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USA – Wild, beautiful, colorful: Utah

USA – Wild, beautiful, colorful: Utah

Bei meinem Streifzug durch Utah, der in Salt Lake City startete und zunächst durch die berggeprägte Landschaft des nördlichen Teils führte, war ich auf der Suche nach Wüste. Eigentlich war Utah nur im Weg zu meinem Ziel: Grand Canyon. Doch es stellte sich heraus, dass es ein famoser Bundesstaat für Radreisen ist, der durch viel Landschaft und wenig Besiedlung besticht! Dies führte dazu, dass ich einige Umwege in Kauf nahm und somit von Salt Lake City Richtung Süden zwischen I15 und 89 großen Straßen aus dem Weg ging, um dann kurz hinter Salina auf der 24 Richtung Capitol Reef zu fahren. Dort fand ich die UT12 und von der möchte ich hier am meisten erzählen!

Zunächst sei gesagt: Es stimmt, Wüste ist heiß und trocken, die Sonne sengend, der Boden mit dornigem Zeug bewachsen, durchsetzt und bedeckt. Jedenfalls meistens. Das war’s dann aber auch schon an Deckungen mit meinen (innersten) Erwartungen an die Wüsten Utahs.
Wider besseren Wissens, dass die Bezeichnung Wüste nämlich nur auf ein sehr arides Klima hinweist und dadurch auch auf wenig Vegetation, hatte ich vor allem zwei Dinge erwartet: Sand und Gelb.

Ein paar Fakten zu Utah
Insofern war es im wahrsten Sinne des Wortes eine Enttäuschung, als ich die Wüste erreichte, und doch auch genau das Gegenteil. Denn Utah, das ist ein verdammt schöner Bundesstaat. Sehr dünn besiedelt, im Norden echte Berge (3000er keine Seltenheit) und „wilderness“-Gebiete, was die höchste Naturschutzkategorie in den USA ist und besagt, dass dieses Gebiet sich in einem Zustand befindet, der vermutlich dem gleicht, als es noch keine Menschen (in der Region) gab.
Wunderwunderschön! So weit weg war ich noch nie von Zivilisation. Was auch ein bisschen gruselig war, denn wäre was passiert, es hätte bestimmt auch 127 Stunden gedauert. Aber damit muss man sich abfinden, schätze ich, wenn man auf der Suche nach Natur ist, und deshalb tat ich’s und genoss.

Die Straße UT 12
Relativ schnell landete ich auf der UT 12, der absolut – und der Superlativ ist sicher gerechtfertigt – schönsten Straße, die ich kenne. Leider auch – abermals angebracht – unter den widrigsten Bedingungen!

Wüste kann so bunt sein
Erst platzten mir Lunge und Oberschenkel beim Erklimmen des Boulder Mountains (950 m aufwärts) und dann mein Kopf. Meine Kinnlade fiel runter, um den Druck entweichen zu lassen, und blieb dort bis zum Abend hängen. Ich bemühte mich, zu fassen, zu begreifen, mir bewusst zu werden – aber scheiterte. Einfach umgehau’n von einer unerwarteten Landschaft.
Oben auf dem Berg regnete es leicht, man sieht in einen Kessel hinab, der weit, weit unter einem liegt. Der Höhepunkt der Straße ist bei 2900 m, es folgt eine Abfahrt, mit kurzer Unterbrechung, auf 1600 m. Die fängt nicht sonderlich spektakulär an, tatsächlich war ich ein bisschen enttäuscht.
Ungefähr 1000 m haben nicht mehr zu bieten als vorbeizischende Wälder, dann ein kleiner Ort (Boulder), kurzer Anstieg – UND!
plötzlich fährt man auf einem kurvigen Grat bergab. Zur Linken wie zur Rechten riesige Canyons, drei- oder vierhundert Meter tief, farbenfroh.

