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Funktionswäsche – der Unterbau beim Zwiebelprinzip in der Bekleidung

Funktionswäsche - der Unterbau beim Zwiebelprinzip in der Bekleidung

Funktionswäsche bildet als erste Lage in der Bekleidung quasi den Unterbau, also die Basis beim Anziehen. Heute erweist es sich nicht immer als ganz so einfach, die richtige Unterwäsche für einen selbst zu finden. Früher galt die Ski- oder die Sportunterwäsche als eierlegende Wollmilchsau. Sie war zumeist aus schnelltrocknender Kunstfaser gefertigt und kam sommers wie winters zum Einsatz. Aber in Zeiten der Spezialisierung hat sich auch in dem Segment eine ganze Menge getan: Die Auswahl wurde größer und das nicht nur, weil mittlerweile die unterschiedlichsten Materialien bei der Unterwäsche verarbeitet werden. Und so stellt sich immer wieder die Frage: Was ist eigentlich die ideale Unterwäsche, wenn man draußen bei Wind und Wetter aktiv ist?

Egal, für welches Material man sich bei der Funktionswäsche als erste Lage entscheidet: Wichtig ist, dass – gerade weil es oft eng anliegt – das Material sich weich auf der Haut anfühlt und keine Naht drückt oder zwickt. Doch die eigentliche Gretchenfrage ist die nach der Materialzusammensetzung: Wolle oder Kunstfaser. Dass es dafür auch unter den tapiren keinen einheitlichen Standpunkt gibt, zeigt eine kurze Blitzumfrage unter der Laden- und Bürobesatzung zum Freitagabend:

Manuel ist beim Radfahren in Kunstfasershirts (Next-2-Skin) unterwegs, die sich für ihn beim Tragen dünner und leichter anfühlen. Dabei greift er bevorzugt auf Shirts von Arc‘teryx zurück. Ansonsten trägt er, wenn es nach draußen geht, Merinowollsachen (Icebreaker) in unterschiedlichen Stärken, denn für seine Woolpowerwäsche war es in diesem Winter noch nicht kalt genug.

Rando sorgt im Alltag dank seiner Icebreaker-Shirts als Unterschicht für ein geruchsarmes Büroklima, nachdem er mit Rad quer durch Leipzig gerollt ist. Auf Tour bevorzugt er dünne Kunstfaser-Unterwäsche. Ihm ist die Wollunterwäsche zu schwer. Sein Fokus liegt auf Tour auf „leicht“ und „schnell trocknend“. Wenn dann doch mal ein Nichtwollshirt anfängt zu muffeln, wird es durchgespült und ist innerhalb kürzester Zeit wieder trocken.

Ander trägt im Sommer unterschiedlich dicke Kunstfasershirts. Wird es kühl, dann greift er bevorzugt auf Merinowollwäsche zurück (Ortovox und Woolpower), je nachdem, wie kalt es wirklich und wie schweißtreibend er unterwegs ist.

Stefan weiß, dass bei ihm vor allem im Sommer, wenn er mit dem Rad oder laufend unterwegs ist, nur ein Shirt aus einem Kunstfasergemisch (Patagonia) infrage kommt. Wird es pulstreibend, dann ist er eine kleine Wollmimose. Im Alltag greift er aber auch gern auf 100% Merinowolle zurück, wobei bei ihm eher Icebreaker zu finden ist.

Markus (unser zweitjüngster tapir) hat persönlich (noch) keine Merinowollsachen, die waren ihm bisher schlichtweg einfach zu teuer, sodass er draußen derzeit mit Kunstfaserwäsche unterwegs ist.

Mia trägt am liebsten Merinowolle, wobei sie Ortovox-Shirts zu Hause hat und kaum Icebreaker. Im Herbst und Winter lässt sie aber nichts auf ihre lange Patagonia-Unterhose kommen, die keine Wollbestandteile enthält.

Simone trägt von Frühjahr bis Herbst Kunstfasertops und Shirts von Arc‘teryx und Patagonia. Damit es auf Tour im Zelt nicht zu stark muffelt, kommt ein „reines“ Schlafshirt aus Baumwolle für die Nacht mit. Im Winter trägt sie Langarmshirts aus Wolle, kombiniert mit Kunstfaserbestandteilen (Woolpower und Patagonia) und Hosen aus Powerstretch (Mountain Equipment).

Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen, fragte man die tapire an einem anderen Wochentag. 27 tapire sind eben nicht immer einer Meinung. Zudem ist die Frage nach Kunstfaser oder Wolle auch eine der am meisten diskutierten unter den tapiren, mit denen man sich dann auch trefflich über Vor- und Nachteile des jeweiligen Bekleidungskonzeptes austauschen kann. Denn egal, wie wir uns draußen bewegen, ob zu Fuß, mit Skiern oder auf zwei Rädern, ob mit schwerem Rucksack oder kletternd in der Wand: Immer wieder überlegt man, wie das Schichtsystem von unten her idealerweise aufgebaut werden kann. Um euch die Qual der Wahl ein wenig zu erleichtern, haben wir ein paar Argumente für die perfekte Unterwäsche zusammengestellt.

Einig sind sich alle darin, dass Funktionsunterwäsche eine extrem wichtige Rolle beim Bekleidungskonzept spielt. In der Outdoorwelt hat sich das Zwiebelprinzip bewährt und durchgesetzt. Die Funktionswäsche wird in der Regel direkt auf der Haut getragen, damit der Schweiß, der zwangsläufig bei hochpulsigen Aktivitäten entsteht, schnell und zuverlässig vom Körper wegtransportiert werden kann. Oft genug erleben wir im tapir, dass Kunden im Alltag unter ihren Hardshelljacken im Herbst dicke Baumwollpullover tragen und sich dann bei uns über die mangelnde Atmungsaktivität ihrer Regenjacke beim Radfahren beschweren. Die Feuchtigkeit staut sich, die Pullover oder Hemden kleben auf der Haut.

Auf Tour würde eine solche Situation bedeuten, dass man, wenn die nasse Unterwäsche auf der Haut klebt, in den Pausen sehr schnell auskühlen kann. Das kann nicht nur zu Leistungseinbußen führen, sonder fühlt sich auch extrem unangenehm auf der Haut an.


Was Funktionsunterwäsche alles können sollte

Kühlen: Pulstreibende Bewegungen produzieren Schweiß, der in Hautnähe verdunsten sollte, damit er seine kühlende Wirkung entfalten kann. Das heißt, dass Bekleidung den Schweiß aufnehmen und großflächig verteilen sollte. Dann fühlt sich die Haut nicht feucht an und der Schweiß behält trotzdem seine kühlende Funktion bei. Findet die ‚Verdunstungskühlung‘ nicht statt, wird der Schweiß sofort abtransportiert, bevor er verdampft ist. Dann produziert der Körper immer mehr Schweiß, um sich abzukühlen. Dadurch verliert er im schlimmsten Fall bei lang andauernden Belastungen immer mehr Flüssigkeit und Mineralstoffe und ‚überhitzt‘ dabei.

Trocknen und Wärmen: Ist der Schweiß verdunstet, dann sollte er schnell abtransportiert werden. Nasse Bekleidung fühlt sich nicht nur unangenehm auf der Haut an. Die Verdunstungskälte sorgt außerdem für ein schnelleres Auskühlen, was die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen kann. Das passiert vor allem in Ruhephasen in der kalten Jahreszeit (beim Eisklettern, Bouldern und Wandern) oder im Wind stehend, wenn der Körper keine Wärme mehr durch Muskelarbeit produziert. Man braucht also Unterwäsche, die schnell trocknet. Natürlich sollte die Funktionsbekleidung auch gut isolieren.

Nicht stinken: Also, ein Frühlingsduft wäre bei Unterwäsche wohl zu viel verlangt, aber meilenweit gegen den Wind sollte man auch nicht anmuffeln.

Mal kühlen, mal wärmen und auch nicht riechen – das sind die Herausforderungen, denen sich die Funktionswäsche immer wieder stellen muss.

Grundsätzlich unterscheiden wir heute in Unterwäsche aus Kunstfasern oder aus Naturfasern wie Wolle (Merinowolle) oder Seide, wobei letztere eher selten im Outdoormarkt anzutreffen ist. Unabhängig von der jahreszeitlich bedingten, unterschiedlichen Dicke der Unterwäsche: Die oberste Priorität bei der Auswahl ist, dass sich Funktionsunterwäsche nicht wie ein Schwamm vollsaugt. Sie sollte aus einem elastischen Material bestehen, aber nicht zu eng anliegen. Und sie sollte, wenn möglich, nur wenige Nähte haben, wobei Flachnähte deutlich zu einem erhöhten Tragekomfort beitragen. Wenn die Funktionswäsche dann auch nach ein paar Tagen noch nicht zu muffeln anfängt, freut’s nicht nur den Träger, sondern auch die Mitreisenden.

