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Reisebericht: Im Frühling auf dem Kaiserweg durch den Harz

Reisebericht: Im Frühling auf dem Kaiserweg durch den Harz

Zusammen mit meiner Freundin Martje wanderte ich im Mai 2023 fünf Tage auf dem Kaiserweg durch den Harz: von Wernigerode bis Nordhausen über Bad Harzburg und Braunlage. Der Kaiserweg verläuft im Kern westlich, später südlich des Harzes von der Harzburg bis zur Königspfalz nach Tilleda, hat aber „Zubringer“, die auch mit dem Symbol des Wegs versehen sind, der Kaiserkrone. Wir wanderten mit unserem Gepäck und Tagesproviant von Pension zu Pension und ließen es uns abends in Gaststätten schmecken.

Martje und ich sind schon ein paar Mal gemeinsam auf Fernwanderwegen gewandert und wollten diese Erfahrung gern wiederholen. Leider hatten wir diesmal weniger Zeit, weshalb wir nach einer schönen Strecke in der Nähe von Leipzig suchten. Da wir den Harz ein wenig kannten und Martje kurz zuvor angefangen hatte, die örtlichen Wanderstempel zu sammeln, war das Gebiet schnell entschieden. Nun stellte sich noch die Frage nach einer Route, die gut beschildert, mit dem ÖPNV zu erreichen und so aufgebaut ist, dass man am Ende einer jeden Etappe in einem Ort mit Pensionen ankommen würde. So kamen wir schließlich auf den Kaiserweg, den wir auf den Harzer Teil einkürzten.

Pünktlich zur Walpurgisnacht, der Nacht, in der die Hexen um die Feuer tanzen und alles magisch-mystische ein bisschen näher scheint als sonst, kamen wir mit dem Zug in Wernigerode an. Die Sonne schien warm und vielversprechend und die Stadt war voller Menschen, die sich die örtlichen Festivitäten rund um diese besondere Nacht ansehen wollten. Wir hatten vor, tags darauf früh zu starten, weshalb wir uns dem Trubel bald entzogen, noch auf die Burg hinauf und zum Wildgehege spazierten und dann früh schlafen gingen.

Um ein bisschen Weg zu sparen, fuhren wir mit dem Zug nach Ilsenburg und liefen durch schon frühlingshaft begrünten Wald entlang eines Baches Richtung Bad Harzburg. Zunächst entsprach alles genau unseren Erwartungen: ein leichter Waldweg, neben uns das Plätschern des Wassers, die Sonne, die durch die noch lichten Blätter schien, ein Spielplatz und ein paar Infotafeln, die uns Geschichten über Harzer Sagenfiguren erzählten. Aber schon kurze Zeit später verschwanden die Laubbäume links und rechts des Weges und machten leeren, vergrasten Hängen Platz. Mir war schon von früheren Wanderungen im Harz bewusst, dass es einige Kahlstellen gibt, die vor allem im Nationalpark Harz auch als Chancen für neues Leben und die Regeneration der Natur beschrieben werden. Aber das Ausmaß des Waldschadens übertraf dann doch all unsere Vorstellungen. Nicht nur an diesem Tag, auch an den zwei folgenden (das heißt, zwischen Bad Harzburg bis kurz vor Walkenried) waren wir immer wieder und zum Teil den ganzen Tag nicht im Wald sondern auf Äckern unterwegs. Natürlich keine richtigen Äcker. Aber so nannten wir die weiten Grasflächen im Stillen, die im besten Fall noch stehendes Totholz zu bieten hatten, im schlechtesten Fall aber wirklich komplett „abgeerntet“ und kahl vor uns lagen.

