Dein Abenteuer beginnt hier!
Simone
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30. Januar 2015
Es war im Jahr 2010, als im Vorfeld der Outdoor in Friedrichshafen die Clean Clothes Campaign eine Studie zu den Produktions- und Arbeitsbedingungen von 15 führenden Outdoor-Markenherstellern veröffentlichte – mit teilweise sehr ernüchternden Ergebnissen. Seitdem ist die Outdoorbranche stark in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt und die Statements der Hersteller zu naturverträglicher Produktion und Nachhaltigkeit werden immer wieder überprüft und diskutiert. Patagonia galt schon vor 2010 als Vorreiter in Sachen Umweltbewusstsein, nur leider hatten sie es versäumt, damit verstärkt an die Öffentlichkeit zu gehen und damit auch Druck auf die anderen großen Unternehmen auszuüben. Heute findet man auf den Patagonia-Seiten die Footprint Chronicles, in denen unter anderem die Zuliefererketten der eigenen Produktion veröffentlicht sind. Andere große Firmen traten weltweit agierenden Institutionen wie der Fair Wear Foundation bei. VauDe geht einen eigenen Weg und setzt unter anderem mit der Green-Shape-Kollektion eigene, sehr hohen Standards um. Es gibt viele Siegel, national und länderübergreifend, da fällt es auch uns schon etwas schwer, immer den Überblick zu behalten und die Zertifizierungen voneinander abzugrenzen. Zudem agieren viele große Marken im Outdoorbereich weltweit, da ist es manchmal extrem schwierig nachzuvollziehen, inwieweit sich die Bekenntnisse zu Nachhaltigkeit und ökologischer Produktion mit der Realität decken. Doch nun erreichte uns eine Schlagzeile, bei der sich sogar einige tapire erst einmal die Augen gerieben haben: Gore ist OEKO-TEX® Firma des Monats im Januar 2015!
Bei der Recherche zu dem neuen GORE-TEX®-Knit Laminat war ich im Newsroom der Firma Gore auf die extrem spannende Schlagzeile gestoßen: W. L. Gore & Associates, Inc. ist OEKO-TEX® Firma des Monats im Januar 2015. Äh, wie jetzt? Hatten wir nicht erst 2012 eine große Diskussion, weil nach der Greenpeace-Studie „Chemie für jedes Wetter“ (Dirty Laundry Report 2011) der Vorwurf laut geworden war, dass in Funktionsbekleidung führender Hersteller Schadstoffe (per- und polyfluorierten Chemikalien, darunter Perfluoroktansäure (PFOA) und Fluortelomere (FTOH)) nachweisbar sind? Es wurde vor zwei Jahren viel diskutiert über die langfristigen toxischen Auswirkungen sowie die Persitenz und Bioakkumulation von PFC und PFOA. Auch, wenn es mittlerweile stiller um das Thema geworden ist: Die Studie hat, vor allem in den deutschsprachigen Ländern, einmal mehr das Bewusstsein der Öffentlichkeit für dieses Thema erhöht. Seitdem werden zwar sichtbar weniger akkumulative C6-Verbindungen zur Imprägnierung wetterfester Funktionsbekleidung eingesetzt, aber wir sind uns alle der Tatsache bewusst, dass dies nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer flurkarbonfreien Imprägnierung sein kann. Ein Weg, den Nikwax übrigens schon seit dem Jahr 2000 konsequent geht.
Und nun diese Meldung: W. L. Gore & Associates, Inc. ist OEKO-TEX® Firma des Monats im Januar 2015. Ausgerechnet Gore mit seiner ePTFE-Membran?
