Dein Abenteuer beginnt hier!

Testbericht: (Fast) alle Situationen im Griff mit dem Hestra Ergo Grip Active

Testbericht: (Fast) alle Situationen im Griff mit dem Hestra Ergo Grip Active

Der Hestra Ergo Grip Active – vielleicht DER Handschuh für alle Lebenslagen? tapir Felix hat ihn sich ganz genau angeschaut und gibt im zweiten Teil unserer T(h)est(ra)-Reihe einen tiefen Einblick in Design und Verarbeitung. Außerdem gibt es einen ausführlichen Exkurs ins Handschuhsystem, Materialkunde inklusive!

Der Hestra Ergo Grip Active ist eines dieser Produkte, das ich, einmal angezogen, sofort schätzen und lieben gelernt und seitdem nahezu jeden Tag im Gebrauch habe. Es gibt kaum Situationen, in denen dieser Handschuh über- oder unterdimensioniert wirkt, seinen Aufgaben nicht gewachsen scheint oder nicht zumindest als Teil eines ausgeklügelten Handschuhsystems seine Daseinsberechtigung hat. Kurzum: Es ist eines dieser Produkte, die so universell, so flexibel, ja so breit gefächert vom Einsatzgebiet sind, dass der Träger oder die Trägerin in nahezu diabolische Verzückung geraten, wenn man mal wieder vor der schwierigen Wahl steht, seine Ausrüstung sorgsam für die Anforderungen einer bevorstehenden Tour auszuwählen. Der Hestra Ergo Grip Active ist ein „No-Brainer“ und kann eigentlich immer getrost den Weg in den Rucksack finden.

Ganz egal, ob ein Handschuh gesucht wird für aktive Skitouren oder Schneeschuhwanderungen, alltägliche Wege mit dem Fahrrad, anspruchsvolle Treks im Herbst, Taktilität im Wintercamp, grobere oder feinere Holzarbeiten an der frischen Luft – ich möchte euch heute den Hestra Ergo Grip Active vorstellen, der all dies (und mehr!) mit Bravour meistert und ob seiner Flexibilität schnell zu einem absoluten Powerseller aus dem Hause Hestra mutiert ist.

Über die småländische Marke Hestra möchte ich in diesem zweiten Teil der Reihe nicht mehr allzu viele Worte verlieren, außer, dass mir allgemein Hersteller sehr gut gefallen, die sich auf eine bestimmte Produktgruppe spezialisieren, weil oftmals davon auszugehen ist, dass sie ihren gesamten kreativen Hirnschmalz der Verbesserung von Produkten in genau dieser einen Kategorie widmen können. Bei Hestra, die nichts und überhaupt gar nichts außer Handschuhe herstellen (es gibt über 400 Modelle im Sortiment!), lässt sich oft genau erkennen, dass die Entwickler*innen sich wirklich um jedes noch so kleine Detail Gedanken gemacht haben. Dass es sich bei Hestra nach wie vor um ein Familienunternehmen handelt, macht es umso sympathischer.