Das stehende Totholz hat einen gewissen morbiden Charme. Die langen, in Reihe stehenden Stämme, grau und nadellos, scheinen geradezu davor zu warnen, erneut den Fehler zu machen, hier ortsfremde Monokulturen anzupflanzen. Denn Fichten wachsen natürlicherweise nicht in diesen Tiefenlagen und sind der Trockenheit und Hitze der Sommer, vor allem seit 2018, nicht gewachsen. Dazu kommt der Borkenkäfer und vernichtet den Wald in einer Geschwindigkeit, die einem den Atem raubt. Wir hatten uns im Vorfeld auf einem Blog über den Kaiserweg informiert, der beschreibt, dass der Weg die meiste Zeit durch dunkle, mystische Fichtenwälder verlaufen würde, man schön im Kühlen wäre, umgeben von dieser Märchenstimmung, die nur Nadelwälder erzeugen können. Der Artikel stammte von 2018. Von dieser Stimmung ist so gut wie nichts mehr übrig. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf wurde unsere Wanderung durch diese Landschaft teils sehr bedrückend. Irgendwann nahmen wir es mit Galgenhumor und fanden es schließlich so absurd witzig, als wir an einer Kahlschlagfläche vorbei kamen, die gerade erst beräumt wurde, und an uns donnernd der Holzlaster vorbeifuhr, beladen mit einem Teil der bis zum Horizont reichenden Holzstapel. Aber, und das muss ich hier unbedingt hinterher schieben: Es ist wirklich eine Chance. Eine Chance dafür, endlich einen Wald anzulegen, der vielfältig und ertragreich ist und in der Lage, dem Klimawandel standzuhalten – etwas, das nur ein funktionierendes Ökosystem schaffen kann. Wir haben uns vorgenommen, den Wald in regelmäßigen Abständen wieder zu besuchen, denn wie oft hat man die Möglichkeit, ihm bei der Entstehung zuzusehen?

Ab kurz vor Walkenried wurde der Wald dann übrigens auch wieder existent und sehr schön: Der letzte Tag war so ein Kontrast zur Strecke davor, dass wir die Landschaft noch viel besonderer fanden, als wenn wir tagelang nur solche gesehen hätten. Manchmal ist es wahrscheinlich wichtig zu sehen, was passieren kann, um das vermeintlich Normale zu schätzen.

Schon am ersten Tag passierten wir die alte Grenze zwischen der DDR und der BRD. Sie befand sich strategisch günstig gelegen auf der Staumauer eines Stausees und wir erfuhren, dass gerade für solche grenznahen Infrastrukturprojekte durchaus eine gute Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten bestanden hat. Von nun an wanderten wir in Niedersachsen und sollten am letzten Tag zurück in die ehemalige DDR nach Thüringen gelangen, hier dann ganz unspektakulär an einem alten Bahngleis. Vielleicht bildete ich es mir ein, aber irgendwie schien es mir, als wäre die Architektur westlich des Harzes, ohne es wirklich greifen zu können, ein bisschen anders …

Die Landschaft und die Städte, durch die der Kaiserweg führt, sind voller Geschichte aus Jahrhunderten, die wir dank der vielen Informationstafeln, die man unterwegs findet, wirklich erfahren konnten. Besonders beeindruckt haben uns dabei die Klosterruine in Walkenried und die KZ-Gedenkstätte in Nordhausen zusammen mit den Außenlagern, an denen man im Südharz immer wieder vorbeikommt.

Über Walkenried hatten wir uns vorher gar nicht informiert, daher waren wir umso verblüffter, als plötzlich vor uns dieses riesige, alte Gebäude stand. Bis auf einige Außenwände ist nicht mehr so viel vom Kloster übrig, aber wenn man sich die Bebauung des Ortes daneben vor Augen hält, die kleinen Höfe und Fachwerkhäuser, dann kann man sich ausmalen, wie riesig es den Menschen zur Zeit seiner Blüte vorgekommen sein muss – es wirkt ja heute noch so! In der Abendsonne, die durch die alten Fensteröffnungen fiel – und ohne all die Tagestouristen – fanden wir es wunderschön.

Einen Kontrast dazu bildeten dann definitiv die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und seine Außenlager. Auch hier war uns vorher nicht klar, wohin der Weg uns führte und ohne die aufgestellten Informationstafeln hätte man die Außenlager auch gut übersehen können. Aber entlang der Bahnstrecke bei Ellrich und weiter den Weg hinab im Wald fanden sich noch alte Gebäudeteile und Spuren der Nutzung als Lager. Überall im Umland von Mittelbau-Dora wurden damals Schächte in den Gipskarst gegraben und dort die Waffenproduktion versteckt. Das ehemalige KZ selbst liegt auch am Wanderweg und kann, ohne Eintritt zu zahlen, bewandert werden. Sich vorzustellen, was hier früher passiert ist – übrigens mit direktem Blick auf Nordhausen (man hat ja nichts davon gewusst, klar) -, ist sehr bedrückend, aber eine wichtige Erinnerung daran, wie gut wir es haben, einfach wandern gehen zu können, wohin wir wollen.

