanzeln, Restaurants und einen Busanschluss. Verlässt man den überlaufenen Abschnitt weiter in Richtung Norden, wird es aber ganz schnell wieder ruhiger und man gelangt nach ca. einer Stunde Marsch ins beschauliche Dörfchen Lohme. Dort angekommen, gönnte ich mir hoch über dem kleinen Hafen dann doch noch einen Kaffee und ein Eis – im Café Niedlich. Der Name ist hier Programm, denn in Lohme ist alles irgendwie ziemlich niedlich. Es gibt eine Reihe mehr oder weniger interessanter Geschäfte und einen kleinen Dorfladen. Und so ging es nach einer kurzen Sanddornverkostung im darauf spezialisierten Lädchen und einer Flasche Sanddornlikör im Gepäck weiter in Richtung Litzow am südwestlichen Ende des Jasmunds.
Es lag also noch ein weiter Weg ans andere Ende des Jasmund vor mir, denn in Litzow musste ich am nächsten Morgen wieder in den Zug steigen. Leider verläuft der Weg nicht mehr durch den schönen Buchenwald, sondern mehr oder weniger ausschließlich über asphaltierte Radwanderwege bzw. Landstraßen. Wirklich zu empfehlen ist ein solcher Marsch nicht, aber im Wald vor Litzow wurde ich dann doch noch belohnt und fand eine schöne Stelle für die zweite Übernachtung, direkt oberhalb des großen Jasmunder Boddens. Hier zog ich Option 2 – das „Ticket to the Moon“, die Hängematte des gleichnamigen Herstellers. Ein Freund von mir schwärmt seit längerer Zeit davon und reist mit dieser quer durch die Welt und so war es schon lange mein Plan, eine Nacht in der Hängematte auszuprobieren. Da ein weiterer guter Freund einfach jedes Gewinnspiel gewinnt und so kürzlich eine Hängematte bekommen hat, bot sich mir diese Möglichkeit nun. Mithilfe der zwei praktischen Aufhängungen war die Matte schnell aufgespannt und ich genoss den Sonnenuntergang und mein Abendbrot über dem Bodden in der Hängematte. Diesmal hatte ich auch an den Wein gedacht. Der Sanddornlikör war als Geschenk gedacht.

Mit dem Wein und dem behaglichen Schaukeln der Hängematte schlief ich wunderbar ein, doch ein paar Mücken und die Suche nach der optimalen Schlafposition erschwerten meinen Schlaf ein wenig. Für mich als Seitenschläfer war es nicht so einfach, eine bequeme Schlafposition zu finden und so wälzte ich mich doch öfter in der Matte hin und her. Alles in allem war die Nacht in der Hängematte aber besser als befürchtet. Ein wenig kälter als auf der Isomatte war es, aber mit einer Jacke unterm Rücken war es in der lauen Nacht gut auszuhalten. Mit ein wenig mehr Erfahrung und Übung, was die Liegeposition angeht, kann ich mir vorstellen, das Experiment in Zukunft noch einmal zu wiederholen. Aber als vollwertiger Mattenersatz konnte mich die Hängematte noch nicht überzeugen. Ruhigere Rückenschläfer sollten allerdings weniger Probleme haben. Beim Gewicht nehmen sich die Hängematte und die Isomatte auch nicht wirklich viel. Als Option für Mittagspausen oder zum Abhängen im „Basislager“ ist sie allemal ziemlich cool. Und im dichten Wald fand ich es sehr angenehm, hoch über dem struppigen und verwurzelten Boden schlafen zu können.

Tag 3: Rückreise
Nicht ganz so gut erholt wie nach der Nacht zuvor, aber glücklich ob des gelungenen Ausfluges ging es dann am nächsten Morgen wieder früh raus und ins Dorf Litzow. Dieses Mal musste ich keine Angst vor einem Parkranger haben, denn der Schlafplatz lag außerhalb des Nationalparks. Weil ich am Tag zuvor schon so weit gekommen war, kam ich ganz entspannt nach ca. einer Stunde Weg durch den menschenleeren Wald nach Litzow, um die letzten Züge Inselluft zu atmen. Von Litzow ging es dann über Stralsund und Berlin wieder entspannt und günstig mit der Bahn zurück in die Leipziger Tieflandsbucht und in den nun wieder leichter zu bewältigenden Alltag. Zu empfehlen ist natürlich ein längerer Aufenthalt als die knapp zwei Tage lange Flucht, aber gelohnt hat sich die Fahrt allemal.