Das Erste, was auffällt, wenn man die Hand in einen Ergo Grip Active von Hestra steckt, ist der „Ergo“-Teil: Die ergonomisch geformten, leichten Lederhandschuhe passen sich der natürlichen Krümmung der Hand an, was sie bequem und angenehm zu tragen macht, da keine Anspannung vonnöten ist, um in dieser natürlichen Position zu verweilen. Gerade in Verwendung mit Ski- oder Trekkingstöcken, aber auch am Fahrradlenker oder beim Holzhacken macht dies einen nicht zu unterschätzenden Unterschied.
Der Handschuh besteht zu einem großen Teil aus imprägniertem Ziegenleder, das durch ein Softshellmaterial an Daumen- und Handrücken ergänzt wird. Ziegenleder hat im Vergleich zu anderen Lederarten keine Fetteinlagerungen und ist dadurch widerstandsfähiger und doch geschmeidig und fein. Es ist darüber hinaus äußerst leicht. Die lederne Handinnenseite sorgt für robusten Schutz, ist bei guter Pflege ausgesprochen langlebig und wasserabweisend. Auch im nassen Zustand verlässt einen der Grip nicht und der Handschuh bietet auch weiterhin soliden Halt am Stock oder Lenker.
Das Softshellmaterial besteht aus hochwertigem GORE-TEX®-Infinium-Material und ist daher absolut winddicht und stark wasserabweisend, wenngleich nicht wasserdicht. Dies geht allerdings mit einer wesentlich besseren Atmungsaktivität einher, weshalb es auch bei noch so schweißtreibenden Aktivitäten nicht zu schwitzigen Händen kommt. Auch trocknet der Handschuh dadurch äußerst schnell. Die Manschette ist aus Neopren-Stoff hergestellt und lässt sich mittels eines Kletterverschlusses, der ebenfalls eine Lederoberseite hat, schließen, um den Handschuh am Handgelenk zu fixieren.
Auf der Innenseite beider Zeigefinger ist jeweils ein zusätzliches, farblich abgesetztes Lederpatch vernäht, das das Lösen von Skibindungen erleichtert, aber auch bei Dingen wie Holzschnitzarbeiten (vielleicht von Hestra so nicht gedacht) eine zusätzliche Schutzschicht für die Finger bietet.
Außerdem verfügen beide Handschuhe über ein kleines schwarzes Dreieck aus Kunststoff, mit dessen Hilfe man die Handschuhe bspw. in Verbindung mit einem Karabiner am Gürtel oder Rucksack befestigen kann. Der Ergo Grip Active ließe sich auch mit den bei Hestras schwereren Modellen oft im Lieferumfang enthaltenen Handgelenksschlaufen nachrüsten. Diese sind separat erhältlich. Dass weder Karabiner noch Handgelenksschlaufen beim Kauf dabei sind, finde ich etwas schade – es schmälert aber nur kaum den sonst so positiven Eindruck des Handschuhs.
Neben der erwähnten ergonomischen Krümmung der Fingerpartien ist außerdem auch die Nahtarbeit hervorzuheben. Insbesondere auf der Handinnenseite – dort, wo man die Finger krümmt, um beispielsweise etwas zu greifen und festzuhalten – zeigt sich Hestras handwerkliches Know-how, denn die Nähte sind in einem Zick-Zack-Stich gesetzt, um mögliche Druckpunkte komplett zu vermeiden. Ich kann nur bestätigen, dass das ausgezeichnet funktioniert!
Der Handschuh ist innen mit einer flauschigen Polyester-Fleece-Schicht isoliert. Diese ist nicht besonders dick, wärmt aber doch bis zu gewissen Temperaturen zuverlässig.

Auch in puncto Gewicht weiß der Ergo Grip Active zu überzeugen: In Größe 9 bringt das Paar 120 Gramm auf die Waage und verfügt über ein (gerolltes) Packmaß von 6×12 cm.

Beim Ergo Grip Active handelt es sich um ein Unisex-Modell. Der Hersteller empfiehlt Frauen, eine Größe kleiner zu nehmen als bei reinen Damen-Modellen von Hestra.

Ihr mögt euch vielleicht denken: „Das klingt ja alles schön und gut – für Sommer in Skandinavien oder den deutschen Frühling und Herbst mag das ja geeignet sein – aber im Winter? Ist der nicht zu dünn?“ Im nächsten Abschnitt erkläre ich, warum sich der Ergo Grip Active auch bei winterlichen Temperaturen nicht zu verstecken braucht.

Ich persönlich finde es schwierig, zuverlässige Temperaturangaben bei Handschuhen zu machen, zu unterschiedlich ist doch das individuelle Kälte-/Wärmeempfinden. Allerdings habe ich den Handschuh in den vergangenen Wochen in Bezug auf Wärmeisolation bei unterschiedlichen Temperaturen noch einmal wesentlich genauer unter die Lupe genommen und möchte meine Erfahrungen hier teilen.

