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Dolomiten: Palaronda Hardtrek

Dolomiten: Palaronda Hardtrek

Es gibt in den Dolomiten abseits der 10 Dolomiten Höhenwege weitere, teils sehr einsame Mehrtagestouren, die durch die schönsten Höhenzüge im Norden Italiens führen. Ziemlich abgelegen, inmitten der Pale di San Martino Bergkette führen zwei Touren durch ein 50 km2 großes Plateau aus nacktem Felsgestein. Die Hochebene wurde 1967 zum Naturreservat erklärt (gehört zum „Naturschutzpark Paneveggio – Pale di San Martino), liegt auf einer Höhe von über 2.500m und ist umgeben von hohen Gipfeln, deren Spitzen auch schon über die 3.000m  hinausragen. Das Plateau war einst eine Lagune in einem uralten Atoll und gleicht heute einer Mondlandschaft mit ihren vielen Kratern, Mulden oder Spalten. Der Dolomiten Höhenweg Nr. 2 durchquert das Plateau, doch wir wollten den Palaronda Hardtrek gehen.

In all den Jahren, die ich nun schon in den Dolomiten als bekennender Ferraristi unterwegs bin, habe ich es nur ein einziges Mal bisher in die Pala geschafft. Tagestouren sind bis auf die Via Ferrata Bolver Lugli mit Gipfelaufstieg auf die Cima della Vezzana (3.192 m) und die Via Ferrata Fiamme Gialle zeitlich kaum möglich. Als wir vor Jahren vom Sattel unterhalb der Cima della Vezzana ins Hochplateau schauen konnten, wusste ich: Irgendwann wollte/sollte ich mit mehr Zeit im Gepäck wiederkommen. Gesagt getan, auch wenn da mittlerweile gut 15 Jahre vergangen sind.     

Der Palaronda Hardtrek ist als eine sechstägige Hüttenrunde angelegt, die sich an klettersteigerfahrene Bergfexe richtet. Die Runde durchquert dabei die gesamte Palagruppe oberhalb von San Martino. Wir hatten uns bei der Planung dafür entschieden, die Runde entgegengesetzt zu laufen, uns quasi erstmal einzugehen und außerdem ein paar Zusatztage einzubauen. Wir hofften auf eine Wetterbesserung, den schon unsere Abreise mussten wir wegen Dauerregen um zwei Tage verschieben.

Wir starteten an der Talstation der Bergbahn in San Martino di Castrozza und stiegen in aller Ruhe mit einem kleinen Umweg (Nr. 739) bei schönstem Sonnenschein zum Rifugio Velo della Madonna auf. Am folgenden Tag ließen wir unser Gepäck in der Hütte und drehten als Tagestour die Runde über die Klettersteige Sentiero Dino Buzatti und Sentiero Depaoli: Das ist eine lange Tagestour, wobei die Stiegen nicht allzuschwer sind. An der Seilsicherung wurde an der ein oder anderen Stelle ganz schön gespart und vor allem, wenn es so richtig nass am Fels war, konnte es schon mal heißen: It’s slippery when wet.

Am dritten Tag ging es weiter. Im Nebel und leichten Nieselregen begingen wir die Ferratas Velo und Porton als Übergang zur Pradialli Hütte, beschlossen dann, aber dort angekommen, nach einer Brotzeit weiterzugehen. Unser Tag sollte mittags nicht schon zu Ende sein. Wettertechnisch wurden wir belohnt, am Nachmittag zog es auf, während wir zum Passo delle Lede (2.695m) aufstiegen. Beim langen steilen Abstieg ins Val Canali hätte ich mir dann doch wieder den dichten Nebel gewünscht, um den Talboden und die Hütte nicht schon eine gefühlte Ewigkeit vorher zu sehen. Irgendwann waren wir dann endlich da und ließen uns beim Grappa vom Hüttenwirt noch viel zum sanierten Klettersteig Via Ferrata Fiamme Gialle und der Möglichkeit des Abstieges über die „Le Scalette“ erzählen.