Tierische Nachbarn
Obwohl es bewölkt war und die Farben dadurch nicht so richtig leuchten konnten, war ich einfach erschlagen von dieser Schönheit. Ich rollte noch hinab in den rechten Canyon, füllte mein Wasser an einem kleinen Bach auf (ein Hoch auf einen Wasserfilter!) und ging schlafen.
Ich hatte eine waschechte Boofe gefunden und verzichtete daher aus Sentimentalität auf mein Zelt. Ich hab’s bereut. Sooo viele unbekannte Insekten, die das Licht meiner Stirnlampe unwiderstehlich fanden. Etwas wie übergroße Ohrenkneifer, die, wenn man sie wegschnippen will, unkontrolliert 30 – 40 cm wegspringen. Oder riesige Weberknechte, die superschnell rennen können und zwei nochmals signifikant längere Beine besitzen, die sie als Fühler verwenden.
Ekelig! Gruslig! Aber … es war eben nicht ganz legal, wo ich schlief (national recreation area, was einem Nationalpark ohne Eintritt gleicht, day-use only) und ohne Zelt war ich unsichtbar.
Ich stand es durch und sobald das Licht aus war (aus den Augen, aus dem Sinn), konnte ich auch ganz gut vergessen, was um mich herum geschah. Nur war ich etwas angespannt, weil mir irgendwann beim Einschlafen einfiel, dass ich mich im Schlaf ja auch auf einen Skorpion drehen könnte … Ich war also peinlich darauf bedacht, mich nicht zu drehen. Kurzum:
Es war meine letzte Nacht ohne Zelt in der Wüste.

Alles anders im Sonnenlicht
Morgens war ich früh auf der Straße und knüpfte nahtlos an meine Begeisterung des Vorabends an, es gab auch allen Grund dazu! Aber auf eine Abfahrt folgt ein Anstieg (was nunmal die Reihenfolge auf einer Radtour ist, nicht andersherum!) und es war steil und heiß und atemberaubend schön. Die Sonne brannte mir auf Schultern, Nacken und Netzhaut.
Wie diese Wüste leuchtet, wenn die Sonne scheint! So ging es weiter, die Schönheit lockte mich Meter um Meter stets um die nächste Kurve, ich kam aus dem Staunen nicht raus, fuhr langsam, um diese Gegend, die den letzten weißen Fleck auf den Karten der USA darstellt, zu genießen (und zugegeben: weil es bergauf ging und mir die Hitze ziemlich zu schaffen machte).
Als ich jedoch über die Kuppe rollte, eröffnete sich meinen Augen zum einen ein ausladenes Tal eingegrenzt von einer riesigen Steilklippe, 200 Meter, die da völlig aus dem Zusammenhang gerissen einfach eine Stufe in der Landschaft (namensgebend für Grand Staircase of the Escalante National Monument) bildet, und zum anderen eine dunkle, bedrohliche Gewitterfront, die der Wind auf mich zublies.

Andere Gerüche
Also ein kleines Wettrennen zur nächsten Stadt! Ich hab gewonnen! Gerade als ich den örtlichen Supermarkt erreichte, fing es an zu tröpfeln. Während ich meine Vorräte auffüllte, ließ sich das Wetter völlig gehen, sandte Wassermassen, die einen Vergleich mit dem Monsun nicht zu scheuen brauchen.
Ach, wie herrlich das roch! Regen an einem heißen Tag riecht ja schon bei uns zu Hause wunderbar, aber hier hat er so viel mehr Aromen, Intensität … ich schätze, weil der Boden heißer ist – und weil ich inzwischen nicht mehr rauchte.
Nussig. Ich würde sagen, eine deutliche Walnussnote schwingt mit. Naja, irgendwann war ich jedoch fertig mit meinen Einkäufen und hatte auch alles wasserfest verpackt, der Regen jedoch dauerte an. Und es dauerte und dauerte …

Nächste Gewitterfront
Die 12 bleibt weiterhin eine unvergleichlich schöne Straße mit angenehm wenig Verkehr. Und zwischendurch ließen sich die Wolken vom Wind dazu hinreißen, die Wüste wieder leuchten zu lassen. Auf dem Höhepunkt des nächsten Anstiegs wurde ich jedoch von einer weiteren Gewitterfront eiskalt erwischt und da mit dieser ein Temperatursturz einherging, gelang es mir nur für kurze Zeit (bis meine Hände wehtaten), mich auf das Wetter einzulassen und das ganze als Erfahrung zu betrachten. Ich strich relativ schnell die Segel und baute mein Zelt im Regen auf. Als ich fertig war, hörte es auf.

