Die erste Prüfung ist erfolgreich bestanden und nach wenigen Tagen und ein paar weiteren Trainingswanderungen brechen wir auf unsere 2-tägige Tour auf.
Dabei handelt es sich um einen Teil der sehr beliebten Route, die die Einheimischen als „Krugoswetka“, also „kosmische Weltreise“ betitelt haben. Sie führt uns vom Tal Alma-Arasan über den Pass in das Tal der Seen. Der kosmische Teil besteht dabei nicht nur in dem atemberaubenden Sternenhimmel in der Nacht, sondern auch darin, dass sich im Zentrum zwischen den beiden Tälern das wissenschaftliche Zentrum zum Messen der kosmischen Strahlung befindet.
Wir überqueren reißende Bäche, laufen an heißen Quellen und Wasserfällen vorbei, das Wetter ist mild und wohlgesonnen, bis plötzlich der Himmel aufreißt und wir von Blitz und Hagel gejagt werden. Zum Glück ist es nicht mehr weit bis zu einer Schutzhütte (davon gibt es in den Bergen mehrere), in die wir durchnässt einfallen. Wir sind nicht allein: Uns erwartet eine Gesellschaft aus einem älteren Bergsteiger und zwei Jugendlichen, die sich absolut unvorbereitet in die Berge verirrt haben und sich nun von dem erfahrenen Herren Tipps und Tricks rund ums Bergsteigen holen. Jeder von uns kriegt sofort eine Tasse mit heißem Tee in die Hand gedrückt und eine warme Mahlzeit köchelt schon auf dem Herd. Wir verbringen eine unglaublich herzliche Stunde mit den dreien, teilen untereinander Essen auf, erfinden Witze, wie: „Da treffen sich ein Deutscher, ein Russe und ein Kasache in einer Schutzhütte …“ und sind fast schon traurig, als die ersten Sonnenstrahlen durch das beschlagene Fenster zu sehen sind.
Die Hütten sind sehr gut ausgestattet, es gibt einen Ofen, ein paar Doppelstockbetten, eine Solaranlage auf dem Dach (!), d. h. auch mit viel Glück etwas Strom. Und es gibt ein Regal, in dem etwas Essen gebunkert wird. Nach der alten sowjetischen Tradition soll man etwas mehr dalassen, als man genommen hat, für diejenigen, die evtl. mit leerem Rucksack in der Hütte ankommen.
Doch es gibt einen Haken: In dieser Grenzregion zwischen Kasachstan und Kirgistan gibt es Grenzpatrouillen und die Soldaten nisten sich oft in diesen Schutzhütten für mehrere Tage ein. Da muss man dann als „normalstreblicher“ Tourist doch draußen bleiben. Diese Erfahrung machen wir tatsächlich am selben Tag acht Stunden später, als wir wieder vom Unwetter überrascht werden. Das ist übrigens ein Grund dafür, dass man in dieser Region nicht ohne Guide rumlaufen sollte. Beide Länder sind sehr empfindlich, was ihre Staatsgrenze angeht. Bergtouren müssen offiziell angemeldet werden, wobei die Art und Weise der Anmeldung nicht so einfach durchschaubar ist. In der Regel geschieht das über die Guides. Unser Vadim beherrschte sein Handwerk zum Glück gut und hat uns im Vorfeld inkl. eingescannter Pässe (wo auch immer) angemeldet, wir passieren die Grenzkontrolle problemlos und dürfen weiter Richtung kirgisischer Grenze ziehen.
Gewitter, Regen, Hagel und aber auch wunderschöne, sonnige Momente, begleitet von Regenbögen über den ganzen Himmel, wechseln sich quasi im 5-Minuten-Takt ab. Wir kommen an unserem Übernachtungsort an, der auf knapp über 3.000 Höhenmetern und am Fuße eines Gletschers gelegen ist. Es gibt eine leckere, warme Mahlzeit vom einheimischen Trekkingnahrungshersteller namens DAMDI BAKERY&FOOD (gibt es in Almaty in diversen Trekkingläden zu kaufen) und eine willkommene musikalische Überraschung von unserem Vadim, der nach dem Abendessen seine Maultrommel auspackt und unsere Herzen noch mehr verzaubert. In der absoluten Stille, von der wir umgeben waren, klang das wie etwas Kosmisches und absolut Reines. Die Nacht war erstaunlich mild (knapp über 0 °C) und ruhig, aber vielleicht lag es auch an den 25-km-Marsch, den wir hinter uns hatten.
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