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Interview mit Christian und Falko zu ihrer spannenden Elbrustour

Interview mit Christian und Falko zu ihrer spannenden Elbrustour

Was passiert, wenn Anfänger und Hochtourenerfahrene sich über die DAV-Community zu einer Reise an die Grenze von Europa verabreden, um sich dann erstmalig in Kislovodsk zu treffen?  Am Mittwoch waren mit Christian (Jura-Student), und Falko (Geografiestudent) zwei der sechs Expeditionsteilnehmer bei uns zu Gast im Rahmen von tapir WeltWeit und konnten viel Spannendes über ihr Bergabenteuer erzählen. Ihre Kaukasustour führte sie im Sommer 2012 teilweise an die physische und psychische Grenze und der eine oder andere im Publikum kam beim Hören aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.

Ihr erfrischender Tourbericht beim tapir-Weltweit lebte von den teilweise gegensätzlichen Ansichten über Erlebtes, resultierend aus dem sehr stark voneinander abweichendem Erfahrungsschatz der einzelnen Team-Mitglieder. Kleinere Spannungen, die gern bei Erzählungen verschwiegen werden, und die es auch in dieser Gruppe am Berg gegeben hatte, wurden mit angesprochen. Dadurch neugierig geworden haben wir uns mit Ihnen zu einem kleinen Interview getroffen, aus dem schnell eine offene Gesprächsrunde wurde. Dabei ging es nicht nur um den Berg sondern auch um zwischenmenschliche Aspekte in einer Gruppe, deren Mitglieder sich teilweise erst im Kaukasus persönlich kennengelernt hatten.


Ihr wart mit einer relativ großen Gruppe am Berg unterwegs – seid Ihr im Vorfeld schon zusammen unterwegs gewesen? Wie sahen die Vorerfahrungen der einzelnen Teilnehmer aus?

Christian: Martin, unser Österreicher, ist ebenso Bergsteiger und viel in den Alpen unterwegs gewesen und brachte so Erfahrungen mit. Ich habe vorher mal mit Klettern angefangen, wußte aber immer, dass es mich in die Höhe und eher zum Bergsteigen zieht und nach dem Mont Blanc wollte ich mehr Höhenluft erleben. Ich habe immer gespürt, dass es mich irgendwie nach oben zieht.
Zwei von uns haben im Vorfeld noch einen Gletschergrundkurs besucht. Falko war mit Nils zur Vorbereitung in den Alpen am Weißkogel (Stubaier Alpen – 3185m) unterwegs.
Martin kannte vorher keiner von uns. Er kam auch erst mit hinzu, weil ein anderer Kandidat abgesprungen war.

Wie habt Ihr Euch in der Vorbereitung organisiert und gab es einen, sagen wir, Expeditionsleiter?

Falko: Christian war auf Grund seiner Erfahrungen eigentlich der von der Gruppe akzeptierte Führer. Er hatte sich in der Vorbereitung intensiv mit dem Berg und den Routen auseinandergesetzt und versuchte, vor Ort alles zusammen zu halten.

Christian: Wir hatten dann im März eine Facebook-Gruppe zur Vorbereitung gegründet und zur Kommunikation genutzt. Das hat gut funktioniert. Na und das mit meiner Chefrolle wollte ich nicht unbedingt,  hat sich dann aber so ergeben.
Ganz selbstorganisiert waren wir in Russland aber nicht unterwegs. Für den Vorort-Transport – also hin zum Berg – haben wir mit einer Organisation zusammengearbeitet, die uns einen Fahrer gestellt haben, was ziemlich gut funktioniert hat.

Ihr wart innerhalb von 11 Tagen an der Westseite, dann Nordseite und am Ende im Süden unterwegs: wer von Euch hat es denn nun bis nach ganz oben geschafft?

Christian: Nachdem wir an der Westseite abbrechen mussten, versuchten wir es im Norden. Allerdings war auch hier das Wetter nicht auf unserer Seite; alle anderen stiegen ab und ich traf auf zwei Italiener, mit denen ich gemeinsam bis zum Gipfel durchziehen konnte. Absolut schlechte Sichtverhältnisse. Wir suchten bestimmt 10 min nach dem Gipfel, teilten uns auf und schauten, ob es ringsum wirklich überall wieder bergab geht.