Geht es schlimmer?
Morgens wurde ich von einem Donnerschlag geweckt, der nahezu sofort von einem Trommelwirbel melonengroßer Regentropfen auf mein Zelt unterstrichen wurde. Und meine Isomatte hatte über Nacht eine faustgroße Blase gebildet. Kein guter Start in den Tag. Man könnte auch sagen: Meine Reise wurde realistisch. Kann ja nicht immer alles wie geschmiert laufen, wa?
Ich war in der Stimmung, einfach liegen zu bleiben und das tat ich auch. Ich döste und lauschte dem Regen und langweilte mich. Regenpause, nur noch ein sanftes Rauschen von irgendwoher. Ich hatte vor, das miese Wetter auszusitzen, meine Beine würden es mir danken, dachte ich. Ich wollte die Pause nutzen, um Wasser zu holen, am Vortag hatte ich meinen Lagerplatz vielleicht 200 Meter weit weg von einem kleinen Bach aufgebaut.
Als ich das Zelt verließ, durfte ich einige Dinge feststellen, mit denen ich nicht gerechnet hatte: Eine Ecke meines Zeltes stand nun 5 cm weit weg von einer großen Pfütze. Ein kleines Bächlein hatte sich auf der anderen Seite gebildet und der Bach, den ich schon kannte, war nicht mehr da. An seiner Stelle ein riesiger rauschender schlammiger Strom inklusive Stromschnellen, die das vernehmbare Rauschen verursachten. Na toll. Zelt umsetzen oder zusammenpacken und ein bisschen weiterfahren?

Auf nach Bryce
Zweiteres. Als ich gerade aufgesattelt hatte, wurde ich auch freudig von kalten Tropfen umarmt. Über Nacht war es auf 14 Grad abgekühlt. Was soll denn das für eine Wüste sein?! Egal, die Nacht verbrachte ich in einer Scheune, allen „No Trespassing“- Schildern zum Trotz. Man würde schon verstehen … aber ich wurde auch nicht erwischt.
Der Morgen war verregnet, Bryce nur noch 30 km entfernt. Ich pfiff mir eins und machte mich auf den Weg. Als ich am Ziel ankam, war es zwar wolkig und kühl, aber im Vergleich: herrlichstes Wetter! Und dieser kleine Nationalpark ist schlichtweg unglaublich. Eine Kleckerburg in Rottönen, ein Labyrinth aus Termitenbauten, über all dem der Zauber vergangener Kultur schwebend.

Der Canyon liegt mir zu Füßen
40 km ist die gegenüberliegende Seite entfernt, und da der Norden ca. 250 m höher liegt als der Süden, sieht man über sie hinweg und es zeichnen sich blaue Berge in schier unendlicher Ferne ab. Es breiten sich Schluchten vor einem aus, für die es keinen Vergleich gibt. Tief, weit, farbig, schroff, abrupt …
Ihr kennt ja die Bilder. Besser kann man wohl keinen Eindruck vermitteln – und doch ist es lächerlich! Von der Kante aus betrachtet ist der Canyon einfach unbegreiflich, malerisch und schön. Mächtig und umwerfend. Doch ich hatte das für mich immer noch unfassbare Glück, ein permit zu bekommen, das es mir gestattete, eine Wanderung zum Colorado River zu machen mit 3 Übernachtungen. In den Canyon hinabzusteigen, für die Dimensionen, den Maßstab der eigenen Entbehrungen zu bekommen, ist einfach unglaublich schön.

Die Schmerzen lohnen sich
1756 m Höhenunterschied sind zwischen Fluss und North Rim zu überwinden und wer schonmal mit Rucksack wandern war, der weiß: Ob es jetzt bergauf oder bergab geht, schnurzpiepe, bald sehnt man sich nach der Waagrechten. Ich hatte auch meine physischen Problemchen, Hitze und rutschiger Boden machten mir zu schaffen und ab dem zweiten Tag hatte ich mit verhärteten Wadenmuskeln klarzukommen.
Aber drauf gepfiffen! Jederzeit wieder! Ich sah Skorpione, Eidechsen und Schlangen, Taranteln und Vögel, hin und wieder auch einen Menschen. Wasserfälle und glasklare Bäche, aß Kaktusfeigen (Stacheln abbrennen) und jede Kurve wartet mit einem neuen ergreifenden Ausblick auf. Es ist wirklich wie ein invertierter Berg (was als Sicherheitshinweis gemeint ist, um die Zahl der Rettungseinsätze etwas zu begrenzen).
Wird es bei Bergen in der Regel umso schöner, je weiter man sie besteigt, so ist es beim Canyon umgekehrt. Je tiefer man in ihn vordringt, desto mehr begreift man, dass man nie begreifen wird. Desto klarer werden die absurd riesigen Dimensonen.

