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Neulich in der Seilerei – zu Besuch bei Edelrid in Isny

Neulich in der Seilerei – zu Besuch bei Edelrid in Isny

Edelrid steht wie kaum eine andere deutsche Firma für hochtechnologische Innovationen in den Bereichen Bergsport und Sicherheit in der Industrie. In den vergangenen Jahren hat sich der Hersteller zudem einen Namen im Bereich Adventure Parks (Hochseilgärten) gemacht. Wir haben es uns auf unserer diesjährigen Testtour nicht entgehen lassen, in der Produktion vorbeizuschauen und einen Blick hinter die Kulissen von Edelrid zu werfen.

Seit mehr als 150 Jahren beschäftigen sich die Spezialisten bei Edelrid mit viel Leidenschaft und Erfindergeist mit Bergsportausrüstung. Heute selbstverständlich und nicht mehr wegzudenken beim Klettern, aber wer von uns hat auf dem Schirm, dass bei Edelrid das Kernmantelseil erfunden worden ist? Und das, was irgendwann im vergangenen Jahrtausend mal mit Kordeln und Schnüren begonnen hat, steht heute für eine Marke, die so ziemlich alles produziert, was das Kletter- und Bergsportherz höher schlagen lässt. Das hätten sich die Herren Julius EDELmann und Carl RIDder 1863 nicht träumen lassen, als sie EDELRID gründeten. Der eine war Kaufmann und Alpinist, der andere Techniker mit großem Wissen über Flechtmaschinen – eine perfekte Kombination.

Dabei blickt man in Isny auf eine turbulente, wechselvolle Geschichte zurück. Unvergessen, dass gleich zweimal die Hallen komplett niedergebrannt sind, mit allen Maschinen, mit allen Konstruktionsunterlagen und nur noch dem Wissen in den Köpfen und einem unbändigen Willen, alles wieder aufzubauen und neu anzufangen.

Neben dem Kernmantelseil kam aus Isny auch das erste Seil, das schwimmen konnte. Doch dazu an anderer Stelle mehr. Nur noch so viel: Ganz im Zeichen der Zeit stehen die jüngsten Entwicklungen, die aus Isny kommen. Pro Jahr verlassen mehrere Millionen Meter Kletterseil die Seilerei. Das ist keine geringe Stückzahl und seit 2009 ist jedes davon bluesign®-zertifiziert ist, heißt: Umwelt und Ressourcen werden maximal geschont.

Im Notfall hängt das (Über-)Leben in den Bergen an der Ausrüstung. Jemand hat mich einmal vor Jahren in der Wand am Ring hängend gefragt, ob ich keine Angst davor hätte, dass das Seil reißen würde oder die Karabiner versagen. Meine Antwort damals: „Wenn ich anfangen würde, mir darüber Gedanken zu machen, also Helm, Gurt, Karabiner und Seil in Frage zu stellen, dann wäre es ein guter Zeitpunkt, sich eine neue Sportart zu suchen. Dann wäre mein Kopf so zu, dass ich mich nicht mehr auf mich und das Klettern konzentrieren könnte. Ich habe volles Vertrauen in meine Ausrüstung.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Nicht nur ich, wir waren wohl alle ziemlich neugierig, mal mehr zu sehen als nur die eine Seilmaschine, die in den letzten Jahren auf den Messen den letzten Schritt bei der Seilproduktion zeigt. Also, Ohrenstöpsel rein und los: Nun standen wir in den heiligen Hallen, mit dem Blick aufmerksam durch den Maschinenpark schweifend, und schnell reifte in uns die Erkenntnis, dass es viele Arbeitsschritte braucht, um ein modernes Kletterseil (und nicht nur das) im tapir in den Händen halten zu können. Was macht in der Produktion den Unterschied zwischen einem Statik- und einem dynamischen Kletterseil? Und wieso wird einiges an Garnen links, anderes wiederum rechts gedreht? Fragen über Fragen …

Am Ende durchläuft jeder (!) Seilmeter die Endkontrolle. Und die erfolgt nicht maschinell, sondern von Menschenhand. Es ist nur den feinfühligen Frauenhänden mit ihrer langjährigen Erfahrung zu verdanken, dass es keine Probleme mit der Qualität der ausgelieferten Seile gibt. Sie sind so sensibel, ihnen entgeht einfach nichts.