Im Harz gibt es überall verteilt kleine, grüne, briefkastenähnlichen Holzboxen, in denen nichts anders als ein Stempel und das zugehörige Kissen liegen. Meine Freundin war im Sammelfieber, hatte sich vorher das dazugehörige Papierheft besorgt und im Internet die Stempelstellen herausgesucht, an denen wir ungefähr vorbeikommen würden. Wohlgemerkt: ungefähr. Wir liefen daher den ein oder anderen Umweg, um einen der Kästen zu erreichen und jedes Mal wiederholte sich das gleich Ritual: Martje kramte in ihrem Rucksack, zog andächtig das Heft hervor, legte es auf den aufgeklappten Deckel, der als Tisch dienen soll, und stempelte vorsichtig und gleichmäßig in das vorgesehene Viereck. Irgendwann war auch ich soweit und nutzte mein Tagebuch, um ein paar Stempel zu stempeln und ich kann nur empfehlen, es Martje gleich zu tun und vorab ein Heft zu kaufen. Es ist schon wirklich schön, mal wieder etwas Haptisches mit sich zu führen. Und es gibt schließlich auch Ehrentitel für die fleißigsten Sammler!

Ein Abstecher, den wir machten, führte uns zur Achtermannshöhe, mit immerhin 926 Metern der vierthöchste Berg des Harzes. Zwar hingen die Wolken tief und ein sehr kalter Wind peitschte uns den Nieselregen ins Gesicht, aber der Blick in die umliegenden Hügel und Täler und hin zum Brocken war trotzdem den zusätzlichen Aufstieg wert (der Stempelkasten stand weiter unten). Die Wege hinauf und hinab hatten dann auch fast ein bisschen alpinen Charakter. Zumindest waren sie deutlich schwieriger als die Pfade und Forstwege, die wir zuvor begangen haben und befriedigten damit ein wenig meinen Abenteuergeist.

Der Kaiserweg hat uns insgesamt gut gefallen. Zwar ist das Fehlen des Waldes sehr traurig und dämpft das Wanderglück passagenweise, aber die Ausblicke in die Landschaft, die Abwechslung bei der Wegbeschaffenheit, die Harzer Sagen und vor allem die Sehenswürdigkeiten und süßen, historischen Städte entlang der Strecke sind eine Reise wert. Im Frühling waren wir fast alleine unterwegs und konnten uns in Ruhe über das aufkeimende Grün freuen.

Anreise

Die Anreise an den Rand des Harzes ist mit dem ÖPNV möglich, kann aber zum Teil recht lang dauern. Für Leipzig-Wernigerode und Leipzig-Nordhausen sind gute Verbindungen vorhanden. An der Strecke gibt es zum Teil Möglichkeiten mit Bus oder Bahn abzukürzen, viele Abschnitte sind aber so abgelegen, dass man auf seine Füße angewiesen ist.

Beste Reisezeit

Meiner persönlichen Meinung nach kann man sehr gut ganzjährig im Harz wandern 🙂 Einzig bei Schnee besteht ggf. das Problem, den Weg zu finden – mit gutem GPS und Schneeschuhen sollte es aber machbar sein, da der Weg nicht ausgesetzt oder steil ist. Im Mai waren wir ziemlich allein auf den Wegen und das Wetter war zwar nachts noch frisch, aber tagsüber sehr angenehm.

Geld

Geldautomaten sind in den Kleinstädten zu finden, Kartenzahlung war nirgendwo ein Problem.

Übernachten

Da der Harz touristisch gut erschlossen ist, findet man leicht Unterkünfte. Diese sollten jedoch zu Feiertagen und in der Hauptsaison vorher gebucht werden; in der Nebensaison ist wiederum eine Recherche empfehlenswert, um herauszufinden, ob sie geöffnet haben. Unsere Unterkünfte haben wir über booking und Google Maps gefunden.

Reiseplanung

Die Tourismus-Verbände des Harzes bieten Informationen zum Kaiserweg, wobei er nicht einer der bekanntesten Wege ist. GPS-Daten haben wir online beim GPS-Wanderatlas runtergeladen und bei Outdooractive importiert, mittlerweile gibt es die Tour dort aber auch so.

 

  • Das Stempelsammelheft für die Harzer Wandernadel!
  • Leichtwanderschuhe oder geländegängige Laufschuhe reichen für den Kaiserweg aus
  • Ein guter Sonnenschutz ist bei den langen Teilstücken ohne Schatten unbedingt empfehlenswert!
  • Bei all den Fernblicken ist ein Fernglas ganz praktisch

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