Dafür entschädigt am nächsten Vormittag der Aufenthalt in Kinlochewe mit Einkaufsmöglichkeiten im Shop an der Tankstelle und im Cafe direkt nebenan. Dort gibt es freies WLAN und ein großes Frühstück. Bevor ich ins Dorf gekommen bin, hatte ich übrigens 2 Tage keinen Menschen mehr gesehen.
Weiter geht es auf einem Waldweg parallel zur Hauptstraße, dem ich allerdings nur kurz folge und dann nach Westen bergauf in Richtung Beinn Eighe Bergmassiv abbiege.
Der bis dahin gute Weg endet etwa kurz vor dem höchsten Punkt des Tales. Danach folgt der mit Abstand schwierigste (weil weglos und felsig) Teil der ganzen Tour. Für 2-3 Stunden gehe ich auf der linken Seite des Tal auf halber Höhe am Berg entlang über große Felsbrocken bis ich endlich den Bergsee Loch Coire Mhic Fhearchair mit der dahinter liegenden markanten Bergformation Triple Buttress erreiche. Der Ausblick, der See, der Wasserfall, die Berge, alles hier oben (das Plateau liegt auf ca. 600 Metern) ist wunderschön, aber genießen kann ich das im Moment nicht. Die letzten Kilometer haben mir den letzten Nerv und auch Kraft geraubt. Lag wahrscheinlich auch daran, dass diese nicht mehr auf meiner Karte waren und ich irgendwie dachte, ich wäre schon sehr viel früher hier angekommen :-).
Es ist sehr windig hier und zum Glück steht schon ein Steinkreis in den ich mein Zelt etwas geschützt stellen kann. Nach einem kurzen Sprung in den eiskalten See und dem Abendessen verziehe ich mich ins Zelt. Draußen ist es viel zu kalt bei dem Wind.
Der Wind hört die ganze Nacht nicht auf und am nächsten Tag ist es noch kälter. Eigentlich wollte ich mein Zelt stehen lassen und einen Gipfel in Angriff nehmen oder die Reste von dem Flugzeugwrack, das hier vor Jahrzenten abgestürzt ist, besuchen. Aber mir ist zu kalt und ich fühle mich irgendwie schwach.
Daher packe ich zusammen und ziehe weiter in südlicher Richtung. Ein gut ausgebauter Weg führt mich in ca. 1,5 Stunden an die Straße die zur Ortschaft Torridon führt. Nach ihr wurde die ganze Bergregion benannt. Es regnet etwas und ich gehe einen Umweg zur Bothy am Lochan an Lasgair etwa 500 Meter entfernt von der Straße. Den Weg hätte ich mir sparen können, denn diese ist nur für Mitgleider des schottischen Bergvereins und man benötigt einen Schlüssel. Schade!
Weiter also im Regen auf der Straße Richtung Osten. Nach ein paar Kilometern biege ich am Loch Clair nach rechts ab, passiere einen weiteren See und eine Farm und schlage ein paar Kilometer dahinter in der Nähe eines Bachs mein Lager auf. Die Nacht, die dann folgt, wird die mit Abstand schlimmste von allem was ich in vielen Jahren in Schottland erleben musste. Massive Magen/Darmprobleme machen mir das Leben zur Hölle. Hätte ich Handyempfang gehabt, hätte ich wahrscheinlich Hilfe gerufen, aber das ging leider nicht. Mitten in der Nacht zur Farm und den Bauern um Hilfe zu bitten wäre auch nicht gut angekommen. Kraft dafür hätte ich ohnehin nicht gehabt. Zum Glück habe ich noch einen Reservetag für genau solche Fälle übrig, sodass mir noch knapp 1,5 Tage Zeit bleiben, um den Bahnhof von Achnashellach (ca. 8 km entfernt über einen Pass) zu erreichen. Ich gehe trotzdem schon am nächsten Vormittag los. Vor Schmerzen kann ich nicht richtig gehen und ich habe überhaupt keine Kraft (gefrühstückt und getrunken habe ich auch noch nichts wegen der Magenschmerzen). Auf dem Coulin Pass fängt es dann auch noch an zu hageln und der Gegenwind schlägt mir ins Gesicht. Ich könnte eigentlich heulen, muss aber auch fast schon lachen, weil meine Lage so mies ist, dass es kaum schlimmer kommen könnte. Irgendwann schlagen meine Gefühle in Aggression um, was mir dann letztlich wohl die Kraft gegeben hat, in Achnashellach anzukommen. Dort gibt es natürlich außer dem Bahnsteig und ein paar Häusern genau nichts was mir in meiner Lage helfen könnte. Da mein Zug erst am nächsten Tag kommt, zelte ich in einem Wäldchen ein paar hundert Meter vom Bahnhof entfernt. Gegessen habe ich in dieser Zeit nichts, getrunken auch fast nichts. Mein Vertrauen in die Wasserqualität der Bergbäche hat verständlicherweise stark gelitten. Einen Wasserfilter habe ich nicht dabei und hatte die letzten Jahre auch nie einen gebraucht.
Am nächsten Tag im Zug nach Inverness bestelle ich mir einen Tee, davon geht es mir aber leider auch nicht besser. Von Inverness aus fahre ich noch 4 Stunden mit dem Bus nach Edinburgh, dort bleibe ich noch eine Nacht im Hostel mit unglaublichen Magenschmerzen, weil ich den Fehler gemacht hatte, etwas zu Abend zu Essen. Am nächsten Mittag überstehe ich den Flug auch noch irgendwie und bin erst nach etwa 1 Woche wieder komplett fit.
Der Verdacht liegt nahe, dass es am ungefilterten Wasser lag, vielleicht war es aber auch eine Lebensmittelvergiftung. So oder so, meine nächste Investition wird definitiv ein Wasserfilter sein!
Fazit der Tour: Landschaftlich geht es nicht viel schöner, viel abgelegener und ruhiger auch nicht. Die Tagesetappen hatten für meinen Geschmack die perfekte Länge und einen gewissen Anspruch. Hätte ich mich, insbesondere am Ende der Tour, fitter gefühlt, wäre noch mindestens eine Gipfeltour mehr drin gewesen. Für komplette Trekkingneulinge ist die Tour aufgrund der Abgelegenheit eventuell noch nicht zu empfehlen.
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