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Im Land der Nomaden

Im Land der Nomaden

April 2011 – Nachdem wir uns von der südostasiatischen Hitze gelöst hatten, hielten wir nach über einer Woche und 4000km in chinesischen Bussen und Bahnen endlich das Mongolische Visum in der Hand. Mit diesem ging es dann direkt von der Mongolischen Botschaft in Hohhot in der Inneren Mongolei (China) auf nach Ulaanbaatar, der mongolischen Hauptstadt. Im Gepäck die minimalistische Reiseausrüstung; fast alles wurde vorher heimgeschickt, da das Gepäck aus dem tropischen Süden in diesem Teil der Welt völlig unpassend ist.

Da uns auf unserer bis dato 15-monatigen Reise langsam das Geld ausging und wir der tropischen Hitze etwas überdrüssig wurden, wollten wir per Landweg gemächlich die Heimreise antreten. Da dies von Süd-Ost-Asien zwangsweise durch China und zumindest in die Nähe der Mongolei führt, wollten wir uns diese Chance nicht entgehen lassen. Da Wibke, mit der ich die ganze Tour verbrachte, und ich uns im Laufe der Zeit immer mehr vom Deutschen Planungs- und Sicherheitsdenken verabschiedet hatten, betraten wir das Land ohne jegliche Erwartungshaltung und Vorkenntnisse. Die besten Informationen bekommt man sowieso erst vor Ort und die schönsten Erlebnisse sind doch die Unvorhergesehenen.

Kurzer Überblick
Nachdem wir von einem eisigen Sandsturm beim Grenzübertritt begrüßt wurden, erreichten wir nach 12h Zugfahrt Ulaanbaatar, dort verweilten wir einige Tage und schauten uns die lokalen Sehenswürdigkeiten an, bis wir dann mit dem Linienbus quer durch die Gobi nach Dalanzadgad im Süden des Landes holperten. Von dort aus unternahmen wir eine einwöchige Wüstenwanderung und einen Dreitagesausflug mit einem gemieteten Jeep und Fahrer zu den bis zu 200m hohen singenden Dünen Khongoryn Els (z.T. Khongriin Els) und den sogenannten Flaming Cliffs – dem ersten Fundort versteinerter Dinosauriereier.

Ankommen in Ulaanbaatar
Nach der einstimmenden Zugfahrt, mit träumerischen Blicken in die unendlichen Weiten der Gobi, kamen wir nach ca. 12h Fahrt in Ulaanbaatar an. Beim Verlassen des Zuges wehte uns ein eisiger Wind um die Ohren und beim Umherblicken fühlte man sich unweigerlich in der Szenerie eines Klischee-Sowjetfilms versetzt, denn zahlreiche Wohnblocks „zierten“ die Umgebung. Nachdem wir, aufgrund unserer unpassenden Kleidung bibbernd, 20 Minuten später zu Fuß das Stadtzentrum erreichten, machten wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Dies stellte sich anfangs als nicht so einfach heraus, da sich die Herbergen meist in irgendwelchen Hinterhöfen verstecken. Unser erstes Ziel hieß danach „Black Market“; ein riesiges Gelände zahlreicher Händler, die jegliche Waren von Lebensmitteln über Wolfsfelle bis hin zu billigen Textilien aus China verkauften. Letztere waren unser Ziel und so deckten wir uns kostengünstig mit zwei Daunenjacken und sonstigen Wintersachen ein. Von der unendlichen Weite des Landes und den damit verbundenen Reisepreisen übermannt, nahmen wir einen der wenigen landesweiten Linienbusse mit dem Ziel Dalanzadgad. Neben den üblichen touristischen Angeboten gibt es in Ulaanbaatar auch noch die Möglichkeit für ca. 100$ einen alten russischen Panzer zu fahren (angeblich kann man gegen einen gewissen Aufpreis auch damit schießen). Da es dafür leider keinen offiziellen Kontakt gibt, muss man sich bei Interesse bei verschiedenen Unterkünften durchfragen. Die Leute vor Ort sind generell recht hilfsbereit.