Wir haben es uns natürlich auch nicht entgehen lassen, mal einen Blick ins Testlabor zu werfen, wo wir im unverkennbaren sächsischen Dialekt die Geräte und Testszenarien erklärt bekamen (ja, es soll vorkommen, dass es kletternden Sachsen eben auch mal arbeitsbedingt ins Allgäu verschlagen kann).

Die Zeit war viel zu kurz, wir hättten gern noch mehr gesehen, hatten noch viele Fragen. Cool war es auf jeden Fall, sich live mal alles anzusehen und vielleicht war es auch nicht unser letzter Besuch in Isny. Mein Parrot-Seil, am Wochenende im Steinbruch wieder im Einsatz gewesen, schaue ich jetzt mit ganz anderen Augen an.

Nach dem Um- und Ausbau in Isny kommen heute 60 % der Sachen aus Deutschland. Blättert man in den Geschichtsbüchern, wird schnell klar: Die Zahlen beeindrucken! Wir hatten einige Stationen schon erwähnt, der Weg von den geflochtenen Schnüren (1880) bis zum Nylonseil war lang und steinig. Bis in die Vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein wurde entweder mit gedrehten oder spiralgeflochtenen Hanfseilen geklettert (die mag der ein oder andere unter uns auch noch kennen) oder ein sogenanntes Seelenseil aus Naturseide kam zum Einsatz, bevor dann in Frankreich und den USA die ersten Nylonseile hergestellt wurden. Mit der Entwicklung des Kernmantelseils 1953, angeschubst von Edelrid, gehörten Hanfseile bald der Vergangenheit an. 1964 kam das erste „Multi-Sturz-Seil“ ebenfalls aus Isny, das die Geburtsstunde des dynamischen Kletterseils begründete.

Brustgurte und Sitzgurte wurden entwickelt (bis dahin wurde sich beholfen mit einer „Baucheinbinde-Technik“). In den Siebziegern begann der Boom des Klettersports, die Schwierigkeitsskalen explodierten und es zog mehr und mehr Menschen an die Wand und ins Gebirge.

Nach einer „Kreativpause“ in den Achtzigern meldet sich Edelrid 1994 zurück mit einem schwimmfähigen Seil (für Canyoning und Höhlenklettern). Indoor-Kletterseile und im Durchmesser immer dünner werdende Einfachseile folgten in den Jahren. Auf der gerade zu Ende gegangenen OutDoor stellte Edelrid sein Kletterseil Swift Eco Dry 8,9 mm vor, das branchenweit einen neuen Maßstab in Sachen innovativer und nachhaltiger Seilproduktion setzt. Das Kletterseil ist das erste PFC-freie Seil am Markt, das den UIAA-Standard für wasserabweisende Seile erfüllt. Und mit seinen gerade mal 8,9 mm Durchmesser gehört das Swift Eco Dry zu den dünnsten Einfachseilen am Markt.

Dazu, dass der Drang nach Neu- und Weiterentwicklungen im Klettersport bei Edelrid noch nicht gestoppt ist und ihnen die Techniknerds nicht ausgehen, fällt mir die Geschichte zu einer Maschine ein: Einer der Techniker entwickelte mit seinem Sohn daheim eine Maschine aus Lego. Heute kommt eine Maschine, basierend auf diesem Ansatz, in der Produktion zum Einsatz.

Schau’n wir mal, was die Zukunft noch alles bringen wird. Die berg- und kletterbegeisterten Techniknerds scheinen Edelrid in Isny jedenfalls nicht auszugehen …

Wir alle kennen das: Man hat ein neues Seil und will loslegen. Doch da war doch etwas? Wenn man es beim ersten Mal nicht richtig abwickelt, so geht die Mär, dann kringelt das Seil ein Leben lang. Wer wissen will, wie man das verhindern kann oder was sich die Entwickler bei Edelrid zum Thema krangelfreies Seil ausgedacht haben, dem sei ein Blick auf das Video hier empfohlen. Wir sehen uns an der Wand!

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