Dein Abenteuer beginnt hier!

Testbericht: Klymit Inertia X Frame – Schlafen auf dem Skelett

Testbericht: Klymit Inertia X Frame – Schlafen auf dem Skelett

Wenn neue Produkte zu uns in den Laden kommen, leuchten bei einem jahrelangen tapir wie mir die Augen. Meist werden heutzutage, vor allem wenn es um Ausrüstung geht, „nur noch“ Details verändert – doch Klymit verfolgt mit der Inertia X Frame seit einigen Jahren nicht nur ein optisch völlig anderes Isomattenkonzept, nein, auch in Bezug auf die Funktionsweise unterscheidet sich diese Schlafunterlage von allem, was ich bisher so gesehen habe. Zumindest in der Theorie wirkte das Konzept dieser „Skelettmatte“ sehr überzeugend und so überwog meine Neugier die Skepsis um ein Vielfaches. Das Teil musste getestet werden! Eine knapp dreiwöchige Radtour durch Frankreich sollte mir dafür ausreichend Gelegenheit bieten, wenngleich dieses Szenario nicht das ist, für das die Isomatte eigentlich vorgesehen ist.

Die Inertia X Frame verrät schon mit ihrem Namen ihre zwei herausragendsten Konstruktions- bzw. Anwendungseigenschaften: Sie wird nicht unter den Schlafsack gelegt, sondern hinein („Inertia“) und außerdem ist dieses Modell keine „flächige“ Matte, sondern eher als Rahmen zu denken („Frame“). Das heißt also, dass die Klymit-Isomatte nur ganz punktuell isoliert: am Kopf, im Hüftbereich und an den Füßen. Das sind auch die Körperteile, mit denen der meiste Druck ausgeübt wird, während der Restkörper (beim Schlafen auf dem Rücken oder auf der Seite) mehr oder weniger in der Luft schwebt. Hier wird dann das Konstruktionskonzept interessant: Die Teile der Matte, die nicht den Druck abfangen, sind schlicht und ergreifend ausgespart. Die sogenannten Loft Pockets sollen dem Schlafsack damit Raum geben, sich dorthinein auszudehnen und für die Isolation der Stellen zu sorgen, an denen der Körper ihn wegen der Druckverteilung nicht plattdrückt. Klingt doch logisch.

Mit 45,7 cm ist die Inertia X Frame deutlich schmaler als die meisten Isomatten. Beim Schlafen auf dem Rücken ragen die Arme definitiv an den Seiten über die Matte. Da sie aber zumindest partiell Druck auf den Untergrund ausüben, hätten der Klymit-Matte ein paar Zentimeter mehr im Oberkörperbereich gutgetan.

Das Konzept „Weglassen!“ schlägt sich extrem positiv auf das Gewicht und das Packmaß nieder: 258 Gramm ist einfach mal eine echte Ansage und die Größe der verpackten Matte (incl. Handpumpe) entspricht ca. einer 0,5-Liter-Getränkedose. Somit richtet sich diese Isomatte an alle, bei denen diese beiden Parameter oberste Priorität genießen, beispielsweise Ultratrail-Läufer*innen oder Long-Distance-Radler*innen, die mehrere Tage am Stück unterwegs sind und für ihre kurzen Schlafpausen von wenigen Stunden noch nicht mal ein Zelt aufbauen. Von dieser Extremanwendung ist eine klassische Radreise natürlich sehr weit entfernt, also stellt sich die spannende Frage: Kann die Inertia X Frame auch hierfür ausreichend Komfort und Isolation bieten?

Vorher noch kurz ein paar Worte zum Aufpumpen, zum Ablassen der Luft und zum Verpacken der Matte. Ausgestattet ist sie mit zwei Ventilen. Über das größere wird Luft ganz klassisch mit dem Mund hineingepustet – mit 3 bis 5 Atemzügen ist das in Sekundenschnelle erledigt (es muss ja faktisch nur wenig Volumen befüllt werden)! Ein zweites Ventil dient der Feinregulierung. Hierfür wird die Handpumpe, die ein bisschen ein Blutdruckmessgerät erinnert, angesetzt und schließlich so lange bedient, bis die Matte die gewünschte Festigkeit hat. Testweise habe ich zu Beginn versucht, die Matte ausschließlich mit der Handpumpe zu befüllen – und kann das nicht empfehlen, es sei denn, man möchte sich über kurz oder lang eine hübsche Sehnenscheidenentzündung zulegen. Es muss aber erwähnt werden, dass diese Matte auch definitiv keine Wintermatte ist, daher sind das Aufblasen und möglicherweise das Einbringen von Atemfeuchte kaum risikobehaftet.

Vor Antritt der Reise habe ich die Matte für eine Nacht zu Hause getestet, um sicherzustellen, dass sie für mich funktioniert. Ein erholsamer Nachtschlaf trägt schließlich maßgeblich zum Gelingen des Folgetages bei. Am Morgen nach der Testnacht konnte ich mir selbst ein OK geben und so kam die Matte mit ins Radreisegepäck.