Dazu kommt, dass Menschen individuell ein ganz unterschiedliches Schwitzverhalten aufweisen und zusätzlich auch jeder noch ein anderes Empfinden dafür hat, ob sich ein Material bereits unangenehm feucht auf der Haut anfühlt oder ob es noch so geht.

 

Wolle

Seit ein paar Jahren wirkt es auf den Fachmessen so, dass die Firmen bei der modernen Funktionswäsche fast nur noch auf Merinowolle zurückgreifen. Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff und alle unserer Firmen legen Wert darauf, dass ihre Rohwolle mulesing-frei ist (dass bei den Tieren also nicht ohne Betäubung Teile der Afterhautfalte enfernt und Schwanzglieder kupiert werden). Wolle überzeugt dabei aber nicht nur durch ihre geruchshemmende Eigenschaft. Die einzelnen Fasern können in ihrem Inneren viel Feuchtigkeit (bis zu einem Drittel ihres Eigengewichts) aufnehmen, ohne dass sich das Material extrem feucht anfühlt auf der Haut. Je nach ge­kräuselter Struktur der Fasern bindet Wolle sehr viel Luft und sorgt so perfekt für viel Wärme am Körper. Das kann dazu führen, dass die Kühlwirkung von Merinowoll-Unterwäsche bei intensiver körperlicher Anstrengung nicht so gut ist. Außerdem lädt die Wollkleidung sich statisch nicht auf und zeigt eine gewisse Resistenz gegenüber Lagerfeuerfunkenflug. Den Boom hat vor ein paar Jahren Icebreaker ausgelöst, die mit ihren nicht stinkenden Shirts und Hosen in einem lässigen Design den Nerv der Zeit punktgenau getroffen haben. War die Wolle in den Achtzigern und Neunzigern des vergangenen Jahrtausends durch die Kunstfaser in den Hintergrund verdrängt worden, so hat sie in den letzten Jahren eine echte Renaissance erlebt, auch als Material für Unterwäsche.

Funktionswäsche aus Merinowolle ist perfekt geeignet für längere Trekkingtouren und alle Wintersportaktivitäten, bei denen man auch mal eine Pause unterwegs machen will. Man kühlt dabei nicht so schnell aus wie bei reiner Kunstfaser- oder gar Baumwollbekleidung.

 

Kunstfasern

Kunstfasern müssen nicht immer auf Erdöl-Basis beruhen, wie man es bei dem Namen vielleicht assoziieren würde. Es gibt auch Materialien, die aus natürlichen Polymeren hergestellt werden. Fasern aus Polyester sind leicht und speichern keine Feuchtigkeit in ihrem Inneren, dagegen kann Polyamid etwas mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Die Fasern aus natürlichen Polymeren werden beispielsweise auf Zellulose-Basis produziert, die verflüssigt und in einem Nassspinnverfahren weiterverarbeitet wird. Die bekannteste Faser, die so hergestellt wird, ist Modal, das aus Buchen hergestellt und durch seine weiche Baumwollhaptik und Langlebigkeit überzeugt. Bei Cocona wiederum werden aus Kokosnussschalen Aktivkohlepartikel gewonnen und zu einer schnelltrocknenden, antibakteriellen Polyesterfaser mit hohem UV-Schutz verarbeitet.

Auf Funktionswäsche aus Kunstfaser wird vor allem dann zurückgegriffen, wenn es so richtig schweißtreibend zu werden verspricht (Joggen, Inline Skaten, Berglaufen, Radfahren oder Skilanglauf). Also überall da, wo der Puls mal so richtig hochgejagt wird. Da werden Shirts und Hosen aus Polyester oder einer anderen Faser schnell zur ersten Wahl, vor allem im Sommer dank ihrer Eigenschaft, Schweiß schnell aufzunehmen und die Feuchtigkeit genauso schnell nach außen, also weg von der Haut zu transportieren. Dazu kommt, dass Wäsche aus modernen Kunstfasern auch ganz schnell wieder trocknet. Das heißt: Auf Tour kann man auch schnell abends mal alles durchwaschen und früh die Sachen wieder anziehen. Dass die Sachen in Form bleiben, eng anliegen, ohne die Bewegung einzuengen, dafür sorgt meist ein Elastananteil bei der Bekleidung.

