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Wolle im Fokus – Teil III: Über die Welt der Schafe

Wolle im Fokus – Teil III: Über die Welt der Schafe

Wo kommt die Merinowolle, die bei uns im tapir landet, eigentlich her und unter welchen Bedingungen wird sie produziert? Im dritten und letzten Teil unserer kleinen Miniserie widmen wir uns dieser Frage und schauen uns unsere Woll-Lieferanten mit Hinblick auf ökologische und soziale Faktoren an. Und dabei steht noch eine weitere entscheidende Frage im Mittelpunkt: Wie geht es den Schafen bei dieser ganzen Wollgeschichte?

Wolle rühmt sich damit, ein Naturprodukt zu sein, und das ist es auch! Doch gerade wenn wir uns als Käufer mit möglichst viel Natur und möglichst wenig Chemie schmücken wollen, ist es eine gute Sache die Herkunft zu hinterfragen. Dennoch, das mit den sozialen und ökologischen Faktoren ist immer so eine Sache. Ganz genau nachprüfen können wir die Aussagen der Hersteller natürlich nicht, doch bemühen sich die meisten Firmen um eine immer besser werdende Transparenz. So ist es auch bei Merinowolle, und auch wenn nicht alles 100%ig nachverfolgt werden kann, so lassen sich doch einige Aussagen zur Ethik der Hersteller machen.

Der Käufer hat hier im Grunde selbst in der Hand wie viele Informationen offengelegt werden. Es ist in jedem Fall keine verlorene Liebesmüh, Hersteller auf ihre ökologische und soziale Verantwortung hinzuweisen – durch unser Kaufverhalten können wir alle ein klares Statement abgeben und somit zeigen, ob uns ein fair gehandeltes Produkt ein paar extra Euronen wert ist. Auf lange Sicht können so Marktveränderungen bewirkt werden. Doch zurück zu den Schafen: Lasst uns für einen Moment zurückblicken auf ein Thema, das in den Medien nicht mehr so präsent ist wie in 2007, als sich Popsängerin Pink öffentlich dagegen aussprach:

Die meisten Merinoschafe werden in Neuseeland, Australien und Südamerika (insbesondere in Patagonien) gehalten. Hierbei gab es in vergangenen Jahren einige Skandale wegen Mulesing, einer überaus schmerzhaften Methode, bei der den Schafen ohne Betäubung die Haut rund um den Hinterschwanz abgeschnitten wird, um eine Infektion durch Fliegenlarven zu verhindern. Hierbei rückte insbesondere Australien immer wieder in den Fokus der Medien, wo Mulesing auch immer noch praktiziert wird. Das Ganze ist ein recht komplexes Problem, insbesondere, da die Schafe an den Fliegenlarven sterben können. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, u.a. über Züchtungsverfahren, doch wird das wohl leider alles noch eine ganze Weile dauern. Bei Wolle aus Australien kann man sich letztlich nie sicher sein, ob sie nicht doch von einer Farm stammt, die Mulesing praktiziert.
Für mich die klare Konsequenz: Keine unzertifizierte Wolle aus Australien kaufen. Natürlich verwendet auch keiner unserer Lieferanten unzertifizierte australische Wolle und sie alle sprechen sich ausdrücklich gegen Mulesing aus.

Mit 22 Mitarbeitern ist Mufflon eines der kleinsten Wollunternehmen der Branche. Gegründet in Wahlstedt, findet die Produktion komplett in Deutschland statt. Alle sonstigen Materialien stammen zu fast 100% aus der EU. Das Firmengebäude ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, die einen Großteil des benötigten Stroms produziert. Mufflon verwendet BlueSign zertifizierte Wolle aus Südamerika, Südafrika und Neuseeland und von keinen Betrieben, die Mulesing betreiben. Das Einfärben der Wolle erfolgt nach dem Öko-Tex 100 Standard, d.h., es wird darauf geachtet, dass nur möglichst wenige Chemikalien zum Einsatz kommen. Wer gerne regional kauft beziehungsweise sicher gehen möchte, dass die Produktionswege nicht allzu lang sind, kann bei Mufflon bedenklos zugreifen. Unserer Erfahrung nach halten Mufflon-Kleidungsstücke eine gefühlte Ewigkeit und haben somit nochmal einen besonders kleinen ökologischen Fußabdruck.

Der in Östersund im schwedischen Jämtland ansässige Familienbetrieb gehört zu Schwedens führenden Produzenten von Wollartikeln. Sämtliche Teile werden in Österund in einer einzigen Fabrik hergestellt (einige tapire waren hier auch schon auf Besuch). Wollpower zeichnet sich durch eine ausgezeichnete Transparenz aus; so lässt sich beispielsweise genau nachverfolgen, wer das jeweilige Teil genäht hat – die Namen der Näherinnen sind im jeweiligen Produkt mit eingenäht! Die Schweden spricht sich ganz klar gegen Museling aus und verwendet daher keinerlei Wolle aus Australien, sondern aus Patagonien (Argentinien & Uruguay) wo die Fliege, die für die Schafe eine Gefahr darstellt, nicht existiert. Auch in Sachen Umweltfreundlichkeit ist Woolpower ganz vorne mit dabei: Die bei der Produktion anfallenden Wollreste werden zu wärmenden Einlegesohlen verarbeitet, die 2014 sogar mit dem ISPO Gold Award ausgezeichnet wurden. Eine super Idee, einfach und praktisch. Wollpower ist ebenfalls ISO 9001:2008, ISO 14001:2004 und Öko-Tex zertifiziert (Qualitätsmanagment, umweltfreundliche Produktion, möglichst wenige Chemikalien).

