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Testbericht: der neue Oxi von Ocùn

Testbericht: der neue Oxi von Ocùn

Wie jedes Jahr spurtete ich auch 2015 wieder auf der Outdoor in Friedrichshafen alle Kletterschuh- und Bergsporthersteller im Dauerlauf ab, um mir einen Überblick zu verschaffen. Hierbei fiel mir eins sofort ins Auge: Single-Velcros (Kletterschuhe mit nur einem Klettverschluss) sind dieses Jahr das absolute Must-have bei den Herstellern. La Sportiva bringt einen mit dem Namen Skwama, Red Chili bringt den Atomyc, Boreal die Neuauflage des Mutant und natürlich darf Ocùn dem in nichts nachstehen und bringt den Oxi. Glücklicherweise hatte Ocùn alle Kletterschuhe auf der Messe in Größe Nr. 41 dabei, was beim Oxi exakt meiner Größe entspricht und mir somit das Testmodell sicherte.

Schon beim Öffnen des Kartons springt einen der Oxi förmlich an. Der Leisten ist meiner Ansicht nach eher am Rebel als am Ozone orientiert und schmeichelt meinem Fuß absolut. Tendenziell passen mir die Schuhe der Tschechen, unabhängig von Nuancen, einfach sehr gut. Zudem kommt der Oxi vorn spitz, mit leichtem Downturn und anständig vorgespannt daher. Rein optisch sind also schon mal alle Anforderungen, die der moderne Boulderer und Kletterer an seinen Schuh haben kann, erfüllt. Natürlich gehört zu diesen Anforderungen heute auch ein großflächiger Toe-Hook-Patch, welcher beim Einsatz der Zehenoberseite als Unterstützung dient.

 

Aber welche Lücke im Sortiment versucht Ocùn nun mit dem Oxi zu schließen? Ganz klar zielt der Neue auf das Bouldern:

  1. Schnelles An- und Ausziehen durch die Hybridkonstruktion aus Slip-In- und Velcroschuh.
  2. Im Gegensatz zum Rebel QC ist der Fersengummi jetzt reibungsfreundlich und unterstützt den ambitionierten Einsatz im Überhang.
  3. Ebenfalls fühlt sich der Oxi weich und sensitiv an, viel weicher als der Ozone QC, was natürlich bei gefühlvollen Passagen ausschlaggebend sein kann. Zudem ist das Fersenband (gelb) flexibler als bei vielen Schuhen, was den Sitz trotz Aggressivität komfortabler macht.

Schon zu Beginn zeigt sich der neue Tscheche von seiner besten Seite. Ein Einklettern ist eigentlich nicht nötig. Natürlich arbeitet der Oxi wie alle Kletterschuhe unter Last nach, entscheidet man sich aber für die richtige Größe, passt er aus der Box heraus perfekt und wackelt auch nicht im Laufe der Zeit.

Mit dem Oxi kann es also direkt zur Sache gehen. Da ich den Schuh aber erst im Dezember zugeschickt bekommen hatte, blieb mir für den ersten Test leider nur die Halle. „Leider“ deshalb, weil Kunsttritte tendenziell mit jedem Gummi passabel zu stehen sind und mindestens die Größe eines Schraubenkopfes haben (irgendwie müssen diese ja an der Wand fixiert werden). Also keine Überraschung: An der Kunstwand klettert sich der Schuh spielend. Mit der sensiblen Sohle fühlt man sich förmlich die Touren hoch. Es beschleicht einem beim Klettern dieses unbeschreibliche Gefühl, lautlos zu treten und die Tritte dabei genau zu spüren.

Glücklicherweise hatten wir aber einen milden Winter und auch die Felsentests ließen nicht lange auf sich warten. Das erste Antesten erfolgte im Kalkstein des Fränkischen Juras. An einem kühlen Januarwochenende musste der Waischenfelder Turm herhalten und siehe da: gar nicht mal so übel! Obwohl der Oxi auf Grund seiner weichen Sohlen und Slipperkonstruktion für mich intuitiv nicht die erste Wahl für fränkische Lochkletterei in „hohen“ Graden gewesen wäre, machte der Schuh eine gute Figur. Zum Ausbouldern und Einhängen ist der Schuh ideal. Auch ein leicht marmorierter Kalk kann dem hauseigenen STICKY-Grippin-Sohlengummi nichts anhaben. Für die richtig schwere Lochkletterei hatte ich dann aber vorsichtshalber immer noch den bewährten, hartsohligen Schnürschuh dabei. Dies zählt den Oxi aber in keiner Weise an, aber stehe ich in kleinen Löchern nur mit wenigen Millimetern Spitze, muss die Zwischensohle für mich einfach fester sein.

Dies änderte sich aber schlagartig im Sandstein an Bahratal und Schneeberg. Hier ist der Oxi dann nicht nur 100 %ig in seinem Element, sondern bouldert sich, als wäre er dafür geschaffen worden. Der Sandstein frisst sich förmlich in das weiche Sohlengummi und sorgt für maximalste Reibungseffekte. Ebenfalls lässt sich hier die Flexibilität der Sohle ausspielen. Jegliche runde, dullige oder anders geartete Trittformation kann somit angetreten werden. Boulderspaß ist garantiert und als Zubrot lässt sich mit dem Toe-Hook-Patch natürlich hervorragend im Überhang arbeiten. Der Oxi verhält sich bei all dem natürlich, intuitiv und trotzdem unterstützend am Fuß. Eine Balance, die bei Weitem nicht allen Schuhen so gelingt.

Zu guter Letzt konnte ich den Schuh ins sonnige Italien entführen und mich zwei Wochen mit ihm gegen die steilen Wände in Oltrefinale werfen. Und dies ist etwas, das dem Oxi in die Wiege gelegt wurde. Für lange, steile Kletterei könnte ich mir keinen besseren Kletterschuh vorstellen. Sperrhooks mit Toe und Ferse können in diesem Gelände beliebig geworfen werden und der gute Sitz macht das lange Tragen auch in 30-m-Touren möglich. Die Tritteigenschaften sind trotz aller Komforthymnen so ausgeprägt, dass sich auch durch anspruchsvolles Gelände sicher manövrieren lässt.

All jenen, welche schon hier und da ein positives Anprobiererlebnis mit der Firma Ocùn hatten, sei das neue Modell wärmstens ans Herz gelegt. Natürlich gibt es „Waffen“ anderer namhafter Hersteller, die mit Vibram-Sohle und stärkerer Asymmetrie im High-End-Bereich punkten können. Aber mal ehrlich: Ein Schuh, der im Passform-Performance-Spagat so gut liegt, ist mir selten unter die Füße gekommen. Sicherlich kann ich eventuell mit meinem sündhaft engen Scarpa-Schnürer in mancher Situation stärker antreten, mit dem Oxi hingegen kann ich aber nonstop performen. Und das geht auch im Kletterurlaub, Tag für Tag für Tag…

Oxi

Oxi

69.95€109.95€

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