Am nächsten Morgen erwartete uns wieder viel Nebel und eine gespenstische Sicht. Am Fuß des Klettersteiges angekommen entschieden wir uns einzusteigen, um zu sehen, wie weit wir kommen würden. Das Drahtseil sollte uns die Orientierung erleichtern. Es ging viel besser als erwartet, doch dann war kurz vor dem Ausstieg Schluss. Das Seil endete in einer Art Scharte, der Blick nach oben war mehr oder weniger komplett vernebelt, eine Biwakschachtel, die dort auf uns warten sollte, nicht erkennbar. Als sich nach einer Brotzeit an dem Zustand nichts geändert hatte, hieß es am Drahtseil wieder abzusteigen. Petrus saß der Schabernack hinter den Ohren, denn natürlich riss es am Nachmittag wieder auf, als wir am Wandfuss angekommen waren. … Leider hatte sich am Abend die Hütte gefüllt, ein Fotokurs des Alpin-Magazins übernachtete mit uns in der Treviso und verbreitete irre viel Hektik. Jeder wollte das Sonnenuntergangsbild schießen, nachts die Sternenbildertour mitmachen und am Morgen waren wieder alle Plätze beim Sonnenaufgang belegt.

Von der Rifugio Treviso sollte es nun zurück auf die Pala-Hochebene gehen, der langer Anstieg bis zum Canali Pass wartete auf uns. Blauer Himmel, Sonne satt, es hätte einfach nur perfekt sein können. Doch leider war das eben genau auch der Tag, an dem wir nicht allein unterwegs waren. Die Fotogruppe hatte das gleiche Tagesziel wie wir, ein Ausweichen nicht möglich. Also entschieden wir uns dafür, erst einmal eine Stunde auf einer Bergwiese abzuhängen, die Gedanken schweifen zu lassen und uns anzusehen, wo wir am Vortag nicht weitergekommen sind. Als die knapp 20 Leute weg waren, stand dem schönsten Tag auf dieser Tour nichts mehr im Weg. Fantastische Aussichten wechselten sich ab mit einem Gebirgspanorama, für das allein sich der lange Aufstieg gelohnt hat. Die Dolomiten lagen uns zu Füßen. Unvergesslich!

Das Rifugio Rosetta „G. Pedrotti“, war voll, es war trotzdem kein Problem, noch einen Schlafplatz zu bekommen. Da die Wetteraussichten nicht rosig waren, entschieden wir uns gegen den Bolver Lugli, es ging am Morgen nur noch auf den Rosetta (2.742m), den Hausberg oberhalb der Hütte, bevor wir uns knieschonend mit der Seilbahn wieder auf den Weg ins Tal begaben und zum Gardasee weiterfuhren. Da der Lugli-Klettersteig samt Besteigung der Cima della Vezzana (3.192 m) noch fehlt, werden wir wohl in die Pala zurückkommen müssen. Schon vor 15 Jahren waren wir wetterbedingt nur den Klettersteig gegangen, zum Gipfelsieg hatte es damals auch nicht mehr gereicht. … Außerdem fehlt uns noch der letzte Abschnitt des Hardtreks zur Rifugio Mulaz mit der Besteigung des Mulaz-Gipfels (2906 m).

Ein klares Ja! Die Pala ist der Gebirgszug der Dolomiten, bei dem man das Gefühl hat, das die Anreise einfach kein Ende nehmen will. Ist man angekommen, wird man mit einer einzigartigen Gebirgslandschaft und Einsamkeit belohnt. Dafür muss man Schotter und karge Landschaften sowie lange Aufstiege mögen, bevor man mit fantastischen Aussichten belohnt wird. Heißt: jederzeit wieder!

 

Der Palaronda Hardtrek ist als Hüttentour über 6 Tage ausgelegt und führt über teils ausgesetzte und nur mäßig gesicherte Klettersteiganlagen. Der Softtrek stand nie zur Disposition. Denn, er geht über 5 Tage, folgt Höhenwegen und kann ohne Klettersteigausrüstung begangen werden. Beide Palarunden sind alpine Hüttentouren und man sollte trittischer sein und sich in den Bergen gut orientieren können.