Dalanzadgad – Tor zur Gobi-Wüste
Nach zwölf beengten Stunden im Linienbus erreichten wir über holprige und meist nicht-existente Straßen endlich Dalanzadgad, die Hauptstadt der Südlichen Gobi. Die Stadt hat an sich nicht viel zu bieten und es war auch recht schwer eine Unterkunft zu finden, da es zu dieser Zeit nur zwei geöffnete und bezahlbare Guesthouses gab (ca. 10€ p.P.). Da die Straßen menschenleer waren, waren wir sehr froh bei unserer Unterkunftssuche Soko Byamba, die Besitzerin des Chicken House (dem besten Restaurant der Stadt!) zu finden. Eine sehr nette junge Frau, welche fließend Deutsch und Englisch spricht und extrem hilfsbereit ist. Generell ist der Kern der Stadt sehr überschaubar, er ist umringt durch einen Gürtel traditioneller Gers. Diese einfachen Holz-, Fell-, Samtkonstruktionen sind die traditionellen Behausungen der Nomaden. Obwohl nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung nomadisch leben, wohnt noch über die Hälfte der Mongolen dauerhaft in diesen zeltähnlichen Unterkünften. Es kann schnell passieren, dass man sich bei einem traditionellen Tee in einer Runde mit zahlreichen Mongolen wiederfindet, um pantomimisch über seine Reise zu berichten. Nach knapp einer Woche wollten wir dann endlich mehr von der Wüste sehen. Gewappnet mit der neu gekauften Winterkleidung und reichlich Tütensuppen wollten wir uns zu Fuß aufmachen. Soko, die die ganze Unternehmung eher skeptisch betrachtete, fuhr uns dann kurzerhand mit ihrem Auto noch etwa 25km aus der Stadt heraus. Unser Ziel war eigentlich die Eisschlucht Yoliin Am (Schlund des Geiers) im Gurvan Saihan Gebirgszug, welcher als Ausläufer des Altai-Gebirges bereits südlich von der Stadt sichtbar ist. Da wir aber nicht über eine Karte der Gegend verfügten, hatten wir von Grund auf wenig Hoffnung die Eisschlucht zu finden. Es ging uns viel mehr um das Erleben der Weite und Einsamkeit der Wüste bzw. Steppe, welche sich eben bis auf den Gebirgszug flach und unendlich in alle Richtungen ausbreitete. Das Schätzen von Entfernungen fällt in so einer Umgebung ungeheuer schwer und so wanderten wir einfach stets der Kompassnadel folgend schnurgerade gen Gebirge. In der Ferne hinter uns fuhr selten mal ein Auto quer durchs Gelände und verschwand wieder in der weiten Ebene. Neben den vereinzelten Gräsern, Schaf- und Kamelherden und einigen Knochen änderte sich nichts um uns herum und das Gebirge kam nicht näher. Der Wind blies eisig und beständig immer aus der selben Richtung, denn es gab nichts, was ihn auf seinem Weg störte. Wir bewegten uns ebenso beständig weiter. Die Strommasten, die wir anfangs noch als Fixpunkt benutzen, waren nun nicht mehr zu sehen und auch von Dalanzadgad sah man nur noch den Rauch des Kohlekraftwerkes am Horizont. Ab und an konnte man in der Ferne flimmernd die Umrisse eines Gers ausmachen, da dies noch ein relativ „dicht“ besiedelter Teil der Mongolei ist, das heißt ein Ger alle 10km… Wir redeten fast nicht mehr. Die ersten beiden Nächte verbrachten wir in unserem winzigen Zelt, geschützt in kleinen Gräben die ab und an die sonst so ebene Landschaft durchzogen. Unsere Nudeln kochten wir in einem kleinen Steinofen, den wir mit getrockneten Kameldung anfeuerten. Um nicht zu viel Wasser zu verbrauchen sammelten wir immer wieder Schnee in den leeren Flaschen und reinigen diesen mit Jodtropfen, was sich generell auf der Reise bewährt hat. Am dritten Tag kamen wir langsam dem Gebirge näher, dessen Größe wir aus der Ferne völlig unterschätzt hatten. Wir übernachteten wieder im Zelt geschützt durch eine alte Hirtenmauer, an der normalerweise Schafe Schutz suchen. Zu unserer Überraschung kam, während wir unser Zelt abbauten, ein Nomade in traditioneller Montur auf seinem Pferd aus dem Nichts herangeritten, schaute uns verwundert an und gestikulierte ob wir denn Hilfe benötigten. Da dem scheinbar nicht so war, wandte er sich wortlos von uns ab und ritt von dannen. Die darauf folgende Nacht war trotz dicker Daunenschlafsäcke sehr kalt und das stetige Wehen des Windes nagte an den Nerven. Wibke meinte daraufhin, dass dies definitiv der Richtige Ort zum Durchdrehen sei und wir dem an dieser Stelle nicht viel entgegenzusetzen hätten; aus diesem Grund drehten wir uns um 180° und machten uns geradewegs auf den Rückweg. Nach zwei weiteren Nächten kamen die Stromleitungen wieder in Sichtweite und man erkannte auch ab und an wieder ein Auto in der Ferne. Als wir die „Straße“ erreichten, setzten wir uns mitten auf einer der zahllosen unbefestigten Spuren und warteten, denn es war schon spät und weitergehen hätte sich nicht mehr gelohnt. Darum versuchten wir eventuell noch per Anhalter zurückzufahren. Dies wurde dann überraschenderweise nach zwei Stunden vom Erfolg gekrönt, als uns ein uraltes Mongolisches Pärchen in ihrem Pickup mitnahm. Nach weiteren zwei Stunden erreichten wir durchgefroren aber zutiefst vom Glück erfüllt das Chicken House und waren wieder geborgen.

