Im Rahmen eines Schulprojektes über die Alpen zu wandern klingt im Zeitalter von „Over-Protection“ samt „Rundum-sorglos-Paketen“ nach einem riesigen Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Wir haben während der Tourvorbereitung die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer in den Beratungsgesprächen zur richtigen Ausrüstung erlebt – mit teils neuen Argumenten, nach denen die Sachen ausgewählt werden sollten. Außerdem waren wir waren neugierig, wie sich das Projekt in der Planungsphase entwickelt hat. Deshalb haben wir Paul Hellriegel, Lehrer und Initiator, ein paar Fragen gestellt:
Wer kam als Erster auf die Idee, als Team über die Alpen zu wandern und wie hat sich diese Idee in der Schule verbreitet?
In einem Gespräch mit Schülerinnen und Schülern im Englischunterricht habe ich von meiner Zeit als Schüler in den USA erzählt. Daraufhin meinten die Kids, dass sie auch mal weg und ein Abenteuer erleben wollten. Deshalb habe ich ihnen von verschiedenen Herausforderungsprojekten, die ich von anderen Schule kannte, erzählt. Basierend darauf habe ich dann das Konzept für die Alpenüberquerung geschrieben und abgegeben. Ab Anfang gab es natürlich viel Skepsis bei allen, aber nach und nach hat sich das gelegt und das Projekt entwickelt.
Wenn die Idee nicht von Ihnen kam, was schoss Ihnen zu Beginn durch den Kopf?
Wie gesagt: Die Idee kam von mir auf der Basis, dass ich von vielen solcher Projekte schon gehört hatte und die Kolleginnen und Betreuerinnen stets positiv berichtet hatten.
Haben Sie und Ihre Lehrer:innenkollegen selbst Vorerfahrungen im Trekking?
Von den Kolleginnen und Kollegen hatte nur ich Vorerfahrung im Bezug auf Mehrtagestouren. Am Ende kam dann noch eine Erlebnispädagogin mit, die Vorerfahrungen und Ausbildungen besaß.
Gab es im Lehrer:innenkollegium oder bei Ihren Chefs Vorbehalte?
Ja natürlich. Gerade am Anfang haben das sehr viele für eine Schnapsidee gehalten, die im Sande verlaufen würde. Viele von ihnen haben die Herausforderungen finanziell und sozial als unüberwindbar gesehen. Mit der Zeit hat sich das aber dann auch geändert, weil viele gesehen haben, wieviel Zeit wir in das Projekt stecken und dass wir Fortschritte machen. Einige haben das Projekt aber auch von Anfang an gefördert.
Bei wem hat sich die Gruppe Unterstützung gesucht, um die Aktion zu finanzieren?
Die Finanzierung war von Anfang an ein wesentliches Thema. Die Schüler:innen haben am Anfang einen Flyer für das Projekt gestaltet, welchen sie dann an diverse Firmen und Privatpersonen geschickt haben. Zudem haben sie Anträge bei Stiftungen und Parteien abgegeben und über Crowdfunding Geld gesammelt. Am Ende hat einer dieser Anträge zu einer großen Förderung durch „Aufholen nach Corona“ geführt. Ohne diese Förderung hätte die Reise anders und in wesentlich abgespeckterer Form stattfinden müssen.
Gab es im Vorfeld eine Phase, in der Sie über den Abbruch des Projektes nachgedacht haben?
Ja, ich habe des Öfteren darüber nachgedacht. Der zeitliche Aufwand war enorm und das Motivieren der Schüler:innen über ein Jahr hinweg nicht immer leicht. Im Besonderen hat mir die wacklige Finanzierung enorme Sorgen gemacht. Als dann der Förderungsbescheid kam, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Es ist traurig, dass Schulen nicht ein freiverfügbares Budget haben, mit dem sie solche Projekte ohne viel Bürokratie unterstützen können. Am Ende gibt man Gelder sogar wieder zurück, weil der Verwendungszweck nicht passt.
Alles noch einmal auf Anfang: Würden Sie mit dem Wissen von heute das Projekt noch einmal angehen?
Ja! Die Entwicklung, die einige Schülerinnen durch die Projekt genommen haben, würde ich um nichts in der Welt eintauschen. Und auch die Erfahrungen, die ich selber gesammelt habe, sind Gold wert.
Gibt es etwas, was Sie Kolleg:innen mitgeben würden, die sich ein ähnliches erlebnsipädagogisches Projekt vorstellen oder schon planen?
Einfach machen, naiv, geduldig bzw. beharrlich sein und nie die Hoffnung verlieren, selbst, wenn das Projekt am Ende scheitert. Der Weg zum Ziel bringt schon eine wahnsinnige Entwicklung mit sich.
An der Stelle schon mal ein Dankeschön an Paul Hellriegel für seine Zeit, uns im Vorfeld des Vortrags schon ein paar Fragen zu beantworten. Und für seinen Mut und das Durchhaltevermögen, dieses Projekt durchzuziehen.
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