Dein Abenteuer beginnt hier!
Tanja
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17. August 2012
Am 10.06.2012 trat ich zum ersten Mal allein die lange Reise nach schwedisch Lappland an. Geplant war eine Solotour entlang des Dag Hammarskjöldsleden von Abisko über den Tjäktapass (höchster Punkt der Tour, ca. 1150 m) nach Nikkaluokta. Insgesamt standen mir 12 Tage für die gesamte Strecke zur Verfügung, die ohne große Mühe auch in der Hälfte der Zeit bewältigt werden kann. Ich konnte es also ganz locker angehen lassen! Die Tour verlief auch zunächst wie geplant vom Bahnsteig bei der Abisko Turiststation über die Abiksojaurehütten nach Alesjaure. Allerdings wurde ich aufgrund der Schneeverhältnisse gezwungen, meinen Weg durch das Visttasvággi fortzusetzen.
Die Landschaft schwedisch Lapplands hat mich schon lange in ihren Bann gezogen. Die unendlichen Wälder, die Sümpfe, das Kahlfjäll mit den „abgeschliffenen“ Bergkuppen im Kontrast zu den alpineren spitzen Berggipfeln, Mäanderlandschaften, das klare kalte Wasser der Bergbäche und –seen aber auch die Stille und die Einsamkeit lassen einen Alltag schnell vergessen. Der Dag Hammarskjöldsleden führt von Abisko über einen Teil des nördlichen Kungsleden, an Schwedens höchsten Berg, dem Kebnekaise, vorbei nach Nikkaluokta und ist mit 110 km Länge eine der berühmtesten, beliebtesten und meist begangenen Wanderstrecken Schwedens. Was sicher nicht nur mit der herrlichen von Eis und Wasser geprägten Landschaft, sondern auch mit der guten Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz und der hervorragenden Infrastruktur zusammenhängt. Die Übernachtungshütten mit Einkaufmöglichkeit und z. T. mit Sauna liegen in Tagesabständen auseinander, die größeren Bäche und Flüsse können bequem über Brücken passiert werden und sumpfige Bereiche sind mit Bohlenstegen versehen. Jährlich findet dort im August der Fjällraven Classic statt – eine Massenwanderveranstaltung mit 2000 Teilnehmern. Meine erste Solotour sollte zum einen vom Streckenverlauf eine ganz einfache Tour werden, zum anderen wollte ich die An- und Abreise so einfach wie möglich halten, da auch das Nutzen der öffentlichen Verkehrsmittel eine Premiere darstellte. Die letzten Jahre waren wir immer im Herbst auf Tour gewesen, von daher wurde es wieder einmal Zeit, die Mitternachtssonne zu erleben. Um den Menschenmassen zu entgehen, aber auch um die Natur bei „Frühlingserwachen“ zu erleben, sollte die Tour zu dem als allgemein „nicht empfohlenen“ Zeitraum zum Ende der Schneeschmelze stattfinden.
Dag Hammarskjöldsleden
Der Dag Hammarskjöldsleden ist ein moderner Pilgerweg und wurde erst 2004 eröffnet. Der Pfad ist nach Dag Hammerskjöld benannt, der sich gerne in der Umgebung um Abisko aufhielt. Er war ein schwedischer Staatssekretär und UN-Generalsekretär, der 1961 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Kurz nach seinem Tod wurde ihm der Friedensnobelpreis verliehen. Entlang des Streckenverlaufs von Abisko nach Nikkaluokta laden sieben Meditationsplätze zum Innehalten ein. Jeder Meditationsplatz ist mit einem Schild gekennzeichnet. Dort befindet sich jeweils ein Stein, in dem ein Auszug aus Dag Hammerskjölds Tagebuch „Zeichen am Weg“ auf Schwedisch und Samisch graviert wurde. Der größte Teil des Pfades verläuft entlang des nördlichen Kungsleden.