Beste Reisezeit:
Für eine Tour, deren Nächte im Zelt und deren Tage auf dem Rad oder wandernd gestaltet werden sollen, bieten sich Frühling und Spätsommer an. Bei Nord-Süd-Verlauf Mai/Juni bzw. September/Oktober. Obwohl es klimatisch sehr trocken ist, sollte Regenausstattung mitgeführt werden, denn Gewitterstürme sind keine Seltenheit!

Anreise:
Ganz Utah scheint schön zu sein. Es hängt sehr davon ab, wohin ihr wollt. Durch die geringe Besiedlungsdichte ist die unautonome Fortbewegung nur mit Einschränkungen möglich.

Einreise:
Es sind die USA. Ich empfehle dringend, sich umfassend mit den Einreisebestimmungen mittels offizieller Quellen zu informieren. Alles kein Hexenwerk, aber dennoch relativ bürokratischer Aufwand, vor allem für Aufenthalte von mehr als 90 Tagen.
Entsprechend rechtzeitig drum kümmern, da behördliche Bearbeitungszeiten berücksichtigt werden müssen!

Sprache:
Es sind die USA. Ich habe mangels Fähigkeiten nie versucht, mich in anderen Sprachen als Englisch zu verständigen, bin aber grundsätzlich skeptisch, ob es als möglich zu bezeichnen wäre.
Es ist jedoch vielleicht beruhigend anzumerken, dass ich stets mit sehr viel Geduld und Bemühen konfrontiert wurde, auch wenn ich eventuell mal an die Grenzen meiner Spreche kam! Keine Scheu!

Geld:
Wie sicherlich schon manche gehört haben, ist die Kreditkarte als Zahlungsmittel sehr verbreitet.
Da ich diese jedoch selbst nicht gewöhnt war, wickelte ich den größten Teil bar ab. Oder mit EC-Karte.

Tipp am Rande:
In den meisten großen Supermärkten kann man sich Bargeld auszahlen lassen und damit Automatensuche und -gebühren umgehen! Cash back heißt das dann.

Zeltplätze:
Für die backcountry Zeltplätze in Nationalparks braucht man eine Genehmigung (permit), die an Tag und Personenzahl gebunden ist. Man kann diese online vorab buchen, gegen Zusatzgebühr, oder vor Ort bei der Nationalpark Verwaltung bekommen. Mit etwas Flexibilität ist die zweite Möglichkeit deutlich zu empfehlen! Natürlich kann es vorkommen, dass man seinen Reiseplan um ausgebuchte Zeltplätze herumarrangieren muss, jedoch hat man so auch die Möglichkeit, sich mit der kurzfristigen Wettervorhersage abzustimmen. Pro Person belaufen sich die Kosten auf ca. 3-5 Dollar pro Nacht im backcountry.
Weite Teile Utahs sind jedoch National Forest, sozusagen Gemeingut. Zelten und Feuerholz sammeln vollkommen legal.

Zur Suche von Unterkünften mit Dusche für Radfahrende. Die Community in den USA ist immens und oftmals umwerfend gastfreundlich!
warmshowers

Auch wenn trivial, die Seiten der Nationalparks sind eine gute Adresse. Da es sich um zwei ausnehmend gut besuchte Parks handelt, lohnt es sich eventuell, tatsächlich Zeltplätze zu reservieren und sich vorab um permits zu bemühen.
Der North Rim ist schöner. Aber auch sehr viel schwerer zu erreichen. Dadurch ist er gegenüber dem South Rim auch deutlich weniger überlaufen.
nps.gov/brca
nps.gov/grca

Bearbox, und alles andere. Das ist der Globetrotter der USA, mit erweitertem Service.
Mieten von Equipment wie bearbox möglich.
rei

Wandern, aber wo lang? Sehr gut geeignet, um zu stöbern und herauszufinden, für welche Wanderungen man versuchen könnte, einen backcountry Zeltplatz zu ergattern!
alltrails

  • Sawyer-Wasserfilter: Gerade in Regionen, die erhöhten Wasserbedarf bedingen, ein Ausrüstungsgegenstand, auf den man nicht verzichten sollte!
  • Merino-Kleidung. Auch bei Hitze besticht Wollwäsche! Der temperaturregulierende Verdunstungseffekt und die Eigenschaft, erst nach langer Zeit Gerüche anzunehmen, bringen Freude.

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