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Hillebergs Jannu im Wintertest

Hillebergs Jannu im Wintertest

Das Zelt für alle Gelegenheiten gibt es wohl auch bei der schwedischen Edel-Zeltschmiede Hilleberg nicht. Irgendeinen Kompromiss wird man immer eingehen müssen, auch wenn das Gros ihrer Zelte einen weiten Anwendungsbereich abdecken kann (wenn man auf Zelte mit einem außen liegenden Gestänge schwört). Das Jannu gehörte bisher nicht zu meinen Zeltfavoriten. Eher im Gegenteil: Ich hatte mich immer wieder im Stillen gefragt, wie ein klassischer Käufer für dieses Zelt aussehen und welche Erwartungshaltung er wohl mitbringen würde. Auf unserer tapir-Testtour schlief Percy mit seinen zwei Hunden im Jannu und hatte viel Platz. In Schweden auf unserer Testtour durchs Fjell hätte ich mir zwar auch ein anderes Zelt aussuchen können, ich nahm dann aber doch das mir zugedachte Jannu, um mich mit ihm einmal intensiver auseinandersetzen zu können. Und trotz meiner Vorbehalte habe ich es in den fünf Winternächten echt zu schätzen gelernt.

Die Fakten

Für alle, die das Jannu noch nicht kennen: Es ist ein Kuppel-Zelt für zwei Personen aus dem Kerlon 1200-Material von Hilleberg mit einem Gewicht von knapp 3 kg und einer Innenzeltlänge von 2,35m. Es ist, bis auf die abzuspannende Apsis, ein freistehendes Zelt mit drei Gestängebögen, einem asymmetrischen Eingang und einer Innenzelthöhe von 1,00m.


Ich bekam bei unserer Schwedentour das Jannu in den Bach-Rucksack, weil wir die ersten drei Nächte zu zweit das Zelt nutzten; die letzten beiden Nächte hatte ich das Zelt dann für mich allein. Da wir alle Zelte selbst tragen durften, fand ich den Grundgedanken ganz gut, ein für zwei Personen relativ leichtes Zelt (knapp 3 kg) mitzunehmen.

Die Testbedingungen in Schweden waren für eine Wintertour gut – lediglich von starkem Wind und nassem, schweren Schnee wurden wir verschont. Das Zelt wurde morgens nass in den Zeltsack gestopft und abends leicht und schnell wieder aufgestellt. Eingegrabene Schneeheringe sorgten für ausreichend Stabilität auch bei dem sehr feinen, meterhohen Schnee, in den wir uns teilweise eingruben.


Näher betrachtete erfüllt das Jannu (fast) alle Voraussetzungen, die ich an ein Schlechtwetterzelt stellen würde: Außenliegende Gestängekanäle, Zelt einfach und v.a. auch mit dicken Handschuhen aufzubauen, stabile und genügend Abspannpunkte, mehrere Eingänge (windabgewandte Seite) und ein bis auf den Boden gezogenes Überzelt. Nur bei der Größe der Apsis war ich mir zunächst nicht sicher: Würde sie ausreichend Platz auch für zwei große Trekkingrucksäcke bieten?

Das Zelt im Einsatz

Die ersten beiden Tage war das Wetter eher durchwachsen. Der erste Zeltplatz war auf einem See ohne dickere Schneeauflage und wir mussten etwas improvisieren, was die Abspannungen anging. In der Nacht schneite es ganz leicht, insgesamt gab es aber nur wenig Neuschnee. Die Belüftung des Innenzeltes hatten wir komplett geöffnet, dennoch war am Morgen relativ viel Kondens am Innenzelt zu verzeichnen. Das sollte auch für den Rest der Tour so bleiben, wobei ich sagen würde, dass für diese Art der Zeltkonstruktion die Belüftung mit dem Flap (Lüftungsabdeckung) als Wetterschutz gut ist, aber eben seine Grenzen hat im Vergleich zu Tunnelzelten oder Geodäten, bei denen ich über zwei Eingänge oder Belüftungsmöglichkeiten eher einen „Durchzug“ erreichen kann.


Positiv überrascht hat mich dann doch das Platzangebot im Jannu. Liegend auf einer schmalen Therma-Rest und einer Downmat und trotz unserer dicken Winterschlafsäcke hatten wir durch das versetzte Liegen ausreichend Platz zum Schlafen, ohne gleich gegen die Zeltwand gedrückt zu werden. Wer es etwas kuscheliger mag, kann sicher auch zu zweit nebeneinander liegen. 🙂

Gleiches gilt auch für das Platzangebot in der Apsis. Sie läuft zwar im ersten Moment augenscheinlich relativ flach aus, dennoch bekamen wir selbst in der ersten Nacht auf dem Eis beide Rucksäcke gut darin unter, wobei ich als Zweite ins Zelt bin und den Rucksack hinter mir hergezogen und abgelegt habe. In den anderen Nächten buddelten wir in der Apsis ein Loch und hatten so mehr als genügend Platz für alles.