Eindeutig die Trevisohütte, gefolgt von der Velo della Madonna. Die Trevisohütte liegt im Grünen, ein seltener Anblick in der Mondlandschaft der Pala. Der Aufenthaltsraum ist urig gemütlich, am Ofen ist es kuschelig warm und der Hüttenwirt hat viel zu erzählen. Das die Zimmer keine Decke haben, sondern einfach nur Zwischenwände eingezogen sind, hat mich nicht gestört. Die Luft war gut, man konnte gut schlafen. Das Rifugio Velo della Madonna war für mich der perfekte Startpunkt in die Palawoche, weil es anscheinend nur wenige Tourengeher bis hierher schaffen. Die erste Nacht waren es vier Gäste, in der zweiten Nacht waren wir alleine.

Hochplateau klingt ja erst einmal gut, nach einer hochgelegenen Ebene mit wenig Auf und Ab. Selten so geirrt. Als wir die Hochebene (Altipiano delle Pale) vor uns hatten, mit der Hütte am Horizont, schien es nur noch ein kurzes, relativ bequemes Stück Weg zu sein. Pustekuchen. Ist eben doch eine echte Mondlandschaft mit permanenten kurzen Auf- und Abstiegen. Das zieht sich und kann ganz schön in die Knie gehen. Neben der Hochebene bedurfte es am Ende eines lange Tages beim Abstieg vom Passo delle Lede (2.695m) ins Val Canali (1.200m) mit anschließendem Gegenanstieg zur Trevisohütte viel Überredungskünste für meine Beine. Man sieht die Hütte, hört den Bach im Tal und kommt einfach nicht näher …

Die Pala ist ja das südlichste Gebirgsmassiv der Dolomiten und wird wettertechnisch von fast jedem Mittelmeer-Tiefdruckgebiet eingeholt. Heißt es. Wir hatten daher echt Glück mit dem Wetter: Kein durchweichender Dauerregen, der Nebel machte uns manchmal die Orientierung etwas schwer, wobei es im richtigen Moment immer wieder aufgerissen hat. Die Wolkenspiele ließen die Szenerie um so eindrucksvoller erscheinen. Ich würde mich wieder erst im Spätsommer auf den Weg machen, da scheint das Wetter etwas stabiler zu sein, auch wenn natürlich ein frühzeitiger Wintereinbruch alle Vorbereitungen über den Haufen werfen kann (wobei es Schnee auf dem Hochplateau auch schon im Hochsommer geben kann).

 

Sehr unterschiedlich, wobei deutlich zu erkennen war, dass sich in der Pala mit der Einrichtung der beiden Touren viel getan hat. Auf den Abschnitten, die der Dolomiten-Höhenweg nutzt, war die Orientierung kein Problem. Die Wegfindung auf der Hochebene stelle ich mir im Nebel ziemlich spannend vor, selbst in der Sonne habe ich schon an einigen Stellen Markierungen vermisst.

Perfekt abgesichert war die Via Ferrata Fiamme Gialle: Straffes Seil und in den Steilstücken kurze Abstände. Genialer Klettersteig. Der Bolver Lugli ist der anspruchsvollste Steig in der Pala, ich habe ihn gut, aber nicht übersichert in Erinnerung. Spannender war es in den Klettersteiganlagen rund um die Velo della Madonna, die in meinen Augen teilweise etwas mehr Absicherung vertragen hätten, auch wenn es laut Karte nur Sentieros sind. Der Porton hat viele Drahtbügel und ist gut gesichert, während der Velo eher alpin angelegt worden ist, also mit spärlicherer Absicherung.

