Dein Abenteuer beginnt hier!
Simone
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11. Dezember 2014
Neulich war ich mal wieder im Gondwanaland und schaute nicht nur bei unserem kleinen Patenkind vorbei. Meine Augen begaben sich auch auf die Suche nach den kleinen Echsen, die den Leipziger Urwald bewohnen. Gesucht und gefunden. Doch nicht nur im Gondwanaland treffen Tapir und Echsen aufeinander, auch bei uns am Georgiring kann man tapire treffen, die viel über die „Exen“ an unserer Karabinerwand berichten können. Und da gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit oft nach einem Express-Set gefragt wird, wollen Kletternewbies von uns wissen, worin sich denn die Sets mit den beiden Karabinern und der Schlinge dazwischen so unterscheiden.
Jeder, der mit Seil unterwegs ist, braucht am Fels oder in der Halle mobile Zwischensicherungen, die im Fall der Fälle vor schweren Verletzungen schützen können – sachgerechte Nutzung vorausgesetzt! Expresssets sind im Vorstieg für viele damit zu einem unverzichtbaren Sicherungsmittel geworden, dessen Hauptaufgabe im Aufnehmen der Sturzenergie besteht. Exen gehören zu den Teilen in der Sicherungskette, über die man sich in der Regel keine großen Gedanken mehr macht. Wir gehen davon aus, dass sie einfach funktionieren, auch wenn immer mal wieder auch von einem Unfall die Rede ist, bei dem die Ursache im Verschleiß des Schlingenmaterials oder in unsachgemäßer Handhabung zu suchen ist. In den Kletterhallen, aber auch in einigen ausgewählten, sehr stark überhängenden Sportkletterrouten in Klettergärten sind die Expresssets (Fixexen) fest eingehängt und verschraubt. An allen anderen Wänden hängt der Vorsteiger die Exen zunächst in Ringe, Ösen, Haken oder Klemmkeile und Friends ein, bevor das Seil dann in den freien Karabiner geklinkt wird.
Im Sturzfall wird ein Großteil der Energie durch die Karabiner aufgenommen, damit ist die Bruchlast der Karabiner ein wesentliches Auswahlkriterium. Drei Werte werden dazu auf den Karabinern angegeben: Längs-, Quer- und „Schnapper offen“-Belastung.
Geschlossen sollte der Karabiner in Längsrichtung eine Bruchlast von mindestens 20 kN aushalten, mit offenem Schnapper oder in Querrichtung muss er mindestens eine Sturzbelastung von 7 kN abfangen können. Optimalerweise sollte eine Querbelastung genauso wie eine kurzzeitige Schnapperöffnung vermieden werden, wobei Letzteres zumindest auf einer Seite vermieden werden kann, indem der seilseitige Karabiner in der Schlinge fixiert wird. Dafür gibt es, wie im Bild zu sehen, verschiedene Varianten. Der seilfreie Karabiner sollte keine fixierte Schlinge haben, damit sich beim Weiterklettern eher die Schlinge im Set mitbewegt, als sich der Karabiner im Haken im Ring verkantet.
Die Karabiner in einer Exe kann es sowohl mit einem gebogenen oder auch mit einem geraden Schnapper geben. Im Klettern wird dann von bent oder straight gesprochen. Viele bevorzugen im Vorstieg einen gebogenen Schnapper, denn in diese Karabiner lässt sich das Seil gut einklippen, mit einer Hand, versteht sich. Deshalb wird die bent-Variante seilseitig verwendet. Der gerade Schnapper ist dann der wandseitige Karabiner. Es gibt auch noch Expresssets, die auf beiden Seiten einen straight-Karabiner haben, dann entscheidet in der Regel die Karabinerfixierung, welcher der beiden Karabiner seilseitig verwendet wird. Die Firmen haben sich dabei etwas gedacht: Unterschiedliche Schnapperfarben erleichtern die Orientierung am Klettergurt, vor allem dann, wenn es einmal schnell gehen muss!
Schlingen
Auch bei der Zwischenschlinge, die beide Karabiner im Set miteinander verbindet, hat man die Qual der Wahl. Entweder bestehen sie aus Polyamid oder Polyethylen. Die beiden Materialien kann man optisch gut voneinander unterscheiden, da die Polyamid-Schlingen zumeist etwas breiter sind (11 bis 16 mm) als die Dyneema-Varianten (unter dem Namen ist das Material im Klettersport bekannt), die zwischen 8 und 11 mm breit sind. Belastungsmäßig unterscheiden sich beide nicht voneinander – die Schlingen haben eine Bruchlastnorm von 22 kN. Die Polyethylen-Schlingen sind aufgrund der geringeren Breite leicher, wie man gut am Ange Finesse Express-Set von Petzl sehen kann. Dennoch halten sich die breiteren, schweren Exenvarianten mit der Polyamid-Schlinge, wie das Spirit Express Set von Petzl. Vielleicht, weil sie im Panikfall „einfacher“ zu greifen sind, als die dünnere Dyneema-Ausführung.
