Dein Abenteuer beginnt hier!
Lukas
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17. Mai 2017
Das Ende der Welt hat einen Namen: Lyngen. Die abgelegene Insel in Nord-Norwegen bei Tromsø liegt kurz unterhalb des Nordkaps und mündet in den Atlantik. Der perfekte Ort für eine Woche Splitboarden. Einer der anvisierten Gipfel dieser Woche war der Daltinden.
Splitboarden verbindet das Skitourengehen im Aufstieg mit dem Snowboarden in der Abfahrt. Ein Splitboard hat in der Regel den Shape eines Freeride-Snowboards und kann der Länge nach in zwei Skier “zerteilt” werden. Dafür löst man lediglich die Bindung und steckt sie für den Touring-Modus wieder auf die einzelnen Ski auf. So können auch Snowboarder Skitouren laufen.
Lyngen ist ein Paradies für Skitourengeher. Hunderte Berge in sämtlichen Schwierigkeitsgraden und allen Expositionen, dazu kommen die guten Bedingungen im Frühjahr – die Halbinsel in Nordnorwegen zieht jährlich Freerider aus aller Welt an. Grund genug, es Mitte April 2017 endlich selbst einmal auszuprobieren. In Svensby, etwa 40 Autominuten vom Tromsø entfernt, stand die angemietete Hütte. Jeden Morgen entschieden wir uns entsprechend der Schnee- und Wetterverhältnisse für einen Berg und machten uns mit einem Mietwagen auf den Weg.
Der Daltinden
1533 Meter hoch, Hänge mit bis zu 30 Grad Neigung – das Ziel am dritten Tage unser Skitouren-Woche auf Lyngen heißt Daltinden. Startpunkt ist auf Meereshöhe direkt am Ufer des Kafjords. Das Wetter scheint vielversprechend, die Vorhersage lautet Sonne mit ein paar wenigen Wolken – ideal für einen schönen Nordhang mit Pulverschnee. Die Krux liegt jedoch im Zustieg. Bevor wir den Aufsteighang erreichen, müssen wir auf Fellen vom Parkplatz aus in der Ebene mit äußerst geringem Höhenunterschied fünf Kilometer in das Varas-Tal hineinlaufen. Vor allem auf dem Rückweg wird sich dieser Streckenabschnitt auf dem Splitboard noch als schwierig erweisen.
Ist diese erste Hürde mal geschafft, folgt ein mäßig steiles Stück bis oberhalb der Baumgrenze. Leider sind die Wetterberichte hier oben keineswegs zuverlässig. Zwar geben sie zumindest eine grobe Tendenz, was zu erwarten ist, aber von einer Sonnengarantie ist man weit entfernt. Und so ziehen, kaum haben wir den Aufstieg begonnen, auch schon die Wolken auf. Innerhalb von Minuten sind wir in eine dichte Nebelwand gehüllt und der Wind bläst uns kalt um die Ohren. Zum Glück ist der Aufstieg recht angenehm: Nicht zu steil, weicher Schnee und guter Halt.
Der Gipfel kommt einfach nicht näher
Spitzkehre um Spitzkehre geht es hinauf, ohne dass der Gipfel in Sicht kommt. Die Jacke, die ich zu Beginn des Anstiegs noch ausgezogen hatte, wird jetzt zu meiner Lebensversicherung. Auch die dünnen Tourenhandschuhe wandern nun in den Rucksack und werden durch dickere Winterhandschuhe ersetzt. Eingelullt in die wärmsten Klamotten wird es nun ernst. Die steilsten Hangpartien lassen sich auch ohne Harscheisen problemlos aufsteigen. Die Spitzkehren werden zunehmend komplizierter, doch mit geübter Technik ist auch das kein Problem.
Der Aufstieg wird zu einer Art Meditation. Schritt für Schritt, den Blick auf die Spur und das Gesicht unter der Skimaske vergraben schweifen die Gedanken davon. An irgendeinem Punkt wird mir plötzlich klar, an die letzte halbe Stunde quasi keine Erinnerung zu haben – der hypnotische Effekt auf Skitouren. Erst als es plötzlich flacher wird, kehren meine Gedanken ins Hier und Jetzt zurück. Ist das etwa der Gipfel? Leider nein! Hinter der kleinen Schneekuppe geht es weiter bei 30 Grad nach oben. Hinter mir höre ich lautes Fluchen. Meinem Touren-Partner ist doch tatsächlich die Bindung gebrochen. Was im ersten Moment nach dem Ende der Tour aussieht, wird schnell zur handwerklichen Meisterleistung. Mit etwas Draht und einem Kabelbinder ist das Leck schnell repariert und es kann tatsächlich weitergehen.
Gipfelfoto und Abfahrt
Die Trinkpausen werden bei dem Wind auf ein Minimum reduziert, da die Gefahr droht zu erkalten, sodass der Aufstieg zur Qual statt zum Vergnügen wird. Nach drei Stunden zeichnet sich der Gipfel ab, er ist nur noch wenige Höhenmeter entfernt und siehe da – die Sonne kommt raus! Wie gerufen ziehen die Wolken davon und warme Sonnenstrahlen begrüßen uns auf 1533 Meter. Jeder Meter von Meereshöhe an ist hart erarbeitet. Die Gipfelschokolade darf natürlich nicht fehlen bei dieser wunderschönen Aussicht auf die umliegenden Berge, den Fjord und den in der Ferne liegenden Atlantik.
Kurze Zeit später ist das Splitboard in den Ride-Modus umgebaut und wir fahren den Südhang ein Stück rechts der Aufstiegspur hinab. Die Sonne und die gute Sicht bleiben uns erhalten und wir finden feinsten Powder vor auf dem Weg nach unten. Auch wenn hier täglich eine handvoll Tourengeher hinauflaufen, ist noch reichlich Platz für neue Spuren – sogenannte „First-Tracks“. Große und gleichmäßige Lines zieren den Hang als wir wieder unten im Tal angekommen sind und nochmal hinaufblicken. Bleibt noch der Rückweg zum Parkplatz! Das bedeutet wieder anfellen und zurücklaufen, der einzige wirkliche Nachteil dieser unfassbar schönen Tour auf den Daltinden.
Doch eine Stunde später ist das Fjordufer wieder erreicht, pünktlich bevor die Blasen an den Fersen entstehen. Das Auto wird bepackt und wir machen uns auf den halbstündigen Heimweg zurück nach Svensby, wo uns ein kohlenhydratreiches Abendessen erwartet, um Energie zu tanken für die Tour am nächsten Tag.
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