Dalanzadgad – Tor zur Gobi-Wüste
Nach zwölf beengten Stunden im Linienbus erreichten wir über holprige und meist nicht-existente Straßen endlich Dalanzadgad, die Hauptstadt der Südlichen Gobi. Die Stadt hat an sich nicht viel zu bieten und es war auch recht schwer eine Unterkunft zu finden, da es zu dieser Zeit nur zwei geöffnete und bezahlbare Guesthouses gab (ca. 10€ p.P.). Da die Straßen menschenleer waren, waren wir sehr froh bei unserer Unterkunftssuche Soko Byamba, die Besitzerin des Chicken House (dem besten Restaurant der Stadt!) zu finden. Eine sehr nette junge Frau, welche fließend Deutsch und Englisch spricht und extrem hilfsbereit ist. Generell ist der Kern der Stadt sehr überschaubar, er ist umringt durch einen Gürtel traditioneller Gers. Diese einfachen Holz-, Fell-, Samtkonstruktionen sind die traditionellen Behausungen der Nomaden. Obwohl nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung nomadisch leben, wohnt noch über die Hälfte der Mongolen dauerhaft in diesen zeltähnlichen Unterkünften. Es kann schnell passieren, dass man sich bei einem traditionellen Tee in einer Runde mit zahlreichen Mongolen wiederfindet, um pantomimisch über seine Reise zu berichten. Nach knapp einer Woche wollten wir dann endlich mehr von der Wüste sehen. Gewappnet mit der neu gekauften Winterkleidung und reichlich Tütensuppen wollten wir uns zu Fuß aufmachen. Soko, die die ganze Unternehmung eher skeptisch betrachtete, fuhr uns dann kurzerhand mit ihrem Auto noch etwa 25km aus der Stadt heraus. Unser Ziel war eigentlich die Eisschlucht Yoliin Am (Schlund des Geiers) im Gurvan Saihan Gebirgszug, welcher als Ausläufer des Altai-Gebirges bereits südlich von der Stadt sichtbar ist. Da wir aber nicht über eine Karte der Gegend verfügten, hatten wir von Grund auf wenig Hoffnung die Eisschlucht zu finden. Es ging uns viel mehr um das Erleben der Weite und Einsamkeit der Wüste bzw. Steppe, welche sich eben bis auf den Gebirgszug flach und unendlich in alle Richtungen ausbreitete. Das Schätzen von Entfernungen fällt in so einer Umgebung ungeheuer schwer und so wanderten wir einfach stets der Kompassnadel folgend schnurgerade gen Gebirge. In der Ferne hinter uns fuhr selten mal ein Auto quer durchs Gelände und verschwand wieder in der weiten Ebene. Neben den vereinzelten Gräsern, Schaf- und Kamelherden und einigen Knochen änderte sich nichts um uns herum und das Gebirge kam nicht näher. Der Wind blies eisig und beständig immer aus der selben Richtung, denn es gab nichts, was ihn auf seinem Weg störte. Wir bewegten uns ebenso beständig weiter. Die Strommasten, die wir anfangs noch als Fixpunkt benutzen, waren nun nicht mehr zu sehen und auch von Dalanzadgad sah man nur noch den Rauch des Kohlekraftwerkes am Horizont. Ab und an konnte man in der Ferne flimmernd die Umrisse eines Gers ausmachen, da dies noch ein relativ „dicht“ besiedelter Teil der Mongolei ist, das heißt ein Ger alle 10km… Wir redeten fast nicht mehr. Die ersten beiden Nächte verbrachten wir in unserem winzigen Zelt, geschützt in kleinen Gräben die ab und an die sonst so ebene Landschaft durchzogen. Unsere Nudeln kochten wir in einem kleinen Steinofen, den wir mit getrockneten Kameldung anfeuerten. Um nicht zu viel Wasser zu verbrauchen sammelten wir immer wieder Schnee in den leeren Flaschen und reinigen diesen mit Jodtropfen, was sich generell auf der Reise bewährt hat. Am dritten Tag kamen wir langsam dem Gebirge näher, dessen Größe wir aus der Ferne völlig unterschätzt hatten. Wir übernachteten wieder im Zelt geschützt durch eine alte Hirtenmauer, an der normalerweise Schafe Schutz suchen. Zu unserer Überraschung kam, während wir unser Zelt abbauten, ein Nomade in traditioneller Montur auf seinem Pferd aus dem Nichts herangeritten, schaute uns verwundert an und gestikulierte ob wir denn Hilfe benötigten. Da dem scheinbar nicht so war, wandte er sich wortlos von uns ab und ritt von dannen. Die darauf folgende Nacht war trotz dicker Daunenschlafsäcke sehr kalt und das stetige Wehen des Windes nagte an den Nerven. Wibke meinte daraufhin, dass dies definitiv der Richtige Ort zum Durchdrehen sei und wir dem an dieser Stelle nicht viel entgegenzusetzen hätten; aus diesem Grund drehten wir uns um 180° und machten uns geradewegs auf den Rückweg. Nach zwei weiteren Nächten kamen die Stromleitungen wieder in Sichtweite und man erkannte auch ab und an wieder ein Auto in der Ferne. Als wir die „Straße“ erreichten, setzten wir uns mitten auf einer der zahllosen unbefestigten Spuren und warteten, denn es war schon spät und weitergehen hätte sich nicht mehr gelohnt. Darum versuchten wir eventuell noch per Anhalter zurückzufahren. Dies wurde dann überraschenderweise nach zwei Stunden vom Erfolg gekrönt, als uns ein uraltes Mongolisches Pärchen in ihrem Pickup mitnahm. Nach weiteren zwei Stunden erreichten wir durchgefroren aber zutiefst vom Glück erfüllt das Chicken House und waren wieder geborgen.
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1 Kommentar
Garry | 23.Jul.2013, 11:38
Die Mongolei ist wirklich ein großartiger Ort zu besuchen. Ich liebe diesen Ort. Vielen Dank für Ihre Erfahrungen.