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Jakobsweg vom Bodensee zum Genfer See

Jakobsweg vom Bodensee zum Genfer See

Die Schweizer Etappe des Jakobswegs entspricht mit knapp 400 Kilometern 1/6 meiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg von meiner Haustür in Weißenburg i. Bay. in der Nähe von Nürnberg bis zum Ende der Welt, der Küste am Atlantik in Spanien (Kap Finisterre) über den heiligen Pilgerort Santiago de Compostela, wo der Leichnam des Heiligen Apostel Jakobus vergraben liegen soll. Die Etappe in der Schweiz war für mich das beeindruckenste Wegstück aufgrund der Artenvielfalt, Topologie und Geologie. Insbesondere für „Etappenläufer“, die Jahr für Jahr ein kleines Puzzleteil nach Santiago hinzufügen wollen, ist dieser Weg durch unterschiedliche Sprachen, Währungen und Lebenseinstellungen ein wahrer Genuss für Körper und Seele.

Natürlich ist es unabdingbar, die Schweiz zu durchqueren, wenn man auf dem kürzesten Weg zum Grab des Apostels Jakobus gelangen will. Es führen zwar weitere Jakobswege direkt von Deutschland nach Frankreich, die aber bei einem Start in Süddeutschland einen Umweg zu bedeuten hätten – aus diesem Grund bietet sich die Durchquerung des so vielseitigen Landes selbstverständlich an. Aber auch jedem, der eine Etappe auf dem Jakobsweg plant, sei die Schweiz zu empfehlen. Nirgends hat man so viele und hohe Steigungen und unterschiedliche Felsformationen auf dem Weg wie in diesem Land. Zudem fühlt man sich tatsächlich wie in einem fremden Land, da das Währungsumrechnen zu Zeiten des Euros in Europa zur Seltenheit geworden ist. Nicht nur die französische Sprachgrenze kurz vor Freiburg ist eine wahre Gradänderung, sondern auch die Freundlichkeit des Schweizerdeutsch und das unbelastete Landleben lassen die Zeit spürbar langsamer laufen und den Weg in vollen Zügen vielseitig erfinden. Natürlich wären noch etliche weitere Vorzüge dieses „extravaganten“ Landes zu erläutern.

Geschichtlicher Hintergrund

Ich möchte den allgemeinen geschichtlichen Hintergrund des Jakobswegs hier nur verkürzt darstellen: Der Apostel Jakobus der Ältere war zur Missionierung auf die iberische Halbinsel gekommen, allerdings nach seiner Rückkehr nach Jerusalem als Märtyrer im Jahre 44 hingerichtet worden. Daraufhin wurde sein Leichnam in ein Schiff gelegt und auf wundersame Weise zurück zur iberischen Halbinsel geleitet. Dort wurde der Leichnam des Jakobus an der Stelle des heutigen Santiago de Compostela bestattet und geriet daraufhin in Vergessenheit. Im Jahre 813 wurde das Grab wiederentdeckt und die Pilgerfahrt nahm zum Grab nahm ihren Lauf. Kurz darauf wurde an der Stelle des Grabes die Kathedrale des heutigen Santiago de Compostela errichtet.

Im Mittelalter hatte die Pilgerfahrt ihren Höhepunkt erreicht, die aufgrund Religionskriege im 16. Jahrhundert allerdings wieder zum Erliegen kam. Seitdem der Jakobsweg 1987 als Weltkulturerbe der UNESCO und zur ersten Kulturstraße Europas erklärt wurde, ist die Tendenz der Pilgerreisen wieder steigend. Waren es im Jahr 1978 noch 13 Pilger im Jahr, die das Grab des Heiligen Jakobus erreichten, so lag die Zahl der Ankünfte in den 80er Jahren schon im 3-stelligen, in den 90er Jahren im 5-stelligen Bereich und aktuell (Stand 2007) bei 114.026 Ankünften aus den unterschiedlichsten Erdteilen.