Etwas Schnee blieb aber auf der flach auslaufenden Apsis außen liegen, ohne runterzurutschen. Das störte aber nicht weiter und ich schlief die Nacht einfach durch, ohne aktiv zu werden und den Schnee herunterzuschütteln.

Der Eingang kann auf beiden Seiten der Apsis geöffnet werden, wobei es besser ist, den Eingang von oben nach unten zu öffnen und aus dem Zelt ,auszusteigen‘. Bei schönem Wetter kann die Mitte der Apsis aufgerollt werden – und man kann beim Morgenkaffee gut die Aussicht genießen, ohne den Schlafsack zu verlassen. Allerdings ist der wellenförmig geführte Reißverschluss zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Und um die seitlichen Eingangsmöglichkeiten trotz der Abspannleinen nutzen zu können, ohne richtig nass zu werden, bedarf es etwas Kreativität.


Die Kuppelkonstruktion des Jannu, angelehnt an einen Geodäten, gehört zu den sturmstabileren Zeltmodellen aus Schweden. Auch wenn wir keinen wirklich starken Wind hatten, stand das Zelt auch nach leichtem Schneefall am Morgen noch gerade da – auch auf der Seite, an die es verstärkt den Schnee geweht hatte. Diese Erfahrung hatte auch Percy im Thüringer Wald auf unserer Testtour gemacht, bei der das Jannu fast komplett im Schnee verschwunden war, weil er sich nachts nicht gemüßigt gefühlt hatte, den Schnee vom Zelt abzuschütteln.

Dass das Jannu eine kleine Aufstellfläche benötigt, habe ich vor allem beim zweiten Teil unserer Tour schätzen gelernt, als ich allein das Aufbauen bewältigen durfte. Mit Schneeschuhen an den Füßen und einer Schneeschaufel in den Händen musste ein entsprechender Platz planiert bzw. ausgehoben und die Heringe der Abspannung eingegraben werden. Mehr Platz hätte auch mehr (schweißtreibende) Arbeit für mich bedeutet …

Fazit

Auf längeren Touren zu zweit, v.a. im Winter, ist mir das Jannu auf Dauer doch etwas zu klein. Da hätte ich gern etwas mehr Platz im Innenzelt und meine eigene Apsis für meine Sachen. Im Sommer kann das Raumangebot in der doch flach auslaufenden Apsis nicht komplett genutzt werden, v.a. wenn man zu zweit mit großem Gepäck unterwegs ist. Da heißt es für die Rucksäcke: eng zusammenrücken. Im Winter, wie berichtet, ist es kein Problem, wenn im Fußraum der Apsis ein Loch ausgehoben werden kann. All diejenigen, die mit Hund unterwegs sind, werden das Jannu ebenfalls schnell schätzen lernen, da es genügend Platz für Zwei- und Vierbeiner bietet.

Geht es aber ums Gewicht bzw. ist man solo unterwegs, ist das Jannu genial, weil dann eher das Verhältnis von Platzangebot und Stabilität zu Gewicht in den Vordergrund rückt. Das Kuppelzelt ist sturmstabil und benötigt zum Aufbau nur eine kleine Aufstellfläche, was das Jannu von Hilleberg zu einem perfekten Begleiter für Hochgebirgstouren oder anspruchsvollere Fjelltouren macht. Kleine Kompromisse muss man auch bei diesem Zelt eingehen, wie etwa Kondens trotz der Deckenbelüftung im Zelt, das etwas nervige Befestigen der Flaps (Abdeckung) über der Belüftung und das Bedienen des bogenförmigen Reißverschlusses.


Im Vergleich zum ebenfalls frei stehenden Soulo, das mit einem Gewicht von knapp 2,5 kg deutlich leichter ist, überzeugt das Jannu mit einem 15 cm längeren Innenzelt. Hinzu kommen durch den asymmetrischen Schnitt mehr Kopffreiheit bzw. mehr Platz insgesamt im Innenzelt und in der Apsis. Geht es allein ums Gewicht, kommt man am Soulo von Hilleberg nicht vorbei. Liegt der Fokus eher auf Platz und Komfort, dann kann das Jannu auch für Solotrekker und Paddler eine echte Alternative sein.

Nicht unter Testbedingungen ausprobiert, aber jederzeit möglich ist das Herausnehmen des Innenzeltes, was dann entweder separat verstaut werden oder mit passenden Gestängefüßen selbstständig aufgestellt werden kann. Natürlich gibt es auch eine passende Zeltunterlage. Die Gestängekanäle sind hillebergtypisch so angelegt, dass parallel ein zweiter Gestängebogen pro Kanal eingeführt werden kann, was die Sturm- und Schneestabilität unter extremen Wetterbedingungen deutlich erhöht (die Clips werden dann abwechselnd genutzt).

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