Dein Abenteuer beginnt hier!
Markus
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4. Oktober 2013
Wo werden Dinge auf einem Motorrad transportiert, die man bei uns auf keinen Laster bekommt? Welche Stadt hat täglich mehrere Millionen Mopeds auf ihren Straßen? Wo gibt es eine Küstenlinie von mehr als 3000 Kilometern Länge?
Während meiner Praktikumszeit in Laos machte ich mir Gedanken über weitere Reisepläne. Dabei hatte ich relativ wenig über Vietnam gehört, die wenigen Kommentare von Leuten, die das Land bereist hatten, waren sehr unterschiedlich. Der Grundtenor war aber „dass es anders sei, als der Rest von Südostasien“. Das hörte sich dann doch recht spannend an und ich entschied mich, ein wenig mehr über dieses langgestreckte Land im Osten zu erfahren. Ausschlaggebend für eine Reise nach Vietnam war dann zum einen, dass das vietnamesische Neujahrsfest „Tet“ im Februar stattfinden sollte. Es gilt in Vietnam als das größte Volksfest und ist etwa vergleichbar mit Weihnachten bei uns. Des weiteren reizte mich die Bergwelt im Nordwesten des Landes, wo sich der 3142 Meter hohe Fansipan befindet, höchster Berg Indochinas und in unmittelbarer Nähe zur chinesischen Grenze.
Die naturellen Sehenswürdigkeiten, wie die zum Weltnaturerbe erklärte Halong Bucht, sowie die wechselreiche Geschichte Vietnams bestärkten mich in dem Entschluss, auf der vietnamesischen Botschaft in Vientiane ein einmonatiges Visum zu beantragen und Ende Januar mit einem völlig überladenen Bus in Richtung Hanoi zu fahren…
„Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt die ist schön…“
…auch wenn sie 28 Stunden dauerte und mir zwischenzeitlich doch ein wenig die Gesäßmuskeln einschliefen, war diese Tour eine besondere Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Katastrophale Zustände an der Grenze mit einer Wartezeit von knapp 8 Stunden, hautnaher Körperkontakt zu einem älteren Vietnamesen, sowie einem nettes Pärchen aus Island boten die notwendige Unterhaltung. Das erste, was ich von Vietnam sah, waren die flachen Reisfelder von Vinh. Zudem herrschte regnerisches und kühles Wetter, das sich bis Hanoi halten sollte. Nachdem wir an einem Sonntag gegen 18:00 Uhr in Vientiane/Laos losgefahren waren, wurden wir am nächsten Abend ca. 22:00 Uhr in irgendeinem Winkel der Hauptstadt rausgeworfen. Durch ein paar Umwege gelangten wir schließlich mit dem Taxi in das etwas chaotische Zentrum, wo wir bereits das erste Verkehrsopfer sahen, was scheinbar tot auf der Hauptstraße lag, und vom Taxifahrer mit einem hämischen Kommentar bedacht wurde. Als wir dann schließlich in einem freundlichen kleinen Budgethotel in der verwinkelten Altstadt von Hanoi ankamen, teilten wir uns zu dritt ein Zimmer und fielen in einen tiefen Schlaf.
Hanoi-Metropole mit Flair
Auf den ersten Blick etwas verrückt, begann ich jedoch schon bei meinen ersten kleinen Exkursionen, die Metropole zu mögen. Es ist eine Stadt mit Flair und ganz wichtig, auch mit Charakter. Es waren hier nicht nur die Leute, sondern auch die koloniale, langsam verkommende Architektur der Franzosen, die das Stadtbild maßgeblich prägten. Der Verkehr ist sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich in den verwinkelten Gassen der Altstadt verirrt, oder am Hoan Kiem See im Zentrum entlang läuft, kann man mit etwas Glück einige, märchenhaft schöne Kompositionen entdecken. Künstler und Hochzeitspärchen schlendern um den See, trotz Hektik auf der Straße ist man in einer kleinen Oase gelandet. Vielleicht war es auch das kühle und neblige Wetter, was dazu beitrug, das die gesamte Atmosphäre etwas mystisch wirkte. Alle Bewohner liefen bei 15 Grad in dicken Daunenjacken herum und auch für mich war es, nach rund drei Monaten in den heißen Gefilden von Laos, eine ziemliche Abkühlung.
Nachdem ich das Ho Chi Minh Mausoleums besichtig, sowie das köstliche vietnamesische Streetfood ausprobiert hatte, entschloss ich mich relativ spontan, einen Nachtzug nach Sapa zu nehmen. Sapa ist ein Gebirgsdorf im Nordwesten Vietnams, das für seine bunten Bergvölker, sowie seine grünen Reisterassen berühmt ist.
