Wie gestaltet sich mein Tagesablauf?
Das Pilgerleben ist sehr einfach aufgebaut. Die wichtigsten Aktivitäten sind Laufen, Essen und Schlafen. Alles andere ist nur Nebensache und nicht unbedingt erforderlich, um Santiago zu erreichen. Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass die meiste Zeit des Tages mit Laufen verbracht wird. Leider ist der Weg zur Hauptsaison so überfüllt, dass sich kaum Momente in der Einsamkeit ergeben und man der Herausforderung begegnen muss, die zahlreichen Pilger um sicher herum zu akzeptieren. Sicherlich sollte man auch etwas Zeit in Kirchen verbringen und sie zum In-sich-Kehren, Energietanken, Singen, Beten oder Besichtigen nutzen.
Auf dem spanischen Weg mangelt es nicht an abendlichen Veranstaltungen. Fast alle Herbergen sind kirchlich und bieten deshalb tägliche Pilgersegnungen an, an denen unbedingt teilgenommen werden sollte. Manchmal überraschen diese zwar mit gewöhnungsbedürftigen Ritualen wie das gegenseitige Füßewaschen oder nächtliche Kirchturmbesteigungen. Sie bieten auch eine gute Möglichkeit, die Zimmergenossen näher kennenzulernen und sich ggf. am nächsten Morgen gemeinsam in den Tag zu stürzen. Großstädte wie Logroño, Pamplona, Burgos, León und Santiagio de Compostela laden zu großzügigen Stadtrundgängen ein und lassen den Pilger schnell in die Rolle des Städtetouristen schlüpfen.
Was sind absolute Highlights auf dem Jakobsweg von St. Jean Pied de Port nach Santiago de Compostela?
Auf dem Camino Francés gibt es einige Highlights
Highlight 1: Die Pyrenäenüberquerung zum Kloster nach Roncesvalles und weiter nach Pamplona beeindruckt durch die Vielfalt der Natur und lässt über Pflanzen, Tiere und Flüsse staunen. In Roncesvalles kann man zwischen zwei verschiedenen Übernachtungsmöglichkeiten wählen: dem teuren und häufig bereits ausgebuchtem Hotel der Klosteranlage oder der gemeinschaftlichen Pilgerherberge mit über 100 Betten und nur einer handvoll Duschen für alle Übernachtungsgäste in einer restaurierten Kirche. Nach etwa 3 Tagen erreicht man bereits das erste wirkliche Highlight des Weges, die Stadt Pamplona. Sie beeindruckt nicht nur durch ihre mit Pilgern übersäte Altstadt, sondern auch durch die riesige Stierkampfarena und der Wegmarkierung zur alljährlichen Stierhetzjagd. Beim Verlassen der Stadt sollte man einen Abstecher in die Universität machen um sich einen Pilgerstempel der besonderen Art abzuholen.
Highlight 2: Die Stadt Logroño ist zwar um einiges kleiner als Pamplonal, besticht aber durch ihre Gemütlichkeit und Möglichkeit zur Erholung. In Logroño sollte man die erste, kommerzielle Herberge meiden und stattdessen die unscheinbare Herberge neben der Santiago-Kirche wählen. Wenige Kilometer vor der Stadt passt eine alte Frau tagsüber die Pilger ab und stempelt ihnen auch hier ein besonderes Souvenir in den Pilgerausweis. Freut euch also auf diese herzliche alte Dame am Wegesrand.
Highlight 3: Burgos und León sind architektonische Meisterwerke der iberischen Halbinsel, die keiner weiteren Worte bedürfen. Jeder Reiseführer liefert ausführliche Informationen über die christlichen Prachtbauten beider Städte im Norden Spaniens.
Highlight 4: Santiago de Compostela ist selbstverständlich das Megahighlight des ganzen Weges, obwohl es manchen Pilger (wie etwa mich) teilweise enttäuschen kann. Von einer Anhöhe sieht man zum ersten Mal auf die Stadt mit ihrer Kathedrale um das Grab des Heiligen Jakobus herab, wovon man seit Wochen und Monaten geträumt hat. Der Jakobsweg führt auf seinen letzten Kilometern leider durch hässliche Vorortsiedlungen Santiagos, führt dann aber eindrucksvoll in die Altstadt der heiligen Stadt und lässt die Spannung der Pilger steigen, indem sie um die Kathedrale herum auf den Kathedralenvorplatz geführt werden. Hier finden sich Pilgerscharen wieder und freuen sich über den glücklichen Ausgang ihrer Reise und die Gewissheit, die eigenen Grenzen überschreiten und den Körper fühlbar machen zu können.
Highlight 5: Wer in Santiago de Compostela immer noch nicht genug vom Wandern hat und die Pilgermassen satt hat, der sollte sein Schuhe geschnürt lassen und sich auf den 4-tägigen Marsch zum Ende der Welt, ans Kap Finisterra wagen. Dort erwartet einen, neben herrlichen Wanderungen mit Blick auf den Atlantik eine noch schönere Pilgerurkunde als die, die man in Santiago erhält.
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