Gründe für die Pilgerschaft damals und heute

Gründe für die Pilgerschaft vor über 1000 Jahren waren nicht rein religiösen Ursprungs. Sie wiesen bereits Elemente des heutigen „spirituellen Tourismus“ auf, auf den ich später noch genauer eingehen werde. In erster Linie pilgerte man natürlich, um Sünden abzulegen und einen vollkommenen Ablass zu erhalten. Aber auch die Suche nach Seelenheil und die Hoffnung auf Heilung waren wichtige Indikatoren für die „peregrinos“. Vor allem aber auch die Abenteuerlust trieb viele Menschen in die Ferne. Sie war nämlich die einzige Möglichkeit, aus der streng strukturierten Welt auszubrechen und den Alltag hinter sich zu lassen.
Die heutigen Motivationen der Jakobspilger gehen auf Ansätze des spirituellen Tourismus zurück.

Wie viele Kilometer läuft man am Tag?

Die Schweiz ist für ein erstes Experimentieren auf dem Jakobsweg eher ungeeignet, da die Strecken nicht ohne sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass man von ungeübten Pilgern hört, die an Steigungen wie dem Hörnli oder dem Hagenegg (relativ zu Beginn der schweizerischen Etappe) scheitern. Selbst mir haben diese Steigungen nach knapp 3-wöchigem Gang auf dem deutschen Jakobsweg unmittelbar zuvor stark zugesetzt. Generell würde ich aber auch kein regelmäßiges Lauftraining zuhause empfehlen. Viel wichtiger ist ein leichter Anfang mit guten Schuhen in flachen Regionen mit Tageskilometeretappen von 15 bis 25 km. Hierzu eignet sich sehr schön der Wegabschnitt von Ravensburg zum Bodensee oder gar von Ulm zum Bodensee. Bei kontinuierlichem Durchhalten solcher Entfernungen kann man etwa alle 14 Tage seine Distanz um ca. 5 km steigern. Problematisch am Jakobsweg in der Schweiz sind die teilweise sehr langen Distanzen mit starken Höhenunterschieden, die eingehalten werden müssen, um eine Unterkunft zu erreichen. Deswegen ist eine gute Kondition absolut erforderlich. Meine Empfehlung wäre die strikte Einhaltung der in ENGEL 2006 (siehe Literaturempfehlung) angegeben Streckenabschnitte.

Wie lange dauert die Durchquerung der Schweiz auf dem Jakobsweg?

Generell wird bei einer Strecke von 400 Kilometern und einem täglichem Laufdurchschnitt von 20 km von 20 Tagen zur Durchquerung der Schweiz vom Bodensee zum Genfer See ausgegangen. Ich empfehle allerdings, mindestens 3 bis 4 Tage zur Erholung und Besichtigung von Orten wie Einsiedeln, Flüeli Ranft, Interlaken, Lausanne und Genf einzuplanen.

Wo übernachtet man?

Da die Schweiz ein teures und sehr touristisches Land ist, gestaltet sich die Suche der Übernachtungsmöglichkeiten mindestens genauso teuer und schwer wie in Deutschland. Empfehlenswert sind die zahlreichen Jugendherbergen auf dem Weg in Städten wie Konstanz, Interlaken, Freiburg, Lausanne und Genf. Ansonsten bieten sich auch religiöse Unterkünfte in Klöstern an (Einsiedeln, Brunnen), die allerdings auch relativ kostspielig und mit einigen Einschränkungen (Sperrzeiten am Abend etc.) verbunden sind. Trotzdem ist eine Übernachtung im kirchlichen Konvent ein absolutes Muss für jeden Pilger mit religiöser Motivation. Weiterhin gibt es selbstverständlich zahlreiche Hotels, Pensionen, Privatunterkünfte und Campingplätze. Sogar Pilgerherbergen (in Tobel) sind auf diesem kleinen Wegstück zu finden, die keinesfalls gemieden werden sollten. Leider muss man, egal wo (auch in Klöstern, Pilgerherbergen, Jugendherbergen), mit durchschnittlichen Übernachtungskosten von ca. 20 bis 25 Euro pro Person (in den jeweils günstigsten Unterkünften) oder 40 bis 50 Euro (in teuereren Unterkünften) rechnen.

Wie viel Geld brauche ich auf dem Jakobsweg in der Schweiz?

