Dein Abenteuer beginnt hier!
Christina Felschen
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23. April 2008
Vier Tage Sámi-Kultur auf dem Wintermarkt in Jokkmokk und vier Tage Sápmi-Natur auf einer Winterwanderung von der Fjällstation Kvikkjokk über den Kungsleden Richtung Norden, vorbei an dem kleineren der beiden Dáhtá-Seen auf das Kahlfjäll des Sarek hinaus. Auf dem Rückweg ging es in südöstlicher Richtung dem Rentierzaun folgend zwischen Tjoallta und Oarjep Sjábttjakvárre zurück zum Kungsleden und über die Dáhta-Seen 13 km zurück.
Nach einer Wanderung durch den Sarek-Nationalpark im Sommer wollte ich diesen wunderschönen Teil Schwedens gerne im Winter kennen lernen, wenn die Spiegelflächen der Seen sich in spiegelglatte Eisflächen verwandelt haben und komplett andere Wanderbedingungen vorherrschen, mit großer Kälte und kurzen Tagen, dafür aber auch noch weniger Touristen und eventuell dem ein oder anderen Polarlicht. Schon bei der Sommerwanderung stand inmitten einer nur scheinbar einsamen Landschaft die Frage, wer diese Menschen sind, die seit Jahrhunderten so rücksichtsvoll mit ihrer Natur umzugehen wissen, dass der Sarek heute als weitgehend unberührt gilt? Eine Ahnung davon sollte uns der Sámi-Markt in Jokkmokk vermitteln.
Was passiert auf dem Wintermarkt in Jokkmokk?
Allerhand. Der Wintermarkt in Jokkmokk ist weitaus mehr als eine Verkaufsfläche für traditionelles und modernes Sámi-Handwerk. Seit über 400 Jahren ist es das Ereignis schlechthin für diese weit verstreute Kulturgruppe. Hier kommen jedes Jahr viele der 70.000 Sámi aus Schweden, Norwegen, Finnland und Russland in einem kleinen Dorf zusammen. Für die einstigen Nomaden ist der Wintermarkt eine wichtige Gelegenheit, um sich ihrer kulturellen Identität zu vergewissern: Man trifft die große Verwandtschaft und ehemalige Schulfreunde wieder, feiert Hochzeiten oder bahnt welche an. Ausgelassene Stimmung ist gewiss. Nicht-schwedische Touristen sind sehr selten, aber überall gern gesehen. Eine bessere Chance, viel über die Identität und den Wandel dieser Ethnie zu erfahren, gibt es wohl an keinem anderen Ort und zu keiner anderen Zeit. An verschiedenen Veranstaltungsorten werden Vorlesungen, Konzerte, Film und Theater und Kunstausstellungen geboten; unbedingt empfehlenswert ist auch das hervorragend gemachte Sámi-Museum „Ájtte“.
Wie kann man während des Wintermarkts unterkommen?
Zum Wintermarkt beherbergt die 3000-Einwohner-Stadt Jokkmokk zehn Mal so viele Gäste wie Einwohner, daher sollte man sich Monate vorher um eine Unterkunft bemühen. Vom „Vandrarhemet“ (Jugendherberge) über Privatunterkünfte (vermittelt das Tourismus-Büro) bis hin zum schicken „Jokkmokk-Hotel“ ist für den langfristig Planenden alles zu haben. Wer den Markt wie wir mit einer Wanderung verbindet, trägt sein Zuhause ja bereits im Rucksack mit sich und kann südlich des Sees problemlos im Wald zelten.
Kann man denn im Winter in Lappland zelten?