Rund um den Abisko Nationalpark
Der Wanderpfad führt zunächst durch den 1909 unter Schutz gestellten und 77 Quadratkilometer großen Abisko Nationalpark. Dabei läuft man meist in Hör- oder Sichtweite des Abiskojåkkas. Kleine Abstecher führen zu wunderschönen Stromschnellen. Man kann sie nicht verpassen, da sich inzwischen kleine Trampelpfädchen gebildet haben. Die meiste Zeit bewegt man sich in einem lichten Birkenwald, hin und wieder mit schönen Aussichten und wird begleitet vom Gezwitscher unzähliger Vögel. Der letzte Abschnitt führt meist baumfrei entlang des Abiskojaures. Über eine Hängebrücke gelangt man zu den Übernachtungshütten. Zelten ist im Nationalparkgebiet nur an ausgewiesenen Plätzen erlaubt. Die Hütten des STF befinden sich am nordwestlichen Ende des Abiskojaure und liegen damit noch im Nationalparkgebiet. Dieses Jahr im Sommer wird die neu errichtete Sauna in Betrieb genommen. Nicht weit entfernt gibt es einen herrlichen, flach ins Wasser abfallenden Sandstrand. Der einzige ausgewiesene Lagerplatz im Nationalpark befindet sich etwa 4 Kilometer von Abisko entfernt, gleich hinter der ersten Brücke. Knapp 2 Kilometer später weist ein Schild auf einen Zeltplatz in 3 km Entfernung außerhalb der Nationalparkgrenzen hin. Die nächsten guten befinden sich vor der Hängebrücke über den Siellajohka, etwa 2,5 km von den Abiskojaurehütten entfernt.
Mit was muss man rechnen, wenn man Anfang bis Mitte Juni im Fjäll unterwegs ist?
Während meines kurzen Aufenthaltes bei den Abiskojaurehütten kamen einige Wanderer aus dem Gebirge zurück. Sie waren sich einig: Die Alesjaurehütten wären nur unter großer Anstrengung, am besten mit Schneeschuhen erreichbar, der Tjäktapass unpassierbar! Schon bei 800 m würden die Schneefelder beginnen, die z. T. noch 1 Meter hoch wären. Immer wieder würde man knietief, manchmal noch tiefer, einsinken. Von der Nutzung mancher Schneebrücken über Bäche war abzuraten, da diese gerade dabei waren „aufzubrechen“ und nicht mehr stabil genug waren. Insbesondere bei diesen Passagen sollte man auf keinen Fall auf die Fußspuren anderer Wanderer vertrauen, denn diese sind kein Indiz für Stabilität. Interessanter Weise hatte man in den höheren Lagen weniger Probleme mit Schmelzwasser, als mit der Passage von Schneefeldern.
Das schönste „Basislager“ der Tour
Plätze, um das Lager aufzuschlagen, findet man einige, wenn man erst einmal den Berg Gárddenvárri passiert hat. Besonders schön empfand ich die Aussicht auf die mit Eis bedeckten Seen direkt nach Passieren des Rentierzauns. Die Lage bietet sich auch für einen schnellen Abstecher auf den Várddut (1086 m) an. Man wird mit einer weiten Aussicht belohnt. Es empfiehlt sich über die kleine Anhöhe östlich und dann erst zum Hauptgipfel mit Messstation zu laufen, denn von dort hat man einen phänomenalen Blick durch das Alisvággi bis nach Tjäkta und den vorderen Teil des Bessesvággi.
Alesjaure
Von den 3 Übernachtungshütten in Alesjaure war gerade mal eine geöffnet und diese nur zum Bruchteil belegt, so dass jeder sein eigenes 4-Bett-Zimmer bekam. Die vollkommene Entspannung erfährt man am Abend in der Sauna mit Ausblick auf die Berge. Wer mag, kann auch gerne anschließend zur Abkühlung in den Fluss springen … auf dem zu dieser Zeit immer wieder kleine Eisschollen vorbeischwammen. Gelegenheit für eine warme Wäsche bietet der beheizte Wasserkessel im Saunavorraum.
Alternativroute Visttasvággi
Gegenüber dem Dag Hammarskjöldsleden ist die Route durch das Visttasvággi deutlich weniger begangen. Man musste, insbesondere im unteren Teil, häufiger durch Bäche waten. Die auf der Karte eingezeichneten Brücken sind alle vorhanden. Jedoch scheint seit einiger Zeit die Brücke über den Vássajohka zerstört zu sein, man sieht nur noch das Fundament und ein paar verrostete Drahtseile. Direkt daneben befindet sich nun eine Sommerbrücke. Wann diese aufgestellt wird, kann ich nicht sagen. Am 18. Juni führte sie bereits über das stark brausende Wasser der Stromschnelle. Auch die folgende Brücke sieht aus wie eine Sommerbrücke. Moränenwälle machen die Wanderung durch das untere Visttasvággi zwar nicht so leicht, wie die Karte vermuten lässt, geben einem aber die Möglichkeit, immer mal wieder einen Blick durch das Tal werfen zu können, da man sich hier meist durch einen Birkenwald bewegt. Am Ende des markierten und immer gut sichtbaren Pfades durch das Visttasvággi trifft man vollkommen unvorbereitet auf die geteerte Straße von Kiruna nach Nikkaluokta.
