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Kleines Winterjacken-ABC

Kleines Winterjacken-ABC

Die Meteorologen sagen (mal wieder) einen langen, strengen Winter voraus. Und der Wettergott schickt gerade die ersten Kälteboten durch Deutschland. Darüber hinaus behaupten die nach Leipzig Zugezogenen sowieso jedes Jahr aufs Neue: Hier im Osten ist es im Winter einfach kälter (Die letzte Aussage stammt natürlich nur von Flachländlern). Und so stellt sich für einige auch in diesem Winter die Gretchenfrage:  Soll’s die Winterjacke aus Kunstfaser oder doch eher aus kuscheliger Daune sein? Oder eher traditionell aus Wolle oder der neuen Swisswool? Auch unter uns tapiren gibt es Mitarbeiter, die sich für unterschiedliche Jackenausstattungen begeistern können und z.T. regelrecht ins Schwärmen geraten. Das nehmen wir einfach mal zum Anlass, die verschiedenen Isolationsmöglichkeiten in Winterjacken etwas näher zu betrachten.

Beginnen wir mit dem Klassiker, der nicht nur Frauenaugen zum Leuchten bringen kann: Daune

Der Begriff ‚Daune‘ lässt sich auf isländische Wurzeln zurückführen und bezeichnet Federn mit sehr kurzem Kiel und weichen, langen und strahlenförmig angeordneten Verästelungen.  Daune kommt heute meist aus Osteuropa oder Asien sowie aus Kanada und Frankreich. Enten und Gänse, die hauptsächlich im kalten Klima leben, bilden ein dichteres Gefieder aus, das sie zuverlässig vor extremer Kälte schützt. Ihre Daunen haben daher ein sehr gutes Wärme-Isolationsvermögen.

Betrachtet man sich eine Daune genauer, so stellt sie ein dreidimensionales Gebilde dar und sieht dabei auch schon mal aus wie eine Schneeflocke. Sie hat einen kaum sichtbaren Kern mit strahlenförmigen, seidenweichen Daunenbeinchen, welche viel Luft speichern können. Im Gegensatz dazu haben Federn einen längeren, gebogenen Kiel und sind nicht strahlenförmig verästelt. Mittels Lufttrennverfahren werden Daunen und Federn in Sortiermaschinen getrennt und im Anschluss zur Weiterverarbeitung vorbereitet. Dabei ist für immer mehr Firmen die Herkunft der Daunen wichtig: Mit dem Yeti Ethical Code und dem Down Codex von Mountain Equipment sind zwei nachvollziehbare Wege von der Daune bis zur Jacke oder dem Schlafsack beschrieben – gerade Mountain Equipment spricht dabei auch offen über die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn Zwischenhändler die Kontrolle der Daunenchargen übernommen haben.


Bei aller Diskussion um Daunenprodukte, die jeder für sich selbst entscheiden muss, bleibt festzuhalten, dass die Daune beim Verhältnis von Isolationsleistung zu Gewicht auch heute (noch) nicht zu schlagen ist, auch wenn die modernen Kunstfasern aufgeholt haben. Wobei – und da fängt die Diskussion erst richtig an – Daune nicht gleich Daune ist.

Es kommt neben der Qualität der Daune auch auf das Mischungsverhältnis an: Als “State of the Art”–Füllung im Schlfsackbereich wird ein Mischverhältnis von 96/4 verwendet, wobei für den Alltag, v.a. auch im Jackenbereich, ein Mischungsverhältnis von 90/10 oder 80/20 durchaus ausreichend sein kann. Die Zahlen geben dabei das Verhältnis von Daunen zu Federkielen an. Ohne Kiele geht es nicht, da sie sich nicht komplett herausfiltern lassen.

Die Qualität der Daune wird zudem oft an der Bauschkraft (Fillpower) festgemacht.  Das ist ein Wert, der angibt, wie stark sich die Daune (Volumen einer Unze = 28,35 g Daune) nach der Komprimierung wieder aufbauscht; er wird in cuin (Kubikinch) angegeben. Oft findet sich der Wert im Jackennamen wieder oder ist am Ärmel aufgeführt. Die heutige Grenze liegt bei 900 cuin, nach Aussagen der Daunenproduzenten beginnt bei 650 cuin eine vernünftige Daune.


Für Allergiker, Tierfreunde oder vom Konzept der Kunstfaser Überzeugte

In der Regel wird die Kunstfaser aus Polyester gefertigt, wobei es für die Isolation wichtig ist, dass die Faser über einen Hohlraum verfügt. Betrachtet man eine Kunstfaser hochaufgelöst unter dem Mikroskop, ist eine eher raue Oberfläche erkennbar – das führt dazu, dass die einzelnen Stränge sich derart fest ineinander verhaken können, dass sie zwar stabil in ihrer Verbindung sind, sich aber nicht mehr „aufbauschen können“. Deshalb werden die Fasern in z.T. sehr aufwendigen Prozessen ummantelt (z.B. mit Silikon), um eine Bauschfähigkeit aufrechterhalten zu können.