GORE-TEX® gibt für all seine Produkte ein „GUARANTEED TO KEEP YOU DRY™“-Versprechen ab. Erste Zertifizierungen (OEKO-TEX® Standard 100) in Sachen Produktsicherheit erfolgten im Jahr 1996. Das amerikanische Familienunternehmen ist extrem technologieorientiert und legt einen großen Forschungsschwerpunkt auf Produktinnovationen. Im Unternehmen werden gesetzliche Umweltbestimmungen sowie Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften nicht nur pauschal eingehalten, sondern es werden oft weiterreichende Standards definiert. Der umweltpolitische Ansatz von Gore basiert auf dem spezifischen ökologischen Bewertungsinstrument des Life Cycle Assessments (LCA), auch bekannt als Öko-Bilanz. Hierbei werden alle Umweltauswirkungen eines Endproduktes (von der Gewinnung des Rohstoffes bis hin zur Entsorgung nach einer langen Lebensdauer) zusammengenommen bewertet. Bei Gore ist man davon überzeugt, „dass das effektivste Mittel, um die Umweltbelastung von funktionaler Outdoor-Bekleidung zu reduzieren, die Verlängerung der dauerhaften Funktionstüchtigkeit und damit der Produktlebensdauer ist. Langlebigkeit ist daher ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Umweltstrategie. Zusammen mit unserem hohen Standard im betrieblichen Arbeits- und Umweltschutz, dem schonenden Umgang mit Ressourcen sowie einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur erfüllen wir uns so unsere unternehmerische Verantwortung für Mensch und Umwelt.“ (Bernhard Kiel, Leader Nachhaltigkeitsprogramm bei Gore)
Ende 2013 haben die Amerikaner ein Forschungsprojekt beendet, in dessen Rahmen es ihnen gelungen ist, Perfluoroctansäure (PFOA) aus allen Rohmaterialien für die Herstellung wetterfester Funktionstextilien zu eliminieren. Dazu gehören sowohl die unterschiedlichen Gore-Membranen als auch die DWR für die Oberflächenmaterialien. Laut OEKO-TEX® ist Gore damit das erste Unternehmen in der Branche, dem die konsequente Umstellung auf PFOA-freie Rohmaterialien in allen textilen Produktbereichen gelungen ist. Außerdem werden alle Bemühungen unternommen, den Anteil von bluesign®-Laminaten, der schon bei über 50% liegt, noch weiter zu erhöhen. Seit 2010 ist Gore zudem auch bluesign®-Systempartner. Partner kann man als Company nur werden, wenn neben einer strengen Reglementierung des Chemikalieneinsatzes in den Produkten auch strikte Vorgaben zur Begrenzung von Emissionen in Wasser, Luft und Boden sowie zum Arbeits- und Umweltschutz in der gesamten Lieferkette, also auch bei den Textilzulieferern, eingehalten werden.
OEKO-TEX® verleiht seine Auszeichnung ‚Firma des Monats‘ bereits seit 2011. Gore reiht sich mit der Verleihung in eine Reihe ein, in die es bisher nur wenige Outdoor-Unternehmen schaffen konnten: Odlo (Januar 2013) und Löffler (Juli 2014). Andere Zulieferer wie YKK (Mai 2012) sowie der Stoffhersteller Lenzing Fiber Innovation (Tenzel, Modal und Viscose, Juli 2012) haben ebenfalls schon die besondere Auszeichnung erhalten. Die komplette Presseinformation kann man auch hier nachlesen.
Aber natürlich sind auch nach den Presseveröffentlichungen und Verlautbarungen zur Auszeichnung in verschiedenen Medien bei uns Fragen offen geblieben, die wir Gore in einem Schreiben gestellt haben.
„Dass sich Gore darum bemüht, auf den Einsatz von PFOA komplett zu verzichten, war schon auf den Outdoor-Messen im vergangenen Jahr zu hören. Was uns bei allen Diskussionen nicht klar geworden ist: Welche Auswirkungen hat der Verzicht von PFOA-Bestandteilen auf die PTFE-Membran im Hinblick auf den Abbau, auf das Recyceln der Gore-Produkte? Geht es dann, vereinfacht gesagt, etwas schneller, lassen sich die Materialien dann – und wenn ja: auf welchem Weg? – umweltverträglicher recyceln oder bleibt das Problem weiterhin bestehen, dass man ausrangierte Gore-Materialien nicht einfach abbauen (entsorgen) kann?
Sie schreiben auch, dass Sie seit 2011 Ihre DWR für Endverbraucher auf eine umweltverträglichere Imprägnierung umgestellt haben. Heißt das, dass bei Gore die DWR auf einem C6-kettigem PFC anstelle von C8 basiert oder verzichten sie ganz auf PFC?“
Eine Antwort gab es bisher nicht, vielleicht können wir sie auf der ISPO in der kommenden Woche bekommen. Wir werden auf jeden Fall an der Geschichte dranbleiben.
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