Frühlingserwachen und Elchsichtungen
Bei den zum Reisezeitpunkt herrschenden Schneeverhältnissen war die alternative Route durch das Visttasvággi die einzige Möglichkeit nach Nikkaluokta zu gelangen. Die Strecke von Alesjaure durch das obere Visttasvággi war nahezu schneefrei zu laufen. Je näher ich mich Nikkaluokta näherte, desto grüner wurde es. Aus Knospen wurden Blätter, das frische Gras schoss nur so in die Höhe und die Blumen blühten. Laut Wanderführer soll im Visttasvággi die Wahrscheinlichkeit, auf Elche zu treffen, sehr groß sein. Insgesamt traf ich auf 3 Elche. Ich sah 2 Elchkühe, die sofort die Flucht ergriffen, und 1 Elchbulle, der sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen ließ und genüsslich die frischen Triebe des Weidengestrüpps vertilgte.
Zeltmöglichkeiten im Visttasvággi
Oberhalb der Vistasstugan gibt es viele Möglichkeiten, sein Lager in traumhafter Kulisse zu errichten, während gute und auch gleichzeitig besonders schöne Zeltplätze unterhalb der Vistasstugan schwieriger zu finden sind. Ein wunderschönes Plätzchen fand ich an einer 90°-Flussschlinge des Visttasjohka, gegenüber des Hügels mit der Höhenbezeichnung 1080 unterhalb des Kåkittjårro.
Bootstransfer durch die Deltalandschaft des Visttasvággi
Ein Bootstransfer durch das Deltagebiet am Ende des Visttasvággi ist von zwei Stellen aus möglich. Die längere Tour beträgt 12, die kürze 7 Kilometer. Der Weg zum Bootsanleger ist mit einem Hinweisschild inklusive Telefonnummer versehen. Der Pfad selbst wird von weißen Markierungen in den Bäumen gesäumt. Man sollte direkt vom Schild aus telefonieren oder sich die Nummer notieren. Die Boote fahren nur nach Anforderung, Personenzahl soll beim Anruf genannt werden. Die Kosten für die 12 km lange Strecke für eine Einzelperson beträgt 810 SEK (Stand 2011)!!! Ob ein Bootstransfer trotz Hochwasser möglich gewesen wäre, kann ich nicht sagen, da bei zahlreichen Anrufversuchen immer nur Besetztzeichen zu hören waren. Das Boot wird bei Sarri AB in Nikkaluokta bestellt.
Ausflugtipp Nikkaluokta
Ein wirklich lohnenswerter Halbtagesauflug von Nikkaluokta aus ist der Govggenjunni, der südöstliche Ausläufer des Kåkittjårro. Von hier aus kann man nicht nur über das große Deltagebiet des Visttasvággi blicken, sondern auch in die anderen beiden großen Täler dort. Man folgt zunächst dem Schotterweg in Richtung Bootsanleger, etwas später erreicht man auf der linken Seite des Weges ein kleines Holzschild mit der Aufschrift „Kåki“. Ein gut erkennbarer Pfad führt auf einfachem Weg den Berg hinauf.
Fazit
Ich würde jederzeit wieder in dieser Zeit auf Trekkingtour dort gehen, auch wenn man seine Route nicht fest planen kann, sondern an die Gegebenheiten vor Ort anpassen muss. Es war ein fantastisches Erlebnis miterleben zu dürfen, wie die Natur aus dem Winterschlaf erwacht. Das Wasser sprudelte unter Schneewänden heraus, „crushed“ Eis klirrte im See, Eisschollen trieben vorbei, Rentierjunge tollten herum und schließlich stieg man aus dem Gebirge in das inzwischen grüne und blühende Tal hinab. Weiterer Vorteil dieser Zeit ist, dass noch nicht so viele Menschen dort unterwegs sind.
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