Noch mehr als bei Daunen gibt es Unterschiede in der Wärmeleistung von Kunstfasern, denn sie werden in verschiedensten Verfahren gewonnen und weisen unterschiedliche Qualitätsmerkmale auf, was u.a. die Bauschfähigkeit und die Lebensdauer betrifft. Bei häufigem Waschen verliert die Kunstfaserfüllung durch das Ausspülen der Ummantelung ihre Isolationsfähigkeit.

Eine der bekannteren Kunstfasern im Textil- und Schlafsackbereich ist – nomen est omen – PrimaLoft (die Endlos-Isolationsfaser, hergestellt von Albany International), wobei zwischen  PrimaLoft®  Infinity, PrimaLoft®  One, PrimaLoft®  Sport, PrimaLoft® SYNERGY und Primaloft® Eco unterschieden wird. In Fachkreisen wird PrimaLoft®  One auch als Mutter der modernen Kunstfaser bezeichnet, deren sehr feine Fasern nicht nur spürbar wärmen, sondern auch nässefest daherkommen. Gerade im Winter oder im Herbstnebel wissen v.a. Kletterer diese Eigenschaften zu schätzen. PrimaLoft® Eco ist – wie es heute noch mehr umgesetzt werden sollte – ein umweltfreundliches Isolationsmaterial mit hoher Leistung und überragendem Komfort, das zu  50% aus recycelten Materialien besteht.

Viele Firmen lassen seit Jahren hauseigene Kunstfasern produzieren. Mittlerweile zu einem Begriff geworden sind dabei Thermal R von Marmot, Sensofil von Vaude, Coreloft von Arc’teryx, Supreme Micro Loft von Fjäll Räven und die XTI- und MIT-Fasern, die nicht nur in Ajungilak-Schlafsäcken, sondern auch in Mammut-Jacken verwendet werden.  Dabei lassen sich für Nichtchemiker die Eigenschaften der Fasern nur schwer voneinander abgrenzen.

Fazit:

Jeder Frage nach einer Isolationsjacke wird im tapir mit einer Gegenfrage begegnet: „Wann und in welchem Zusammenhang soll denn die Jacke zum Einsatz kommen?“ Denn wie bei vielen Material- und Ausrüstungsdiskussionen liegt die Crux auch hier im Einsatzbereich. Vergeblich begibt sich der Nutzer auch heute noch auf die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau unter den Jacken. Sie wurde bis heute noch auf keiner Messe vorgestellt.


Es gilt immer wieder abzuwägen, wie sich der geplante Nutzen mit den Materialeigenschaften vereinbaren lässt – Kompromisse sind auch hier gefragt, wenn man sich nicht viele verschiedene Jacken in den Schrank hängen möchte. Geht es um Gewicht und Komprimierbarkeit bei gleichen Wärmeeigenschaften, gewinnt (fast) immer die Daunenausführung – dabei wird häufig von unseren Kunden nach wasserabweisendem oder wasserdichtem Außenmaterial gefragt, wohl mit dem Hintergrundgedanken, dass sich dann erst gar nicht die Frage nach der verminderten Wärmeleistung bei Nässe stellt. Vor allem die Jacken aus dem Leichtgewichtssektor kommen dank ihres kleinen Packmaßes das ganze Jahr über zum Einsatz: im Frühjahr und Herbst als Wärmespender am Abend oder bei langen Pausen, im Sommer als Backup für einen (eventuell eintretenden) Kälteeinbruch und im Winter als Unterzieher unter einer Hardshell.

Nicht zu vergessen sind bei aller Funktionalität heute auch Optik und Haptik. Die Zeiten, in denen man in einer Daunenjacke wie der Bruder vom Michelin-Männchen aussah, sind vorbei – wenn es mit der Jacke nicht auf Expedition gehen soll. Neben Wärmeleistung stehen auch Ausstattung und Tragekomfort im Fokus. Dazu gehören sowohl Nahtführung und Kammerngestaltung, aber auch Ärmel- und Saumabschlüsse, genauso wie die Taschenanordnung oder Jackenlänge. Gerade bei vielen Leichtgewichtsjacken mit Pertex Quantum als Außenmaterial sieht man häufig die Daunen durchscheinen. Das wirkt dann zuweilen wie Flecken auf der Jacke und in der Konsequenz wird dann eher zur schwarzen, unauffälligeren Variante gegriffen.

 

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