Diese Frage hängt natürlich immer sehr von der persönlichen Einstellungen einer solchen Reise und den Bedürfnissen ab. Ich als 18-jähriger, sparsamer Reisender habe durchschnittlich 10 Euro am Tag verbraucht, was allerdings mit extremen Einschränkungen verbunden ist. Insbesondere die letzte Woche des Weges und alles entlang des Genfer Sees gestaltet sich als extrem teuer. Wer hier Geld sparen möchte, sollte die Hotels meiden und hier auf das Zelt oder auf Schlafen unter freiem Himmel umsteigen. Generell würde ich mit ca. 50 bis 60 Euro am Tag rechnen, was die Schweiz zum teuersten Abschnitt auf dem Weg nach Santiago de Compostela macht.

Wie schwer sollte mein Rucksack sein?

Mein Rucksack war zu Beginn der Pilgerreise 12 Kilogramm schwer, was viel zu viel war. Deshalb habe ich nach und nach Dinge aussortiert und verschenkt oder weggeworfen, bis ich auf ein Endgewicht von etwa 7 bis 8 kg gekommen bin. Mit diesem Gewicht lässt es sich prima laufen und man kann auch noch den Wocheneinkauf im Supermarkt gut im Rucksack verstauen und mit sich herum tragen.

Wie gestaltet sich mein Tagesablauf?

Das Pilgerleben ist sehr einfach aufgebaut. Die wichtigsten Aktivitäten sind Laufen, Essen und Schlafen. Alles andere ist nur Nebensache und nicht unbedingt dazu erforderlich, um nach Santiago zu kommen. Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass die meiste Zeit des Tages mit Laufen verbracht wird. Sicherlich sollte man sich auch etwas Zeit in Kirchen verbringen und sie zum In-sich-Kehren, Energietanken, Singen, Beten oder Besichtigen nutzen. Allerdings sollte man sich bewusst machen, ob man den Jakobsweg eher als kulturelle Reise ansieht, um Kirchen objektiv zu betrachten, oder eher ganz auf das Innere bedacht ist. Hierbei sollte man von vornherein abklären, mit welcher Einstellung man die Kirchen betritt.
Geheimtipp: Kirchen dienen auch oftmals als Trinkwasserquelle, da sie meistens an einen Friedhof anschließen, der wiederum einen Wasserhahn hat, an dem man sich kostenloses Trinkwasser abzapfen kann.

Was sind absolute Highlights auf dem Jakobsweg von Konstanz nach Genf?

Der Schweizer Weg ist von Anfang bis Ende ein absolutes Highlight. Nicht nur die Städte, Menschen und Berge sind überwältigend, sondern insbesondere auch der Reichtum an Seen und sommerlichen Bademöglichkeiten in unberührten Naturlandschaften. Der Ausgangspunkt (Konstanz am Bodensee) lädt selbstverständlich zu einem nettem Badeaufenthalt im See ein, aber auch die Stadt an sich bietet viel Programm mit schönen Kirchen und netter Altstadt zum Entspannen und Vorbereiten auf die kommenden drei Wochen. Nach zwei Tagesmärschen erreicht man seine erste Herausforderung: den Aufstieg auf des Hörnli von 511m über NN in Tobel auf 1133 m. Nach einem Abstieg zum Züricher See geht es wieder bergauf zum Kloster Einsiedeln. Hier sollte man definitiv genug Zeit mitbringen, um in die geheimnisvolle Geschichte dieses Wallfahrtsorts eintauchen zu können.
Am nächsten Tag steht die nächste Herausforderung an: Das Hagenegg mit 1414 m. Weiter geht’s zum für mich schönsten Fleck in der Schweiz, dem Vierwaldstättersee. Über zwei Tage wandert man immer mit Blick zum wunderbaren Seen an den steilen Berghängen entlang und entdeckt wunderschöne Ecken im Gebirge. Ein See folgt dem anderen und nach einem Halt in Flueli Ranft (einer für mich sehr bedeutsamen Pilgerortschaft) erreicht man nach dem Aufstieg auf den Brüningpass das vollkommen überlaufene Touristenörtchen Interlaken. Wer keine Lust auf große Hektik und Touristen hat, sollte schnellstmöglich diesen Ort verlassen und am Ende des Thuner Sees in Thun seine nötige Erholung suchen.
Ab jetzt beginnt der Weg ins Berner Oberland und somit ändert sich mit Eintritt in die wunderschöne Ortschaft Freiburg nicht nur der Baustil, sondern auch die Sprache. Über die auf einem Hügel errichteten Ortschaft Romont erreicht man Lausanne – eine Großstadt auf dem Weg, die man nach der Ruhe der letzten Wochen eigentlich nicht braucht, die aber trotzdem zu herrlichen Stadtspaziergängen einlädt. Am wunderbaren Ufer des Genfer Sees entlang, erreicht man nun nach drei Tagen die letzte Etappe in der Schweiz: Genf.
Die Stadt hat einiges an Sehenswürdigkeiten zu bieten, die man nicht verpassen sollte. Ein paar Stunden an der Promenade des Genfer Sees mit Blick auf die enorme Wasserfontäne sind meiner Meinung nach ein Muss in dieser Stadt. Ich weise darauf hin, dass es etliche Varianten des Schweizer Weges gibt, d. h. man kann als Ausgangspunkt beispielsweise auch Rohrschach wählen und gelangt dann in Einsiedeln auf den Weg, der aus Konstanz kommt oder den Vierwaldstättersee nördlich umlaufen und somit einen Zwischenstopp in Luzern mit einplanen (aber insbesondere hier kann ich nur auf die Hauptroute am südlichen Ufer verweisen, da sie bei gutem Wetter das beste Wegstück auf dem gesamten Weg von Nürnberg bis Santiago de Compostela für mich war.)