(Wobei,… schon während ich das schreibe, habe ich Bilder vor Augen, wo beim unkontrollierten Sturz der Vorsteiger in die Exe gegriffen, den Karabiner im Haken verdreht und dabei ausgeklippt hat, weil er abgerutscht war und eben nicht die Schlinge beim Reingreifen erwischte…!)
Was gilt es sonst noch zu beachten?
– Je nach Gebiet reichen zwischen 8 und 12 Exen für’s Klettervergnügen. Ein oder zwei längere sollten mit am Gurt hängen, wenn man den Routenverlauf nicht kennt.
– In Alpinrouten beziehungsweise beim Klettern mit Doppelseil haben sich die Karabiner mit etwas größerer Schnapperöffnung bewährt.
– Fixexen in frei zugänglichen Klettergärten und Sportkletterrouten sollte man sich immer etwas genauer ansehen, vor allem auf Verschleißerscheinungen achten.
– Beim Eisklettern haben sich die Expressets mit Karabinern mit Drahtschnapperöffnung bewährt: Bei ihnen ist die Vereisungsgefahr geringer.
– Karabiner mit einer höheren Bruchlast haben eine höhere Sicherheitsreserve. (Das ist auch gut für den Kopf beim Klettern …).
– Baut man sich ein Expressset selbst zusammen, dann sollten beide Karabineröffnungen symmetrisch angeordnet sein. Wenn die Karabiner gegenläufig eingehängt werden, dann ist es zunächst so, dass der Seil-Karabiner entgegengesetzt zur Kletterrichtung zeigt. Wenn der Vorsteiger nun weiterklettert, steht er unter Umständen versetzt über seiner letzten Sicherung (Haken oder Ring). Zieht er nun das Seil nach, dann kann es, wenn es richtig blöd läuft, passieren, dass der seilfreie Karabiner sich verdreht und der Schnapper gegen den Haken drückt. Ungünstig! Klinkt man das Expressset andersrum ein, kann es im Fall eines Sturzes passieren, dass sich das Seil ungewollt aushängt. Deshalb sollten beiden Karabiner symmetrisch eingehängt werden.
– Das Schlingenmaterial sollte spätestens nach 10 Jahren ausgetauscht werden (- wenn eine optische Kontrolle nicht vorher schon dazu führt, nach Ersatz zu suchen).
– Sollte am Karabiner durch die Seilabnutzung ein Grat ertastbar sein, sollte spätestens dann auch der Karabiner ausgetauscht werden.
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2 Kommentare
simone | 12.Dez.2014, 13:01
Hallo Sandra, danke für die weiterführenden Ergänzungen. Die Express-Sets sind ja in den vergangenen Jahren deutlich leichter geworden, wie vieles im Bereich des Klettersports. Dabei wurden auch die Karabiner immer kleiner und leichter, nicht nur die Schlingen. Ob sie im Handling, beispielsweise beim Klippen, sich dann auch immer noch bewähren, oder ob sich die Exen mit den etwas größeren Karabinern und der breiteren Schlinge besser greifen lassen, das darf, das sollte jeder für sich ausprobieren. viele Grüße aus dem tapir
Sandra | 12.Dez.2014, 08:08
Kurz ein Nachtrag zu breiter oder schmaler Schlinge: In die Exe greifen ist nie eine gute Variante und im Ernstfall tödlich - dafür gibt es sie also auf keinen Fall!!!! Breite Schlingen gibt es meiner Wissens nach noch immer, weil der Karabiner in der breiten Schlinge mehr in seiner mittigen - sprich idealen - Belastungsrichtung (Bruchlast) hängt und weil sie am Gurt und und der Wand beim Klippen durch ihre Kompaktheit gut zu handhaben sind. Die Entwicklung der schmalen Dynema Schlingen konnte diese Fakten bisher nicht verdrängen. Dafür bieten diese das deutlich geringere Gewicht, was sich auf langen Touren mit viel Material positiv auswirkt. Zudem sind die Schlingen agiler als die breiten Polyamid Schlingen und sind so an der Wand im Sturzfall auch beweglicher, das sind sie natürlich auch in der Handhabung beim Klippen des Seiles … Fazit: beide haben ihre Berechtigung und wie immer entscheidet beim Klettern das gute Gefühl für das Material. Was jeder persönlich gut handhaben kann wird ausgewählt ...