Singende Dünen und Brennende Klippen
Soko half uns dann kurzfristig für die darauffolgenden Tage einen Fahrer samt Fahrzeug zu organisieren, da man als Ausländer nur mit Genehmigung ein Fahrzeug führen darf. Mit unserem neuen, sehr wortkargen aber sympathischen Wegbegleiter fuhren wir dann mehrere Stunden durch die Gobi Richtung Nord-Westen, zahlreiche Sandstürme und Kamelherden begleiteten uns und in der Ferne ragten riesige weiß-gelbe Wände auf, der höchste Teil der 200km langen Dünenkette, welche immer weiter in die ansonsten grasige, karge Steppe hineinwandern. Da der Sand in ständiger Bewegung ist, geben die Dünen zum Teil mehrere Minuten lang ein markdurchdringendes tiefes Brummen von sich. Dieses ist bei Windstille, die wir nicht einmal hatten, angeblich mehrere Kilometer weit zu hören; daher werden sie auch „singende Dünen“ genannt. Da der Wind mittlerweile noch stärker geworden war, erklärte uns unser Fahrer, dessen Namen wir leider nie herausbekommen haben, mit Händen und Füßen, dass wir anstatt unseres Zeltes auch ein verlassenes Ger benutzen dürften, da die Bewohner zu dieser Jahreszeit wahrscheinlich in der Hauptstadt lebten. Sobald wir die Tür hinter uns zugemacht hatten, herrschte endlich Windstille und so verbrachten wir eine lange friedliche Nacht im Schatten der Dünen. Am nächsten Morgen fuhren wir weiter zu den Flaming Cliffs, einer roten, sehr weichen Sandsteinformation, an der man angeblich immer noch Saurierknochen finden kann. Erfolglos und vom Wind geplagt, brachen wir unsere Suche jedoch frühzeitig ab, schliefen noch eine Nacht in einem Ger und fuhren am nächsten Tag wieder zurück nach Dalanzadgad. Dort verbrachten wir krankheitsbedingt noch einige Tage ehe wir uns die 12 Stunden mit dem überfüllten Minibus nach Ulaanbaator zumuteten. In Ulaanbaator gönnten wir uns noch einige ruhige Tage mit Essen und Schlafen ehe wir uns dann mit dem Zug Richtung Baikalsee aufmachten.

Fazit
Die Mongolei ist grundsätzlich sehr zu empfehlen! Die Landschaft ist einzigartig, faszinierend und auf eigene Art und Weise vielseitig. Die Menschen, vor allem außerhalb der Hauptstadt, sind äußerst gastfreundlich und hilfsbereit. Dabei zieht einen das Leben und die Geschichte der Nomaden magisch in seinen Bann. Jedoch ist aufgrund der schieren Größe des Landes und der geringen Infrastruktur reisen stets mit einem nicht zu unterschätzendem finanziellen Aufwand verbunden, zusätzlich dazu sind die Alltagskosten auf einem ähnlich Niveau wie in Deutschland. Es gibt generell vielseitige touristische Angebote. Jedoch haben wir aufgrund der Jahreszeit außer in Ulaanbaator, nicht viele Reisende getroffen.

Beste Reisezeit:
Von Mai bis Anfang Oktober, wobei die angenehmste Zeit zwischen Juni und September ist. Im Frühjahr herrschen vor allem in den südlichen Teilen starke dauerhafte Winde. Generell ist das Klima sehr trocken und kontinental, dabei steigen die Temperaturen im Sommer bis knapp 30°C, unterschreiten jedoch im Winter dauerhaft -20°C.