Falko: Nils und ich hatten noch etwas mehr Zeit als Christian und der Rest der Gruppe (Martin, Florian und Florian). Wir haben beschlossen, nachdem wir uns eine Nacht in einem Hostel von den Strapazen der Schneehöhle erholt hatten, doch noch von Süden aus den Gipfel anzugehen. An der Seite ist man absolut nicht allein. Wir waren erstaunt, wer es alles auf diesem Weg versucht hat.
Nach einer Nacht im Zelt auf knapp 4000m stiegen wir bei guten Wetterbedingungen auf. Auf dem Gipfel gab es blauen Himmel und extrem gute Sicht auf den Kaukasus-Hauptkamm. Da der Typ, dem die Hütte gehört hatte, neben der unser Zelt stand, viel Geld, wirklich viel Geld haben wollte, stiegen wir komplett bis ins Tal ab – waren dann nachts gegen 2.00 runter vom Berg.


Wie sieht es eigentlich mit Euren Russisch-Kenntnissen aus? Wie habt Ihr Euch auf dem Markt oder mit Eurem Fahrer verständigt?

Falko: Nö. Keiner von uns konnte russisch aber es hat trotzdem gut funktioniert. Mit Händen und Füßen hat es gut geklappt. Und wir hatten Glück

Christian: Unser Fahrer kam ja von der Agentur und wußte, wann wir wohin wollten. Da gab es kein Problem.
Aber, wenn es aber zu einem Notfall gekommen wäre, hätte es ganz schön kritisch werden können. Hilfe rufen oder so ist dann unter Umständen noch schwieriger als so schon im Gebirge.

Außerdem hatten wir ein paar kleinere Probleme bei der Ausreise, da war es hilfreich, einen englischsprachigen Russen bei uns zu haben, den wir vorher schon am Berg getroffen hatten. Unser Visum war an der Grenze schon 10 Minuten abgelaufen, das war ein ganz schönes Drama. Was am Ende zum Glück ohne ohne große Probleme ausging.

Falko: Stimmt; wir waren im Anschluss nach dem Elbrus noch im Adyr-Su-Tal unterwegs. Die Täler im Süden liegen in der Grenzregion zu Georgien. Die Taleingänge werden von Soldaten bewacht und da kommt man mit Englisch nur bedingt weiter. Einer der Soldaten hatte ein I-Phone und er nutzte den Translator, um uns zu erklären, was wir zu tun und zu lassen hätten.

Man hört ja in Deutschland immer wieder mal von einer problematischen Sicherheitslage – habt Ihr etwas davon mitbekommen?

Christian: Wir haben im Vorfeld viel im Internet gelesen. Und das ging einem vor Ort sicher auch durch den Kopf. Hätten wir das nicht im Hinterkopf gehabt, hätte es bei uns nie irgendwelche Bedenken gegeben.

Falko: Eigentlich ist es uns erst im Süden bewusst geworden. Durch Straßensperren und auch durch Panzer sowie mehrere Kontrollen. Das hat uns zum Nachdenken gebracht. Aber mehr haben wir davon nicht mitbekommen. Die Menschen im Kaukasus die wir auf der Straße und am Berg getroffen haben, waren alle ausnahmslos freundlich, offen und nett.


Um noch einmal auf die Größe der Gruppe zurückzukommen – wenn Ihr wieder auf Tour geht: würdet Ihr etwas anders machen, wenn es z.B. darum geht, wieder Leute für eine Hochtour zu finden?

Christian: Ich würde es wieder so angehen – auch über das Internet Gleichgesinnte zu finden. Ist im eigenen Umfeld schwierig, Leute zu finden, die auf solche Touren mitgehen. Ich würde auch gern wieder mit Falko nach Kirgistan diesen Sommer fahren.

Das mit der Gruppengröße war auch okay, auch wenn es am Ende der Tour vielleicht ein paar kleine Spannungen gegeben hatte. Ist wahrscheinlich normal bei der Länge der Zeit.
Was ich anders machen würde? Wenn man die Leute nicht kennt, würde ich mir z.B. ihre Ausrüstungsliste schicken lassen und noch genauer versuchen im Vorfeld abzuchecken, ob sie auch alle an alles gedacht haben – sei es Ausrüstung, oder auch was das Essen angeht. Das wurde am Elbrus ganz schön knapp weil einige überhaupt nicht einschätzen konnten, was man wirklich am Berg an Kalorien zu sich nehmen sollte. Wie hoch die Belastungen sind.