 

Woll-Mischgewebe

Die Firmen experimentieren auch mit Mischgeweben oder unterschiedlichen Materialzusammensetzungen beziehungsweise Materialstärken, um die Vorzüge der einzelnen Fasern in einem Produkt kombinieren zu können und die Funktionswäsche dadurch noch zielgenauer auf den Einsatzzweck abzustimmen. Die schwedische Traditionsmarke Woolpower greift auf die feine Merinowolle zurück und kombiniert diese mit Nylon. Durch die Produktion in Rundstricktechnik (keine Nähte) und die Kombination aus Wolle und Kunstfaser produzieren sie eine Funktionsbekleidung, die in Sachen Langlebigkeit und Pflegeleichtigkeit (maschinenwaschbar bei 60°C) kaum zu übertreffen ist.

Ortovox mixt in seiner Competition-Serie Wolle mit Nylon und Elastan. Die Wolle sorgt auch hier für eine gute Thermoregulation und Geruchsneutralität, während die Kunstfaseranteile für den perfekten, jede Bewegung mitmachenden Sitz und die Langlebigkeit sorgen. Die Deutschen greifen wie die Schweden auf das Rundstrickverfahren zurück. Trotzdem gelingt es ihnen, unterschiedliche Materialstärken körperzonengenau einzusetzen. So besteht ein Shirt beispielsweise aus 190 g Merinowolle, während es in den schweißintensiven Bereichen Netzstrukturen eingesetzt bekommt. Da, wo es richtig kalt werden kann, die Gefahr des Auskühlens gegeben ist, ist der Wollanteil mit 240 g deutlich höher. Dieses Bodymapping-Herangehen in der Funktionswäsche kennen wir schon von Craft, Odlo und Vaude aus dem Kunstfaserbereich. In seiner Supersoft-Linie kommt ein anderer Materialmix zum Einsatz: Merinowolle auf der Außenseite wird kombiniert mit der Funktionsfaser Modal auf der Innenseite für einen noch höheren Tragekomfort.

Bergans geht vom Konzept her einen ähnlichen Weg mit seiner Hybrid-Wool-Serie. Die beiden Lagen, bestehend aus Merinowolle und Polyester, sind nicht einzeln ertastbar, weil fest verwoben. Doch Wollmimosen und Allergiker werden den Unterschied spüren. Die Innenseite aus 100% Polyester schmiegt sich kratzfrei an den Körper und transportiert die Feuchtigkeit effektiv und schnell nach außen. Die Außenseite der Shirts besteht aus einem Wolle-Polyester-Mix. Die Kunstfaser sorgt für die Formstabilität und den Bewegungskomfort, der Wollanteil spielt seine Stärken im Hinblick auf  Temperaturregulation und Geruchsneutralität aus.

 

Zusammengefasst…

…bleibt als Aussage bestehen, dass die erste Schicht auf der Haut abgestimmt sein sollte auf die Bedürfnisse, die sich aus den persönlichen Vorlieben heraus und aus den anstehenden Aktivitäten ergeben. Die perfekte Funktionsunterwäsche für jedes Wetter, jede Belastung und jeden Hauttyp gibt es auch heute noch nicht.  Als Anregung sollen folgende Aussagen verstanden werden:

– Für schweißtreibende Zustiege an heißen Tagen ist eine Unterwäsche aus kühlender Kunstfaser prädestiniert.

– Für alle, die viel Schweiß vergießen, gilt das auch an kühleren Tagen.

– An kalten Tagen und bei moderater Belastungen sorgt Unterwäsche aus Wolle und Woll-Mischgeweben für den höheren Wohlfühlfaktor.

– Als kleiner Nachteil bleibt bestehen: Ist die Bekleidung aus Merinwolle erst einmal richtig nass geworden, trocknet sie im Vergleich deutlich langsamer.

– Für alle feinen Nasen gilt (danach wird auch zu 99,9% gefragt): Im Hinblick auf Geruchsneutralität ist Wolle (Merinowolle) nicht zu schlagen, da sie einen natürlichen mechanischen Selbstreinigungseffekt besitzt.

– Auch bei Unterwäsche aus synthetischen Fasern kann man das Entstehen von Gerüchen etwas hinauszögern. Silber-Ionen reduzieren die Vermehrung geruchsbildender Bakterien (hält aber nicht über mehrere Tage an). Wer aber den Einsatz umweltbelastender Schwermetalle ablehnt, kann – wie bei Patagonia – auf Funktionsunterwäsche mit Polygiene®-Geruchshemmerausstattung zurückgreifen.

– Die Unterwäsche als erste Lage ist nur ein Baustein für ein funktionierendes Bekleidungskonzept. Mit einem perfekt abgestimmten Zwiebelschichtsystem hat man mehr Spaß auf Tour und fühlt sich länger wohl, was insgesamt mit zu einer höheren Leistungs- oder Genussfähigkeit beitragen kann.

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