Anreise:
Es gibt generell zwei Möglichkeiten der Anreise. Die einfachste ist der Flug in die Hauptstadt Ulaanbaator, welche zahlreiche internationale Fluglinien anbieten. Des Weiteren bietet sich die Einreise mit der Transmongolischen Eisenbahn an, welche einerseits als Teil der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau aus quer durch Russland, andererseits von Peking aus verkehrt. Wir nutzten bei unserer Tour die letztere Möglichkeit. Ein eigenes Fahrzeug zu führen ist grundsätzlich schwierig und mit erheblichem behördlichen Aufwand verbunden.

Einreise:
Für die Einreise ist ein Visum erforderlich. Dieses kann man einerseits selbst auf der mongolischen Botschaft beantragen (was wir in Hohot – China taten) oder man beauftragt eine Reiseagentur. Letzteres ist einfacher jedoch auch teurer. Es ist darauf zu achten, dass der Reisepass noch mindestens ein Jahr gültig ist.

Sprache:
Die Amtssprache ist Mongolisch, dabei wird das kyrillische Alphabet verwendet. Generell kommt man mit Englisch nur in touristischen Einrichtungen gut aus. In der breiten Bevölkerung wird dieses jedoch kaum gesprochen, bessere, oder zumindest ähnlich gute Chancen hat man erstaunlicherweise mit Deutsch. Im nördlichen Teil der Mongolei spricht ein Großteil der Menschen neben der Landessprache fließend Russisch.

Geld:
Die Landeswährung ist Tugrik, welche man ohne Probleme an den Bankautomaten in größeren Städten abheben kann. Daneben werden in einigen touristischen Einrichtungen auch Dollar und Euro akzeptiert (dabei sollte man aber genau auf den Tauschkurs achten). Grundsätzlich hat sich die Mongolei entgegen unserer Erwartung als ähnlich teuer wie Deutschland herausgestellt.

Unsere einzige Vorbereitung auf das Land war das Gespräch mit einigen anderen Reisenden, daher kann ich an dieser Stelle auf keine konkreten Internetseiten verweisen.

  • Der rege Austausch zwischen der Mongolei und der DDR, hat dazu geführt, dass verhältnismäßig viele Menschen Deutsch sprechen und einen allein aufgrund dieser Gemeinsamkeit herzlich empfangen, daher lohnt es sich wirklich abseits der Touristenhauptwege mal zu versuchen auf Deutsch beispielsweise nach dem Weg zu fragen.
  • Es ist grundsätzlich möglich, mit recht wenig Geld in der Mongolei zu reisen, jedoch sollte man dafür erheblich mehr Zeit und gewisse bis erhebliche Abstriche am Komfort einplanen.
  • Die Mongolei ist im Wesentlichen ein sicheres Land für Reisende, jedoch sollte man sich vor allem in Ulaanbaator zu den Nachtstunden vorsichtig bewegen, da es ab und an zu Überfällen kommt.
  • In vielen Gegenden sind streunende Hunde ein gewisses Problem.
  • Campen ist mit Ausnahme der Grenzregionen zu Russland und China und einigen Naturschutzgebieten überall erlaubt, jedoch sollte man zum Schutze der Umwelt auf die Nutzung von Holz gänzlich verzichten. Alternativ bietet sich getrockneter Dung als perfektes Brennmaterial an.

Einen guten Überblick über das Land, einfaches Kartenmaterial zur Orientierung und erste Anlaufstellen für Unterkunft und Verpflegung gibt der Lonely Planet Mongolia. Man sollte sich jedoch darauf einstellen, dass die dort vorgestellten Lodges zur Hochsaison ziemlich überlaufen sind und man durch eigene Recherchen und lokalere Angebote einiges an Geld sparen kann.

„Mongolei – Unterwegs im Land der Nomaden ISBN 978-3-89794-117-5″ legt größeren Fokus auf die Natur und die damit verbundenen Unternehmungen wie beispielsweise Trekking, sowie auf die Kultur der Nomaden.

Ein unbezahlbarer Tipp, den ich gerne weitergeben möchte, ist das Universalwörterbuch „Point it: Traveller’s language kit“, welches, nachdem man seine persönliche Hemmschwelle überwunden hat, ein stets hilfreicher Weggefährte ist, um jegliche Sprachbarrieren spielerisch zu überwinden.

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