Andere Gerüche
Also ein kleines Wettrennen zur nächsten Stadt! Ich hab gewonnen! Gerade als ich den örtlichen Supermarkt erreichte, fing es an zu tröpfeln. Während ich meine Vorräte auffüllte, ließ sich das Wetter völlig gehen, sandte Wassermassen, die einen Vergleich mit dem Monsun nicht zu scheuen brauchen.
Ach, wie herrlich das roch! Regen an einem heißen Tag riecht ja schon bei uns zu Hause wunderbar, aber hier hat er so viel mehr Aromen, Intensität … ich schätze, weil der Boden heißer ist – und weil ich inzwischen nicht mehr rauchte.
Nussig. Ich würde sagen, eine deutliche Walnussnote schwingt mit. Naja, irgendwann war ich jedoch fertig mit meinen Einkäufen und hatte auch alles wasserfest verpackt, der Regen jedoch dauerte an. Und es dauerte und dauerte …
Nächste Gewitterfront
Die 12 bleibt weiterhin eine unvergleichlich schöne Straße mit angenehm wenig Verkehr. Und zwischendurch ließen sich die Wolken vom Wind dazu hinreißen, die Wüste wieder leuchten zu lassen. Auf dem Höhepunkt des nächsten Anstiegs wurde ich jedoch von einer weiteren Gewitterfront eiskalt erwischt und da mit dieser ein Temperatursturz einherging, gelang es mir nur für kurze Zeit (bis meine Hände wehtaten), mich auf das Wetter einzulassen und das ganze als Erfahrung zu betrachten. Ich strich relativ schnell die Segel und baute mein Zelt im Regen auf. Als ich fertig war, hörte es auf.
Geht es schlimmer?
Morgens wurde ich von einem Donnerschlag geweckt, der nahezu sofort von einem Trommelwirbel melonengroßer Regentropfen auf mein Zelt unterstrichen wurde. Und meine Isomatte hatte über Nacht eine faustgroße Blase gebildet. Kein guter Start in den Tag. Man könnte auch sagen: Meine Reise wurde realistisch. Kann ja nicht immer alles wie geschmiert laufen, wa?
Ich war in der Stimmung, einfach liegen zu bleiben und das tat ich auch. Ich döste und lauschte dem Regen und langweilte mich. Regenpause, nur noch ein sanftes Rauschen von irgendwoher. Ich hatte vor, das miese Wetter auszusitzen, meine Beine würden es mir danken, dachte ich. Ich wollte die Pause nutzen, um Wasser zu holen, am Vortag hatte ich meinen Lagerplatz vielleicht 200 Meter weit weg von einem kleinen Bach aufgebaut.
Als ich das Zelt verließ, durfte ich einige Dinge feststellen, mit denen ich nicht gerechnet hatte: Eine Ecke meines Zeltes stand nun 5 cm weit weg von einer großen Pfütze. Ein kleines Bächlein hatte sich auf der anderen Seite gebildet und der Bach, den ich schon kannte, war nicht mehr da. An seiner Stelle ein riesiger rauschender schlammiger Strom inklusive Stromschnellen, die das vernehmbare Rauschen verursachten. Na toll. Zelt umsetzen oder zusammenpacken und ein bisschen weiterfahren?
Auf nach Bryce
Zweiteres. Als ich gerade aufgesattelt hatte, wurde ich auch freudig von kalten Tropfen umarmt. Über Nacht war es auf 14 Grad abgekühlt. Was soll denn das für eine Wüste sein?! Egal, die Nacht verbrachte ich in einer Scheune, allen „No Trespassing“- Schildern zum Trotz. Man würde schon verstehen … aber ich wurde auch nicht erwischt.
Der Morgen war verregnet, Bryce nur noch 30 km entfernt. Ich pfiff mir eins und machte mich auf den Weg. Als ich am Ziel ankam, war es zwar wolkig und kühl, aber im Vergleich: herrlichstes Wetter! Und dieser kleine Nationalpark ist schlichtweg unglaublich. Eine Kleckerburg in Rottönen, ein Labyrinth aus Termitenbauten, über all dem der Zauber vergangener Kultur schwebend.
Der Canyon liegt mir zu Füßen
40 km ist die gegenüberliegende Seite entfernt, und da der Norden ca. 250 m höher liegt als der Süden, sieht man über sie hinweg und es zeichnen sich blaue Berge in schier unendlicher Ferne ab. Es breiten sich Schluchten vor einem aus, für die es keinen Vergleich gibt. Tief, weit, farbig, schroff, abrupt …
Ihr kennt ja die Bilder. Besser kann man wohl keinen Eindruck vermitteln – und doch ist es lächerlich! Von der Kante aus betrachtet ist der Canyon einfach unbegreiflich, malerisch und schön. Mächtig und umwerfend. Doch ich hatte das für mich immer noch unfassbare Glück, ein permit zu bekommen, das es mir gestattete, eine Wanderung zum Colorado River zu machen mit 3 Übernachtungen. In den Canyon hinabzusteigen, für die Dimensionen, den Maßstab der eigenen Entbehrungen zu bekommen, ist einfach unglaublich schön.
Die Schmerzen lohnen sich
1756 m Höhenunterschied sind zwischen Fluss und North Rim zu überwinden und wer schonmal mit Rucksack wandern war, der weiß: Ob es jetzt bergauf oder bergab geht, schnurzpiepe, bald sehnt man sich nach der Waagrechten. Ich hatte auch meine physischen Problemchen, Hitze und rutschiger Boden machten mir zu schaffen und ab dem zweiten Tag hatte ich mit verhärteten Wadenmuskeln klarzukommen.
Aber drauf gepfiffen! Jederzeit wieder! Ich sah Skorpione, Eidechsen und Schlangen, Taranteln und Vögel, hin und wieder auch einen Menschen. Wasserfälle und glasklare Bäche, aß Kaktusfeigen (Stacheln abbrennen) und jede Kurve wartet mit einem neuen ergreifenden Ausblick auf. Es ist wirklich wie ein invertierter Berg (was als Sicherheitshinweis gemeint ist, um die Zahl der Rettungseinsätze etwas zu begrenzen).
Wird es bei Bergen in der Regel umso schöner, je weiter man sie besteigt, so ist es beim Canyon umgekehrt. Je tiefer man in ihn vordringt, desto mehr begreift man, dass man nie begreifen wird. Desto klarer werden die absurd riesigen Dimensonen.
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