2. Teil: St. Anthony und die Eisberge
Eigentlich hatte ich keine Lust, 350km nach Norden zu trampen, aber jede_r die ich unterwegs traf, meinte, ich müsse mir die Eisberge ansehen. Es wäre eine “once in a life time chance” da zur Zeit viel mehr Eisberge unterwegs seien als üblich. Leider gibt es keine Busverbindung mehr in den Norden (im Internet finden sich Infos zum Viking-Express, der wurde allerdings schon seit Jahren eingestellt), also stand ich wieder mit einer Pappe am Straßenrand.
Meine Mitfahrgelegenheiten waren durchweg positiv, auch wenn ich manchmal länger warten musste als mir lieb war (das Verkehrsaufkommen ist einfach nicht so hoch). Jeder Fahrer hatte die ein oder andere Story zu erzählen und erklärte einem Land und Leute.
Seit in den 1990gern die Fischereiwirtschaft zusammenbrach, ist die Arbeitslosigkeit stark angestiegen. Alternativen zur Fischerei gibt es kaum. Viele junge Menschen fliegen daher nach Alberta, um in der Ölwirtschaft zu arbeiten. Die meisten kehren aber irgendwann zurück, da sie das Meer nicht los lässt 🙂 Als ich im Regen in St. Anthony ankam, sah ich Eisberge in allen möglichen Formen und Größen vor und in der Bucht treiben. Der Trip in den Norden hatte sich schon jetzt gelohnt.
Die Eisberge brechen irgendwo in Grönland ab und wandern ca. 2 Jahre Richtung Süden, wo sie an der Nordküste von Neufundland vorbeitreiben und immer weiter abschmelzen. Ein Eisberg Locator im Internet kann einem sagen, wo der beste Spot ist, um Eisberge zu schauen. Die Saison geht meist von Frühling bis Juni, aber in meinem Fall waren auch im August noch Dutzende vor der Küste zu sehen.
Leider lag der Campingplatz wieder 5km außerhalb der Stadt und ich musste wieder zurücktrampen. Mir wurde gesagt, dass man auch in den Höhlen an der Küste übernachten kann, aber ich fand eine heiße Dusche doch verlockender als ständiger Nieselregen. Glücklicherweise landete ich im Auto von Charlie, Typ kettenrauchender fluchender Bauarbeiter. Nachdem ich erzählt hatte, dass ich mir die Eisberge mit einer Bootstour anschauen wollte, fing er an sich, über den Anbieter aufzuregen: viel zu teuer (ca. 40Dollar) und man wäre eingepfercht wie Sardinen (oder so ähnlich, wie erwähnt, man versteht die Leute praktisch nicht, obwohl sich Charlie sichtlich Mühe gab). Kurz, er lud mich ein, am nächsten Tag mit seinem Boot (das er diese Nacht zu reparieren gedachte) raus zu fahren und mir bei ein paar Bier die Eisberge zu zeigen.
Das kleine, ehemalige Fischerboot war den nächsten Morgen einsatzbereit und Charlie, sein Kumpel Zed und ich tuckerten aus der Bucht heraus und um den ersten Eisberg herum. Neben Snowmobilfahrten im Winter gehören solche Bootsausflüge zu den Freizeitbeschäftigungen in St. Anthony. Die Eisberge aus der Nähe zu betrachten war gewaltig und als dann noch zwei Buckelwale auftauchten, war der Tag perfekt! Den Tag ließen wir in Charlies Werkstatt mit ein paar weiteren Bier ausklingen. Ich fragte ihn, ob er mal nicht irgendwo Urlaub machen möchte. Er meinte, eigentlich möchte er nicht weg von der Küste. Außer vielleicht mal nach Schweden, denn dort sehe es angeblich genauso aus wie bei ihm.
Den nächsten Morgen bin ich zurück in den Süden getrampt. Zwei Nächte waren noch übrig und ca. 400km zum Flughafen zu bewältigen. Ich zog den Jackpot und ein Ehepaar nahm mich ganze 350km bis zum Gros Morne National Park mit zurück. Daher hatte ich noch Zeit einen Abstecher auf den Gros Morne zu machen.
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