Reiszeit:
Beste Jahreszeit fürs Draußenschlafen und Baden ist natürlich der Sommer. Die Region zählt zu den sonnenreichsten Gegenden Deutschlands und meist ist es vor allem im Hochsommer ein paar Grad kühler als auf dem Binnenland. Wer kann, reist natürlich außerhalb der Ferienzeiten. Mittlerweile hat ganz Deutschland die Schönheiten der mecklenburgischen Ostseeküste erkannt – entsprechend steigen das Touristenaufkommen und das Preisniveau.
Sollte es regnen, gibt es mit Stralsund, Greifswald oder Rostock attraktive Städte mit zahlreichen Museen und Festen zu besichtigen. Auch im Winter lohnt sich ein Ausflug ans Meer, um sich die trüben Gedanken vom frischen Wind aus dem Kopf pusten zu lassen. Entgegen landläufiger Meinungen wird man aber auch im Winter auf Rügen nicht gänzlich alleine sein. Entsprechend wetterfeste Kleidung ist dann natürlich Pflicht und Baden ist nur etwas für sehr harte Naturen.

Anreise:
Nach Rügen kommt man von überall her eigentlich am besten mit dem Zug und auch vor Ort ist man mit Bus und Zug recht mobil. Fernverkehrszüge halten in Stralsund, Bergen und Binz. Von Bergen fährt zudem noch ein Regionalzug nach Sassnitz.

Übernachtung:
Draußen zu übernachten ist außerhalb des Nationalparks prinzipiell kein großes Problem. Genügend Abstand zu Privatgrundstücken sollte man einhalten und bitte auch nichts hinterlassen. Wer also die Übernachtung im Zelt bevorzugt, sollte besser einen der zahlreichen Campingplätze ansteuern. Im Nationalpark ist jegliches Übernachten verboten und wird geahndet. Feuermachen sollte man abseits offizieller Grillstellen ebenfalls unterlassen und auch am Strand ist es schon längst nicht mehr gestattet.

Baden:
Baden kann man faktisch überall, auch in den Boddengewässern. Allerdings sollte man auch an der Ostsee auf Strömungen achten. Ideal für einen Strandtag sind die Küstenabschnitte bei Binz und Baabe.

  • Karte: Schöne Heimat – Verlag Dr. Andreas Bartel Leipzig. Blatt 181 Insel Rügen, Kap Arkona, Sassnitz, Halbinsel Jasmund und Umgebung. 2. Auflage 2016
  • Wanderbuch: Kompass Wanderführer + Karte. Bernhard Pollmann. Rügen. Kompass Karten. 2. Auflage 2016
  • Tipps zum Schlafen in und zum Kauf von Hängematten: 5-tricks-zum-perfekten-schlafen-der-haengematte
  • Seite mit vielen Infos zum Wandern und Radfahren mit interaktiver Karte und jeder Menge Tourenvorschlägen: ruegenaktiv
  • Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann hier regionale Produkte von Rügen auch von zu Hause aus bestellen. Vom Sanddornsaft über Rügener Wurstspezialitäten bis hin zur Seife mit Rügener Heilkreide – ein wenig Meeresfeeling für zu Hause: ruegenshop
  • modische Badesachen für das morgendliche Bad
  • feste Wanderschuhe für die Kilometer am Tage
  • coole Hängematte zum Abhängen im Wald am Mittag
  • gute Flasche Rotwein zum selig Einschlafen am Abend
  • wirksamer Mückenschutz zum Durchschlafen für die Nacht
  • zweite Unterwäsche für die Rückfahrt im Zug

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