Ich selbst bin großer Fan von einem Handschuhsystem, weswegen ich den Ergo Grip Active in den vergangenen Monaten selten solo getragen habe. Meist habe ich einen dünnen Linerhandschuh aus Merinowolle unter dem Ergo Grip. Mir persönlich gefällt das Gefühl von Wolle auf der Haut besser als Fleece. Das ist sicherlich individuell, jedoch bietet diese erste Wollschicht auch noch andere Vorteile als nur den individuellen Tragekomfort. Der Woll-Liner sorgt dafür, dass Feuchtigkeit von der Haut weggeleitet wird und ist auch für sich gesehen schon eine dünne, wärmende Schicht. Wenn ich Aufgaben durchführe, die Fingerfertigkeit erfordern, bietet sich der Liner auch wunderbar an, um Kontakt mit kalten Flächen zu vermeiden (ich denke da z. B. an Zeltgestänge aus Aluminium auf Wintertour oder kalte Kochtöpfe, die auf der nackten Haut schon mal Verletzungen verursachen können). Darüber hinaus steigert der innerhalb des Handschuhs getragene Liner die Wärmeisolation um ca. 20 %. Ich verfüge über zwei Paar Wollliner – einmal den dünnen Icebreaker Glove Liner und die dickeren Houdini Wool Liner Gloves. Allein durch die Verwendung dieser beiden Liner lässt sich sehr gut auf unterschiedliche Wettereinflüsse reagieren. Darüber trage ich selbst im Winter und bei bis zu -10 °C bei ausreichender Bewegung meist lediglich den Hestra Ergo Grip Active. Auf dem Fahrrad, wo das Thema Wind natürlich noch mal eine andere Rolle spielt als beim Winterwandern, genügt mir der Ergo Grip Active in Kombination mit dem dünnen Liner bis ca. +5 °C. Bei niedrigeren Temperaturen kommt der dickere Liner zum Einsatz, der auch bei getesteten -5 °C und in sportlicher Bewegung auf dem Fahrrad mir persönlich als noch vollkommen ausreichend erscheint. Kalte Finger adé! Beim  Skitourengehen, Schneeschuhlaufen oder Winterwandern reicht diese oben genannte Kombination auch bis ca. -10 °C. Ruhe ich mich aus oder bin im Camp angelangt, genügt diese Kombination in der Regel allerdings nicht mehr – ein dickerer Handschuh muss her. Das Geniale dabei ist, dass sich der Ergo Grip Active aufgrund seiner schmalen, enganliegenden und wenig auftragenden anatomischen Passform wunderbar unter einen dickeren Fausthandschuh ziehen lässt. Dies ist in meinem Fall der Hestra Philippe Raoux Mitt. Dieser isoliert zwar äußerst formidabel bei wirklich kalten Temperaturen, besonders taktile Aufgaben damit durchzuführen, ist aber nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Brauche ich also etwas mehr Fingerspitzengefühl, ziehe ich die Fausthandschuhe einfach wieder aus (oder habe sie am Handgelenk baumeln) und habe darunter immer noch den Ergo Grip Active, der vorübergehend ausreichend Isolation bietet, während ich bspw. das Zelt aufbaue, koche, Reißverschlüsse oder die Kamera bediene. Sogar Hemden und Jacken lassen sich zuknöpfen (ja, wirklich!).
Das soll nur ein kleiner Anriss eines Handschuhsystems sein – womöglich könnte man einen gesamten Artikel über dieses Thema schreiben. Es soll nur verdeutlichen, wie breit das Einsatzgebiet des Ergo Grip Active ist: Ich kann ihn solo im Frühling, Sommer und Herbst in Bewegung beim Wandern, Radfahren, Kanufahren oder beim Holzhacken verwenden, um die Hände vor Belastung durch eben diese Aktivitäten zu schützen und zusätzlich eine ausreichende Wärmeisolation sicherzustellen. Selbst minutiöse Schnitzarbeiten lassen sich mit den Handschuhen durchführen. In Verbindung mit einem mitteldicken Woll-Linerhandschuh (der übrigens das taktile Feingefühl des Ergo Grip kaum schmälert!) reicht er auch bei leichter Bewegung, zum Beispiel auf Hunderunde, an 95 % der Tage für den Leipziger Winter aus, ohne dass man kalte Finger bekommt. Auch die Autofahrer*innen unter euch brauchen keine Bedenken haben, dass dieser Handschuh euch am Steuer zu sehr beeinträchtigt.
Einzig beim klassischem Alpin-Ski sehe ich den Ergo Grip Active aufgrund der dünnen Isolationsschicht nicht.