Seine Merinowolle bezieht Ortovox aus Tasmanien von der Woolmark Company; und auch wenn Tasmanien auf dem Papier zu Australien gehört, sind die Rahmenbedingungen dort etwas anders: Die auf Tasmanien lebenden Schafe haben keine Hautfalten am Hinterteil, wodurch die Schafe vor den entsprechenden Fliegen sicher sind. Die von Ortovox verwendete Merinowolle ist somit ebenfalls Mulesing-frei. Das entsprechende Original-Zertifikat kann man sich sogar direkt auf der Ortovox Webseite anschauen, was ich durchaus lobenswert finde. Die Garne werden dann in Europa und Asien (China, Vietnam) gesponnen und von dort aus zu verschiedenen Strickereien weitergeliefert. Welchen Weg jedes Teil von Tasmanien aus genau zurücklegt, kann je nach Produkt stark variieren. So werden die Merino Fleece Jacken etwa in Dänemark gestrickt, nachdem das Material zuvor in Litauen mit Polyester und Elastan kombiniert wurde. Auch wenn verschiedene Betriebe in die Produktion involviert sind (wie bei allen größeren Firmen) legt Ortovox großen Wert darauf, dass die Produkte möglichst geringe Wege zurücklegen.

Ortovox ist daher zu Recht stolz auf seine Swisswool Produktion in den Schweizer Alpen. Die Wollverarbeitung findet komplett in Europa statt und die Firma bemüht sich, dass auch die restlichen Bestandteile der Kleidungsstücke (Nylon für die Außenschicht etc.) möglichst aus Europa stammen. Gewaschen wird die Schurwolle in der speziellen Wollwäscherei Traitex in Belgien, die zum einen hohe Qualitätsstandards bietet und zum anderen näher an der Schweiz gelegen ist als vergleichbare Wäschereien in Südeuropa. Ortovox stellt also sicher, dass die Wolle nicht nur regional gesammelt wird, sondern danach auch möglichst wenige Kilometer zurücklegt. Wer Wert auf europäische Wolle legt ist hier also genau richtig. Durch den Einkauf der Swisswool werden außerdem Schweizer Bergbauern unterstützt, deren Schurwolle aufgrund der Marktsituation sonst nicht wettbewerbsfähig wäre.

Der Socken-Magnat bezieht seine Merinowolle unter anderem aus Neuseeland und Uruguay in Südamerika. Die Wolle wird dann in Amerika weiter verarbeitet. Smartwool war maßgeblich an der Entwicklung von Zque mit beteiligt, einem Programm bzw. Zertifikat der New Zealand Merino Company, das sich um eine ethische und umweltfreundliche Wollproduktion bemüht. Ein weiteres Ziel des Zque Programms ist es, Lücken in der Lieferkette zu schließen und die Produktion von der Weide bis zum Endprodukt transparent zu gestalten.

Icebreaker gehört zu den Vorreitern, wenn es darum geht, die Funktionalität von Wolle mit Fashion zu verbinden (auch wenn Smartwool ihnen mittlerweile in Sachen Design deutlich Konkurrenz macht!). Icebreaker bezieht seine Wolle aus Neuseeland, wo sie sicherstellen, dass die Schafe eine Menge Platz haben. Neben zahlreichen Zertifikaten (Öko Tex Standard 100, ISO 14001:2004) ist Icebreaker ebenfalls Mitglied in Zque. Besonders erwähnenswert ist der Baacode, mit dem man die Herkunft des jeweiligen Produkts ziemlich genau zurückverfolgen kann. Das kann man sogar mit einem Testcode auf ihrer Webseite ausprobieren. Allerdings täuscht das nicht über die Tatsache hinweg, dass Icebreaker ein international agierendes Unternehmen in einer anderen Größenordnung als z.B. Mufflon oder Woolpower ist. Die Produkte haben definitiv mehr Kilometer hinter sich als europäisch produzierte Produkte, dafür kann die Marke mit einer im Wollbereich nahezu ungeschlagenen Produkt-Vielseitigkeit aufwarten.

Wir sind am Ende unserer kleinen Mini-Serie angelangt. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr fühlt euch jetzt gut informiert was Beschaffenheit, Pflege und Herstellung von Merinowolle angeht. Im Outdoor-Bereich wird Wolle auch in den kommenden Jahren wohl eine große Rolle spielen, insbesondere bei innovative Technologien wie Icebreaker Corespun. Wolle ist und bleibt ein hervorragendes Material für Outdoor-Bekleidung. Es ist vielseitig einsetzbar und kann bei guter Pflege jahrelang im Einsatz sein. In der Produktion hat sich in den letzten Jahren einiges getan und die Firmen bemühen sich, transparenter zu sein, Energie zu sparen und sicherzustellen, dass Mensch und Tier in guten Bedingungen arbeiten bzw. leben können. Sicherlich, es gibt noch viel zu tun, aber ich denke die Outdoor-Industrie ist auf einem guten Weg. Kunden insbesondere in Europa haben auch jetzt schon die Möglichkeit, aus einer Vielzahl an regionalen und fair produzierten Produkten auszuwählen. Das ist eine gute Entwicklung und so können wir heute – vielleicht mehr denn je – die Vorteile von Wolle genießen.

Bis zum nächsten Mal!

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