Die Besteigung des Fansipans
Schon beim Umsteigen in der vietnamesischen Grenzstadt „Lao Cai“ fing es an zu regnen und tiefe Dunstschwaden hingen über dem Tal. Die kurze, einstündige Minibusfahrt nach Sapa war aufgrund der schlechten Sicht, vorsichtig formuliert, ereignisarm. Auch Sapa riss mich zunächst nicht vom Hocker. Ohne Planung zusammengewürfelte Betonbauten und riesige Baustellen hatte ich hier nicht erwartet. Etwas missmutig suchte ich mir eine Bleibe für die nächsten beiden Tage und erholte mich von den Strapazen der langen Reise. Als ich nachmittags aufwachte, waren die Wolken verschwunden und die Sonne strahlte durchs Fenster hinein. Schnell warf ich mir meine wärmsten Sachen über und wanderte aus Sapa ins benachbarte „Cat Cat Village“. Die Reisterassen sind zwar im Januar braun, dennoch konnte man sich ungefähr vorstellen, wie es hier zur Erntezeit aussehen würde.
Was mich aber vielmehr faszinierte war ein langgestrecktes Massiv am Horizont, wo eine kleine Spitze den höchsten Punkt von Vietnam markierte. Ich informierte mich bei verschiedenen Touristeninformationen über die Gegebenheiten, die man zu dieser Jahreszeit auf dem Gipfel erwarten konnte. Bedingt durch meinen längeren Aufenthalt in den Tropen war ich nicht auf eine alpine Tour vorbereitet und hatte als obere Bekleidungsschichten nur ein 100er Fleece-Jäckchen und eine dünne Windjacke dabei. Übernachten in einem Camp wäre unter diesen Bedingungen ausgeschlossen und „Fake-Outdoor Bekleidung“ konnte ich mir aufgrund meines geringen Budgets nicht leisten. Also entschied ich mich für die sportliche Variante, nämlich den Fansipan in einem Tag zu erklimmen! Allerdings musste der Transport zum Wanderweg erst organisiert werden und auch das Permit für die Besteigung erforderte ein bsschen Geduld. Nach vielen erfolglosen Bemühungen fand ich schließlich eine Agentur, die mir einen Guide zur Verfügung stellte. Dieser holte mich am nächsten Morgen gegen 5:00 ab und wir brausten mit dem Motorrad bei klirrenden Temperaturen um 0 Grad durch die Nacht. Als Eisblöcke erstarrt begannen wir zu laufen, ja fast zu rennen und mit Stirnlampen „bewaffnet“, bahnten wir uns unseren Weg durch ein Wirrwarr aus Wegen und dunklen Schluchten. Die Kälte verlieh neue Kräfte und so waren wir beide die ersten und vermutlich auch die einzigen Berggäste an diesem strahlenden Tag. Es war Freitag, der 1. Februar 2013 als wir bereits gegen 10:45 vormittags den Gipfel erreicht und eine wunderbare Fernsicht bis nach China genossen. Dummerweise konnte mein Begleiter fast kein Englisch und meine Brocken vietnamesisch reichten nicht aus, um eine tiefere Konversation zu führen. Als ich aber am Gipfel zwei Büchsen Bier aus meinem Rucksack holte, strahlte er über das ganze Gesicht und alle Sprachbarrieren waren vergessen. Der Abstieg war endlos lang, und gerade der Gipfelbereich war ziemlich vereist. Auch das Abseilen mit Bambus-Lianen und ohne richtige Bergschuhe war ein kleines Abenteuer, sodass ich ziemlich glücklich war, am Abend meine Nudelsuppe in mich reinzuschaufeln.
Am nächsten Tag sah ich mir den großen Markt von Sapa an, wo ich nette Gespräche mit den Einheimischen führen konnte, die alle ausgezeichnet Englisch sprachen. Dabei gestatten mir einige alte Damen, ein paar Porträtaufnahmen zu machen. Tief zufrieden fuhr ich nach meinem kurzen, aber unvergesslichen Aufenthalt nach Hanoi zurück, wo ich eine Bootstour in der Halong Bay als nächstes Ziel vor Augen hatte.
Die Halong Bay – Where the Dragon descends into the sea!
In Hanoi wird man in der „Off-Season“ geradezu überschüttet mit Sonderangeboten zu irgendwelchen Package Touren. Und selbst die Sonderangebote sind nochmals verhandelbar, wobei hier erwähnt sein muss, dass man gerade bei der Halong Bay meist den Preis bekommt, den man auch bezahlt. Ich entschied mich für eine dreitägige Bootstour mit zwei Übernachtungen. Davon war eine Nacht auf einem größeren Boot und die zweite auf einer kleinen Insel, genannt „Monkey-Island“, am äußersten Rand des Archipels von Halong. Am ersten Tag fuhren wir einen bezaubernden Sonnenuntergang entgegen, der die Gegend in ein glühendes Gelb verwandelte. Das Schöne an der Tour war, dass man quasi am zweiten Tag auf der Insel „in Ruhe gelassen wurde“ und machen konnte, was man wollte. So paddelte ich ein paar Stunden in einem Kajak zwischen den aus dem Meer ragenden Karstfelsen entlang und bestieg mit ein paar Gefährten einen Aussichtspunkt, wo wir einige wilde Affen vorfanden, die dem Namen der Insel alle Ehre machten.
