Der Weg dorthin
Der Weg nach Patagonien und zur Carretra Austral ist weit. Wenngleich es gewiss eine Frage der Zeit ist, lohnt sich die Anreise mit dem Frachtschiff. Rückblickend betrachtet sind die unermesslichen Weiten des Atlantik bereits eine wunderbar gelassene Verheißung der Naturwunder Patagoniens. Ein perfekter Gegenpol. Probiert es aus!
Etwas weniger zeitaufwendig ist die Anreise mit dem Flugzeug und einer Tour durch die Pampa Nordargentiniens. Von Buenos Aires aus kommend führt der Weg notwendigerweise durch die flirrenden Ebenen der Pampa. Für Selbstfahrer empfiehlt sich der Weg über Santa Rosa, vorbei am (und durch den?!) kleinen aber feinen Nationalpark Lihué Calel. Vor allem für jene, die sich hernach der Carretera Austral anvertrauen werden ist diese Anfahrt ein herrlich schweißtreibendes Kontrastprogramm zum regnerisch kühlen Klima der Carretera. Die ‘Einfahrt’ nach Patagonien über Neuquen nach Bariloche verleitet dann zum ersten Mal die Benutzung eines Wortes, welches man im Verlaufe einer Reise durch Patagonien geradezu verschwenderisch gebrauchen wird. Die Fahrt in und durch das Tal des Flusses Limay ist spektakulär!
Alternativ bietet sich eine Busfahrt von Buenos Aires nach Bariloche an. Es gibt Nachtbusse mit Sitzen, die sich komplett in ein Bett verwandeln lassen. Von dort aus ist es ein Katzensprung zum Ausgang der Carretera Austral in Chile. Der Grenzübertritt via der 3 Seen-Route ist – Achtung: spektakulär. Alternativ kann man auch über den Landweg nach Chile fahren und einen Teil der 7-Seen-Route nördlich von Bariloche abfahren. Auch dies ist eine Zeitfrage. In jedem Fall aber ein lohnender ‘Umweg’.
Auf chilenischer Seite fährt man von Santiago de Chile auf der Pan-Americana gen Süden, gern auch bis zu ihrem offiziellen Ende in Quellon auf der Insel Chiloe! Alternativ nimmt man den Bus nach Puerto Montt. Dort beginnt die Bundesstraße 7. Die Carretera Austral!
URUGUAY
Möglicherweise lag es an der damalig allgemeinen medialen Präsenz der Themen Mauer und Grenzen (Trump, Flüchtlingskrise) – doch der erste (und bleibende) Eindruck einer Fahrt durch Uruguays Hinterland bestand vor allem in einem: ZÄUNE.
Ein jedes Stückchen Erde scheint hinter einem Zaun zu liegen. Die Suche nach einem Schlafplatz wird so zu einer echten Herausforderung. Wenn man nach 3 Stunden in der Sonne endlich einen schattenspendenden Baum gefunden hat, befindet sich dieser nicht selten – hinter einem Zaun.
Gewiss. Zäune kann man überwinden. Als ich diese herrliche Regel in einem Regenguss in einem Anflug von Kühnheit anwendete, sah ich mich 20 Minuten später in hitzige Diskussionen mit der eigens für mich, den Vagabunden, herbeigeholten Polizei verwickelt, die sich immerhin dazu bereit erklärte, mich nicht zu verhaften, wenn ich gleich jetzt und sofort in den Regen hinauspedale, vor dem ich schlicht und ergreifend Schutz gesucht hatte.
Doch das Universum besitzt die einzigartige Fähigkeit, alles und jedes in der Balance zu halten. Tage nach meinem Diskurs mit der uruguayischen Polizei saß ich im schattigen und zugleich lichtgefluteten Hof der katholischen Kirche von …. Karl, der deutsche Pfarrer hatte mich spontan zu einem BBQ eingeladen und mir zugleich ein Zimmer für die Nacht angeboten. Und da saß ich dann, saugte die Informationen und Gespräche auf, die eine Reise mit dem Rad so einzigartig machen.
Da meine Fahrt durch Uruguay in diesem Rahmen “nur” die Anreise nach Patagonien darstellt, sei mir an dieser Stelle diese kurze Fazit erlaubt. Es fühlt sich beinahe “europäisch” an, durch Uruguay zu radeln. Jedes Fleckchen Erde (entlang meiner Route) ist in Benutzung. Unabhängig von meinem polizeilichen Zwischenspiel macht es einfach Spaß, sich unterwegs in Gespräche über Gott und die Welt verwickeln zu lassen. Hinfahren!
ARGENTINIEN
Meine ersten Meter auf argentinischem Boden legte ich im Gewimmel der Straßen Buenos Aires’ zurück. Ich fühlte mich vom ersten Augenblick an wohl in dieser Stadt. Sie verbreitet eben jene gelassene Atmosphäre einer Küstengroßstadt, die jedwede Hektik wie durch Zauberhand in ein gemächlicheres “Laissez faire!” verwandeln (können).
Doch Patagonien wartete. Da ich zeitlich durchaus spät dran war, fuhr ich mit dem Nachtbus nach Santa Rosa – der Hauptstadt der Pampa. Die kommenden 500 Kilometer befand ich mich in meinem Element. Die nahezu baumlosen Ebenen der Pampa machen den Blick frei auf einen endlosen, in der Hitze flirrenden Horizont. Weiße Schäfchen-Wolken vor dem Hintergrund eines blauen Himmels verbreiten eine gewissen Postkartenidylle.
In den Weiten der Pampa ist eine gute Vorbereitung gefragt. Die nächste Versorgungsstelle kann durchaus weit über 100 Kilometer entfernt sein. Bei Gegenwind ist das eine Herausforderung. Ich habe an einem Tag 9 Liter Wasser getrunken – soviel Wasser muss man erst finden respektive transportieren.
Doch die Pampa dankt es einem. Der Blick auf die von den letzten Sonnenstrahlen in ein warmes Rotbraun getauchten Weiten von den Hängen eines kleinen Gebirgszuges im Nationalpark Lihué hallt noch lange nach.
Bariloche sei an dieser Stelle nur kurz gestreift. Die Hauptstadt (argentinisch-) Patagoniens ist DAS Mekka für alle Outdoorer. Ob Touren mit dem Kajak, Canyoning, Trekking oder Paragliding – man kann es durchaus für ein, zwei Wochen hier aushalten – und hat immer noch ganz Patagonien vor sich.
Ich wählte schließlich die 3-Seen-Route für meinen Grenzübertritt nach Chile, eine teils verschlungene Strecke durch die Berge verbunden mit 3 Fährüberfahrten.
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