Reisezeit

Empfehlenswert sind die Sommermonate Juli und August. Aber auch hier gilt für Pilger, die den gesamten Weg nach Santiago de Compostela planen: Nicht zu spät losgehen, sonst wird’s kalt in Spanien im Oktober und November!

Anreise

Am besten läuft man von der eigenen Haustür los und gelangt dann am Bodensee auf den Schweizer Jakobsweg. Für Etappenpilger Anreise mit der Deutschen Bahn bis Konstanz oder Bregenz am Bodensee.

Einreise

generell kein Problem,Personalausweis oder Reisepass von Vorteil

Sprache

Mit Deutsch kommt man erst mal sehr weit in der Schweiz … nämlich genau 14 Tage lang 🙂 Ab Freiburg ist Französisch sehr empfehlenswert. Hier sprechen nur sehr wenige Menschen noch Deutsch und für die Kontaktaufnahme mit Hotels, Restaurants etc. ist Französisch sehr nützlich.

Geld

Schweizer Franken. Empfehlenswert ist daher vorher die Umwechselung eines ausreichenden Betrags. Achtung für Pilger, die in Frankreich weiterlaufen: Bei der Abhebung von Euro in Genf (für den weiteren Weg in Frankreich) kann es zu Problemen an den Euro-Automaten in Genf kommen. Deswegen besser noch ein paar Euro zur Reserve dabei haben und in Frankreich abheben.

  • Ein Pilgerausweis ist zum Übernachten in Herbergen in Spanien notwendig! Notfalls kann man sich den Ausweis auch in Le-Puy bei der Pilgergesellschaft (Tipp, wenn der andere Pass bereits voll ist) kaufen
  • Wanderschuhe unbedingt eingelaufen!!!
  • Rucksack nicht zu groß wählen
  • Regenponcho: ggf. kann man einen Poncho wählen, den man auch als Tarp verwenden kann
  • Trekkinghosen: am besten zwei, eine davon mit Zipp-Beinen
  • Multifunktionsunterwäsche: zwei sollten reichen
  • Geldgürtel für mehr Sicherheit
  • Muschel als Erkennungszeichen
  • Jakobsweg Schweiz
  • Schweiz: Jakobsweg vom Bodensee zum Genfer See von Engel, H. / Band 117 aus der Reihe: „Der Weg ist das Ziel“: Outdoor Handbuch. Conrad Stein Verlag: exakte Wegbeschreibung mit Unterkunftshinweisen, Preistabellen etc. – ein Muss!
  • Landkarten mit eingezeichneter Route am besten an den jeweiligen Touristinformationen erfragen; eine allgemeine Jakobsweg-Landkarte Bodensee-Genfer See ist meines Wissens noch nicht verfügbar.

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