„Tet“ in Hoi An
Nach der Halong Bay galt es, so schnell wie möglich in Richtung Süden zu kommen, da bereits alle Fernbusse und Züge durch das bevorstehende „Tet“ Neujahrsfest lange im Voraus ausgebucht waren. So blieb nur ein eintägiger Besuch in der schönen alten Kaiserstadt Hue, in der die alte kaiserliche Anlage ein Muss für jeden Freund vietnamesischer Geschichte darstellt. Auf der Fahrt nach Hue passiert man zudem auch die ehemalige Grenze zwischen Nord- und Südvietnam, die ich allerdings im Nachtbus nicht wirklich wahrnehmen konnte. Gerne wäre ich länger in Hue geblieben, doch zwang mich erneut das heranrückende „Tet“ Festival zur Weiterfahrt nach Hoi An.
Dieses Ziel erwies sich als Volltreffer. Hoi An ist meiner Meinung nach die schönste Stadt von Vietnam. Zwar ist die Altstadt sehr touristisch geprägt, allerdings hat man hier auch die Möglichkeit, für ein paar Tage zur Ruhe zu kommen. Zudem lockt ein netter kleiner Strand, den der Besucher bequem mit dem Fahrrad in ca. zwanzig Minuten erreichen kann. Einen Besuch lohnt zudem die antike Weltkulturerbe-Stätte von „My Son“, die ich mit drei Reisebegleitern mit dem Motorrad besichtigt habe. Apropos Motorrad: Beim Ausleihen unbedingt testen, ob das Licht funktioniert. Wir kamen nach längerem Aufenthalt in „My Son“ in die Dunkelheit und mussten ohne Licht auf der vietnamesischen Bundesstraße gegen LKWs und Autos kämpfen und waren dabei hoffnungslos unterlegen.
Der Übergang ins neue Jahr wurde dann mit einem riesigen Feuerwerk in Hoi An zelebriert. Dummerweise fing es kurz vor Mitternacht an, in Strömen zu regnen, sodass tausende von Besuchern das Stadtzentrum verlassen mussten.
Saigon/ Ho Chi Minh Stadt – Die verrückteste Motorradmetropole der Welt
Nach der schönen Zeit in Hoi An folgten zwei weniger spektakuläre Stops. Einer war in Nha Thrang, einer recht unattraktiven Betonstadt am Pazifik, der ich schon nach Ankunft so schnell wie möglich wieder entrinne wollte. Die Fahrt ging weiter in das kitschige Bergstädtchen Dalat, wo ich ebenfalls das Ausleihen eines Motorrads empfehlen würde, da die meisten beeindruckenden Wasserfälle und Berge außerhalb vom Stadtzentrum liegen.
Nach etwas mehr als drei Wochen Rundreise durch Vietnam wartete mein Billigflieger mit Air Asia nach Bangkok auf mich. Dazu musste ich jedoch in einer der chaotischsten Städte der Welt halt machen. Saigon oder jetzt als Ho Chi Minh City bezeichnet, ist definitiv einen kurzen Halt wert. Die tropische Metropole besticht durch moderne Hochhäuser und einen Motorradverkehr, der in dieser Form außergewöhnlich ist. Man sollte sich einfach mal an eine Kreuzung stellen und das ganze Spektakel auf sich wirken lassen. Die Zeit spielt dabei keine Rolle, es ist eigentlich Tag wie Nacht etwas los. Zum Teil werden mit den Motorrädern auch unglaubliche Dinge transportiert, die man in Deutschland nicht einmal ansatzweise befördern könnte. Beispiele dafür sind ein dutzend Käfige gefüllt mit lebenden Hühnchen oder Ziegelsteine, die um den Fahrer gebaut werden, sodass er quasi eingemauert durch den Verkehr sausen konnte. Zudem sah ich ein kleines Moped, dass mit einem Berg an Kuscheltieren beladen war, die gefährlich schwankten.
In Saigon selbst ist das „War Remnants Museum“ sehr sehenswert, dass eine detaillierte Aufschlüsselung des Vietnamkriegs zeigt und preiswert besichtigt werden kann. Für einen netten Überblick über die Stadt geht man auf den Bitexco Financial Tower mit schöner Aussicht auf Saigon River und die Downtown.
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