Leder ist ein äußerst langlebiges Naturmaterial. Bei angemessener Pflege hält es auch bei solch stark beanspruchten Produkten wie Handschuhen oft viele Jahre. Gerade in den kühlen und nassen Monaten, wo der Handschuh viel Feuchtigkeit ausgesetzt ist, empfiehlt es sich, das Leder bei den frühesten Anzeichen von Sprödigkeit einzufetten. Hestra empfiehlt sein eigenes, langjährig erprobtes Wachs, das auf Ochsenklauenöl, Lanolin (Wollfett), Bienen- und Carnaubawachs basiert. Sicher funktionieren auch Schuhpflegeprodukte aus Bienenwachs – Hestra empfiehlt dies jedoch nicht. Ich selbst habe mir das Hestra-eigene Wachs (Hestra Original Leather Balm) besorgt, weiß aber von anderen Leuten zu berichten, dass die Pflege bspw. mit Lundhags Leather Grease (bestehend aus Fett, Teer, Leinöl und Bienenwachs) ebenso zu funktionieren scheint.

Für mich ist der Hestra Ergo Grip Active der Handschuh mit dem breitesten Anwendungsgebiet, den ich jemals besessen habe. Er macht im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter entweder solo, „gepimpt“ mit Linerhandschuhen oder als Teil eines Handschuhsystems eine überaus gute Figur. Er eignet sich für Outdooraktivitäten nahezu aller Art und ich kann ihn auch wunderbar für Ski- oder Schneeschuhtouren im Winter empfehlen, solange ich körperlich angestrengt bin. Er liegt eng genug an, als dass er unter einen wirklich dicken Isolationshandschuh passt, der dann für richtig kalte Temperaturen gemacht ist, welcher wiederum bei noch kälteren Temperaturen unter einen Shell-Handschuh passt, der ein weiteres Luftpolster um meine Hände bilden würde. Er ist robust und dennoch geschmeidig und fühlt sich wie eine zweite Haut an. Ich versichere: Einmal angezogen, möchte man ihn so schnell nicht wieder ausziehen.

Tipp: Wer ein bisschen weniger Modularität in Kauf nehmen mag und von vornherein einen mit Wolle gefütterten, immer noch äußerst feinmotorigen Handschuh sucht, dem sei auch die leicht abgewandelte Variante (Hestra Ergo Grip Active Wool Terry) empfohlen. Mir persönlich saß der Hestra Ergo Grip Active einfach besser – ausprobieren!

+ stark vorgekrümmte Finger

+ geniale, nahezu nicht einschränkende Passform!

+ komfortabel, winddicht, atmungsaktiv

+ große Taktilität (Zeltaufbau, Reißverschlussbedienung, Fotografieren – you name it!)

+ sehr breites Anwendungsgebiet

+ ausgezeichnete Handwerkskunst, durchdachtes Design

+ pflegeleicht

+ braucht nach meinem Empfinden nahezu keine Zeit, um „eingebrochen“ zu werden

+ Investition in einen langjährigen Begleiter (gute Pflege vorausgesetzt)

– Karabiner oder Handgelenksschlaufen nicht im Lieferumfang enthalten (Kleinigkeit – aber sowas ärgert mich)

– keine Ausziehhilfe in Form einer kleinen Schlaufe am Ringfinger (wie bei manch anderem Hestra-Modell)

– nicht Touchscreen-tauglich

– Klettverschlussfläche hätte ich mir größer gewünscht

Ergo Grip Active

Ergo Grip Active

109.95€

Ergo Grip Active Wool Terry

Ergo Grip Active Wool Terry

119.95€

Kommentar schreiben

Lesen: Testbericht: (Fast) alle Situationen im Griff mit dem Hestra Ergo Grip Active

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Weiterschmökern

Testbericht: Liebe auf den ersten Griff – Der Hestra Wakayama 5-finger ist ganz große Handschuhkunst

tapir Testteam  6. Januar 2023

Testbericht: Zukunftsweisend und stilsicher - das Virga Iso Jacket von Blue Loop Originals

Laurie  2. März 2023

Testbericht: Hestra CZone Contact Glove - DER Handschuh fürs Fahrradfahren im Winter?

Manuel  2. Februar 2024

Testbericht: Frühlingsgefühle für den Mad Rock Drone 2.0

Laurie 22. März 2024

Testbericht: Hoverstat Syn 7.0 von Mountain Equipment

tapir Testteam  5. August 2023