Wirklich begeistert war ich, wie schnell die Isomatte aufgeblasen und abgelassen ist. So ging die tägliche Einrichtung des Zeltes nach Ankunft auf dem Campingplatz äußerst zügig vonstatten, ebenso das Packen am Morgen. Das kleine Packmaß der Isomatte erlaubt es weiterhin, sie in fast jeder Lücke in der Radtasche unterzubringen.

Genutzt habe ich sie im Zelt Copper Spur HV UL 3 in Kombination mit einem Seideninlett und dem Daunenschlafsack Summerlite von Western Mountaineering, der mal wieder eine Schlafsackwäsche nötig hätte, weil er nicht mehr optimal loftet. Obwohl auf der Matte selbst kein R-Wert ausgewiesen ist, gibt der Hersteller Klymit eine Dreijahreszeitennutzung an. Das scheint für eine rein luftgefüllte Matte ohne zusätzliches Isolationsmaterial wie Schaumstoff recht optimistisch. Die Nachttemperaturen auf unserer Tour betrugen zwischen 5 und 11 °C und daher kann ich das Kopfgefühl mit Praxiserfahrung untermauern: Bei einstelligen Temperaturen kann es schon frisch werden. Erschwerend kam bei mir hinzu, dass meine Körpermaße nicht optimal zur Matte passen. Bei einer Körpergröße von 1,66 cm landen meine Füße nicht auf der vorgesehenen Luftkammer, sondern dazwischen. Als Isolation zum Boden kam also nur noch der Schlafsack zum Tragen, der an dieser Stelle durch die Gliedmaßen plattgedrückt wird, ergo nur äußerst eingeschränkt funktioniert. Ich empfehle deswegen ausdrücklich ein Probeliegen, um sicherzustellen, dass die Körperproportionen mit der Isomatte kompatibel sind. Bei Menschen mit einer Größe von 178 – 190 cm sollte dies gelingen.

Beide Setups (Isomatte unter dem und im Schlafsack) habe ich ausprobiert und konnte keinen großen Unterschied bzgl. der Isolationsleistung feststellen. Nach einigen Tagen habe ich mir unterwegs eine dünne Evazote-Matte gekauft, die von da an immer unter die Kombination aus Inertia X Frame und Schlafsack kam, denn warme Füße sind für mich offenbar am wichtigsten für einen erholsamen Nachtschlaf.

Aufgrund der Inkompatibilität von Körpergröße und Isomattenmaß fällt es mir schwer, ein abschließendes Fazit zum Schlafkomfort zu ziehen. Auf selbstaufblasenden Isomatten mit gestanztem Schaumkern (z. B. Therm-a-Rest ProLite Plus) oder kunstfasergefüllten Luftmatten (Exped Synmat UL) habe ich jedenfalls schon erholsamere Nächte verbracht. Ich möchte allerdings trotzdem betonen, dass Klymit die Inertia X Frame auch nicht als luxuriöse Tourenmatte konzipiert, sondern schon ein spezielles Einsatzspektrum für Extremsportler*innen vorsieht, bei denen der Komfort nicht das entscheidende Kriterium ist, sondern es vielmehr auf ein sehr geringes Gewicht und Packmaß ankommt.

+ sehr leicht

+ sehr kleines Packmaß

+ extrem schnell aufgeblasen und eingepackt

0 empfohlener Einsatzbereich für 3 Jahreszeiten eingeschränkt empfehlenswert, subjektive Komforttemperatur > 8 °C

0 passende Körperstatur zwingend notwendig für Funktionalität der Matte

0 Komfort ist ein dehnbarer Begriff …

– 45,7 cm Breite sind schon sehr wenig; beim Rückenschlafen ragen die Arme über die Matte und können dann auskühlen

Klymit Inertia X Frame

Klymit Inertia X Frame

Ultraleichte Isomatte

zum Produkt im Webshop

Kommentar schreiben

Lesen: Testbericht: Klymit Inertia X Frame – Schlafen auf dem Skelett

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Weiterschmökern

Testbericht: Hoverstat Syn 7.0 von Mountain Equipment

tapir Testteam  5. August 2023

Testbericht: Lundhags Padje Light 45 – Minimalismus ganz groß

Laurie 25. Juli 2023

Testbericht: Der Rover HV von Mad Rock, ein Allrounder par excellence!

Michael 31. März 2023

Testbericht: Mit dem Zelt Helags 2 von Hilleberg unterwegs auf dem Kungsleden

tapir Testteam 10. August 2022

Testbericht: Unterwegs mit Kind, Kegel und einfach mehr Platz – das Vaude-Autozelt Drive Van Trunk begeistert

Michael  2. September 2022