Klar, die Pala ist ein echtes alpines Kletterparadies mit festem griffigem Gestein und spannenden und kühne Linien. Die Trevisohütte teilten wir uns nicht nur mit besagtem Fotokurs sondern auch mit vielen Kletterern, die sich im Abendlicht vom Hüttenwirt die letzten Hinweise für ihre Touren holten. Letzteres war schön zu beobachten: Auf der einen Seite die ruhigen, stark zurückgenommenen Gesten des Hüttenwirts und die aufgeregten, stark gestikulierenden Kletterer, deren Augen vor Vorfreude leuchteten. Die Trevisohütte, aber auch die Rosetta- und Pradidalli-Hütte sind perfekte Ausgangspunkte für die langen alpinen Touren und kühnen Linien und Kanten, die in der Pala auf die Kletterer warten. Wenn ich da an die Klassiker wie die Schleierkante (Spigolo del Velo) an der Cima delle Madonna, den Nordwestgrat an der Cimon della Pala oder die Nordwestkante „Castiglioni-Detassis“ an der Pala del Refugio denke.

  • Anreise: Wir haben unser Auto auf dem Parkplatz der Seilbahn in San Martino di Castrozza abgestellt. Wir sind wetterbedingt zu Wochenanfang (und nicht m Samstag) gestartet und so war es auf Nachfrage überhaupt kein Problem, das Auto kostenfrei die Tage auf dem Parkplatz stehen zu lassen
  • Sprache: Italienisch, claro. Wir hatten schon in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass, je weiter südlich man in den Dolomiten unterwegs ist, um so eher kommt man nur noch in der Landessprache und je nach Hüttenwirt mit Sprachbrocken in englisch oder deutsch weiter.
  • Bezahlung: In den Hütten war es fast immer nur mit Bargeld möglich. Es erwies sich einmal mehr von Vorteil, Mitglied im DAV zu sein, so haben wir in allen Hütten, mal abgesehen von der Rifugio Rosetta mit Halbpension inklusive Getränken und einem Gute-Nacht Grappa nie mehr als 49 Euro pro Nase bezahlt
  • Wettervorhersage: In den kleineren Bauden konnte man das Wetter erfragen, in den etwas Größeren, mehr besuchten Hütten wie der Rifugio Rosetta hing es aus.
  • alle Tourinfos zum Palaronda Hard Trek findet ihr hier nach den Infos haben wir uns bei der Vorplanung gerichtet
  • wer die leichtere Paladurchquerung anstrebt findet hier alle Tourinfos zum Pala Ronda Soft Trek
  • Tourskizzen und Beschreibungen und darüberhinaus auch aktualisierte Informationen lassen sich auf den beiden deutschsprachigen Klettersteigseiten via ferrata und klettersteig finden
  • der Palaronda Hardtrek ist eine alpine Tour, je nach Jahreszeit braucht es die entsprechende Kleidung; so hatten wir auf unserer Spätsommertour nicht nur wetterfeste Kleidung sondern auch eine leichte Isolationsjacke für kühle Morgen- oder Abendstunden im Rucksack mit dabei
  • ein ordentlicher Bergschuh oder Klettersteigschuh
  • Klettersteigausrüstung, zu der neben Gurt und Klettersteigset auch ein Helm gehört
  • Trekkingstöcke für die steilen Zustiege und mehr noch für die steilen Abstiege: da freuen sich die Knie
  • Hüttenschlafsack für die Hüttenübernachtungen
  • Karte und Kompass oder GPS: Auf der Hochebene ist nicht überall Empfang und bei Nebel oder schlechter Sicht kann man sich ziemlich leicht verlaufen
  • Topokarte: Tabacco Karten Südtirol, Blatt 22 Pale di San Martino (1:25.000. Auflage 2013)
  • einen speziellen Führer zu den Stiegen rings um die Pala gibt es von Andrea Greci, die 2015 das Buch: Ferrate nelle Pale di San Martino/Klettersteige in der Pala-Gruppe im Idea Montagna Editoria e Alpinismo Verlag herausgebracht hat
  • Sascha Hoch: Klettersteig-Atlas Dolomiten & Südtirol: Über 170 Klettersteige und gesicherte Steige – von leicht bis extrem schwieirig, 2. Auflage 2013

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