Falko: Ich fand das mit der großen Gruppe gar nicht schlimm – würde auch wieder mit so einer großen Gruppe gehen. Obwohl, irgendwie gab es zu wenig Kommunikation. Vielleicht, weil wir so viele waren. Schade. Wir haben uns bei der Verabschiedung schon fast kühl voneinander getrennt, hatten trotz der intensiven Zeit am Berg wenig miteinander gesprochen. Vielleicht sind Dreier-Teams besser oder maximal vier. Drei Leute sind auch aus Gewichtsmaximierungsgründen wohl das Beste.

Christian: Ich glaube, wenn, dann vier Leute im Team. Zum einem kann es passieren, das wenn man zu dritt unterwegs ist, einer immer von den anderen beiden überstimmt wird und er sich dann an die Gegebenheiten anpassen muss. Nicht so schön.
Außerdem. Wenn etwas passiert, ist unter Umständen für alle die Tour zu Ende, weil wenigstens einer mit dem Verletzten absteigen muss. Zudem kann man aus einem Vierer-Team am Berg gegebenenfalls zwei Seilschaften bilden und  ist dadurch flexibler.

Wie gehts weiter? Gibt es einen Traumberg? Und was steht bei der nächsten Tour an?

Falko: Bin gerade in der Selbstfindungsphase fürs Berufsleben. Bei mir steht erstmal der Studienabschluss im Sommer an – und dann muss ich sehen, wohin es mich nach dem Studium führt. Na ja, dann ist da auch noch meine Freundin.
Aber ich habe Höhenluft geschnuppert und würde gern mehr, vielleicht auch schon gern mit Christian im Sommer an den Berg. Oder wenigstens ein paar Sachen in den Alpen gemeinsam machen.

Christian: Ich habe einen Traumberg – das ist der Nanga Parbat. Sportklettern oder schweres Alpines Klettern reizt mich nicht so sehr wie das Höhenbergsteigen. Grundsätzlich bevorzuge ich auch bei großen Unternehmungen den Alpinstil und ohne Führer – einfach allein und selbstorganisiert am Berg unterwegs zu sein. Und wenn ich die Wahl habe, dann nur als Zweier-Seilschaft und nicht in großer Gruppe. Zu Zweit ist das Erleben intensiver, man ist aufeinander angewiesen und das bindet viel mehr.

Ich bin wahrscheinlich eher ein Einzelgänger und kann für die ganze Zeit am Berg komplett abschalten vom Alltagsleben. Einen Viertausender habe ich ganz alleine bestiegen, ich glaube das war meine schönste und beeindruckendste Tour.

Im Sommer soll es zum Pik Lenin gehen. Diesmal ganz allein organisiert, ohne eine Agentur. Man sollte gut bis zum Basecamp kommen. Mit Max, einem Bergkamerad, habe ich bereits einen zuverlässigen Partner für diese und vielleicht auch nächste Touren gefunden. Trotzdem freue ich mich, wenn wir noch weitere Partner finden, die vielleicht selbständig aber mit uns gemeinsam am Berg unterwegs sein wollen. Gerade für die großen Touren brauch man ein gutes Vertrauensverhältnis, der Lenin ist nun eben die Chance, dieses aufzubauen.

 

Wir danken Euch für Eure Zeit und die offenen Worte im Interview. Viel Spaß und alles Gute für Christians Kirgistan-Tour sowie Falkos Studienabschluß und auf bald wieder im tapir- wir freuen uns schon auf einen neuen Tourbericht.

Bei uns im tapir geht es am Dienstag und am Mittwoch mit zwei weiteren tapir-WeltWeit-Veranstaltungen weiter. Neben spannenden Bildern und Erzählungen besteht am 29.01.2013 die Möglichkeit, viele Fragen zur einer Rückreise auf dem Landweg von Australien nach Hause zu stellen. Am 30.01. geht es wieder hoch hinaus – Olaf Rieck berichtet von seinem Grenzerfahrungen bei seinem Hidden-Peak-Abenteuer. Wie immer ist der Eintritt zum tapir-WeltWeit frei. Zeitiges Erscheinen sichert die besten Plätze 🙂

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