Das schwedische „Allemansrätten“ („Jedermannsrecht“) erlaubt das Zelten in freier Natur in ganz Schweden außerhalb der Sichtweite von Häusern, wenn dabei keine Spuren hinterlassen werden. In Nationalparks wie dem Sarek sind jedoch strengere Regeln zu beachten. In dieser Region nördlich des Polarkreises kann die Temperatur im Januar/ Februar allerdings ohne weiteres auf –45 Grad fallen und im Hochfjäll ist mit Schneestürmen und Lawinen zu rechnen. Daher ist eine durchdachte Ausrüstung und Bekleidung überlebenswichtig. Außerdem empfiehlt es sich, vorher bereits Zeltnächte bei Schnee und Minusgraden zu testen. Eine Wetterbeobachtung vor Tourbeginn ist sehr wichtig, um an besonders windigen Tagen nicht zu stark ausgesetzt zu sein oder die Tour gegebenenfalls zu verschieben oder zu verkürzen. Der Umgang mit der eisigen Kälte ist definitiv das Schwierigste an dieser Tour, die wegtechnisch nicht besonders anspruchsvoll ist.
Welche anderen Übernachtungsmöglichkeiten gibt es?
Auf dem Kungsleden stehen zwar im Abstand eines Tagesmarsches Hütten des Schwedischen Tourismusverbandes, doch diese trifft man bis zum Beginn der Tourismussaison Mitte Februar noch verwaist an. Vor der sehr frühen (5.40h) Abreise des einzigen Busses von Kvikkjokk zurück nach Jokkmokk und Murjek konnten wir eine Nacht im Posthäuschen an der Kirche verbringen, wo auch der Bus hält. Dabei lernt man gleich noch das ganze Dorf kennen, wenn ein Einwohner nach dem anderen seine Post abholt.
Wie weit reicht die Infrastruktur in Lappland?
Wer Bargeld wechseln möchte, sollte dies bereits in einer größeren Stadt auf der Hinfahrt tun; Geld abheben kann man am Bankautomat in Jokkmokk. Dieses Dorf bietet außerhalb der Saison auch die letzte Chance, vor der Kungsleden-Wanderung Essen nachzukaufen. Die Ausrüstung sollte aber unbedingt komplett sein, da Leihoder Einkaufsmöglichkeiten in Jokkmokk kaum vorhanden sind. Handys funktionieren noch bis Kvikkjokk, nicht aber auf dem Kungsleden oder im Sarek. Ein Internetcafé gibt es nicht, doch nach vorheriger Reservierung kann man in der Bücherei von Jokkmokk kostenlos eine halbe Stunde das Internet benutzen. Da die Tourismussaison in Lappland erst Mitte Februar beginnt, ist die Infrastruktur noch nicht auf den Reisenden ausgerichtet: Es verkehrt nur ein Bus täglich zwischen Jokkmokk und Kvikkjokk (nicht an Wochenenden) und ohne den Service der Hütten und Fjällstationen (Unterkunft, Essen und Material nachkaufen, Auskünfte etc.) ist der Wanderer noch stärker auf sich allein gestellt.
Welche Fortbewegungsmittel sind empfehlenswert?
Wir waren mit Schneeschuhen unterwegs, doch auf dem häufig gespurten Kungsleden sowie im Kahlfjäll sind Skier vorzuziehen, da man auf ihnen wesentlich schneller vorankommt. Lediglich auf den dicht bewaldeten Hängen zwischen Kungsleden und Kahlfjäll haben sich die Schneeschuhe als vorteilig erwiesen.
Was gilt es, beim Winterwandern noch zu beachten?
Um steif gefrorene Schuhe (und bald darauf Füße) am Morgen zu vermeiden, Wanderschuhe in Plastiktüten verschnürt mit in den inneren Schlafsack nehmen, alle gefrorenen wichtigen Kleidungsstücke zwischen Haut und Unterwäsche legen, Feuchtigkeit direkt im Schlafsack aber vermeiden. Wenngleich das Teekochen langwierig ist, abends unbedingt genug zu Trinken vorbereiten. Da es keine Möglichkeiten gibt, die Waschgelegenheiten der Hütten zu nutzen oder sich wie im Sommer in eiskalten Seen zu baden, haben wir uns zwischen dem Zelten beim Wintermarkt und der Sarek-Tour den „Luxus“ einer Nacht im „Vandrarhemet“ von Jokkmokk gegönnt.
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