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Getestet: Kletterschuh Vapor Lace von Scarpa

Getestet: Kletterschuh Vapor Lace von Scarpa

Endlich mal etwas zum Schnüren! Wie habe ich mich gefreut, als wir nach langem Warten einen Schnürschuh in den Laden bekommen haben, der am oberen Ende der Kletterschuhnahrungskette steht. Scarpa gab dem Schuh den Namen Vapor Lace und ich mir den Auftrag, herauszufinden, was er so leisten kann.

Fakten zum Vapor

Optisch ist der Vapor eher klassisch als aufregend anzuschauen und zweifarbig schlicht in Orange und Schwarz gehalten. Das Außenmaterial, abgesehen von der Gummierung, ist Leder. Der Schuh wird also noch etwas arbeiten und gibt somit auch meinen Zehen die Chance, sich mittelfristig durch das Ausdehnen des Materials etwas Platz zu verschaffen. Im Zusammenspiel mit der Zunge aus gepolstertem und geschmeidigem Meshmaterial ist der Sitz des Schuhs absolut positiv. Die für mich richtige Größe ist die 39 EU bei einer Straßenschuhgröße von 41,5 EU. Die Ferse sitzt, der Schuh ist straff und kompakt.

Dabei tut die Schnürung ihr Übriges und hält den Schuh, wo er sein soll. Dabei kann sie individuell sehr gut reguliert werden. Will meinen: Mein Fuß ist im Ballenbereich eher breit und empfand es dadurch als sehr angenehm, die ersten zwei Schnürungen am Anfang etwas lockerer zu lassen und erst im Laufe des Einkletterns von Mal zu Mal straffer anzuziehen. Die Ösen der Schnürung besitzen ebenfalls Verstrebungen bis in den Randgummi, somit ist nicht nur für ein Zuziehen des Schuhs gesorgt, sondern für ein Einschließen des kompletten Spanns. Sehr angenehm! Beim Gummi lässt Scarpa auch nichts anbrennen und hat den Vapor mit dem bewährten Vibram XS Edge ausgestattet. Wer Schuhe wie den Katana von La Sportiva mal geklettert hat, weiß, dass es kaum besser geht und der Schuh überall stehen bleibt, wo er stehenbleiben muss. Kleines Manko, wenn man denn eins suchen möchte: Die Bereiche an der Ferse sind nicht umsäumt und können dadurch einrollen. Weiß man das, sollte dies aber vom Handling her nicht weiter problematisch sein.

Passform

Der Leisten des Schuhs ist komfortabel geschnitten und bietet auch meinem breiteren Fuß an fast allen Stellen genügend Platz. Am Fußballen hatte ich zu Beginn ein deutliches Druckgefühl, wo die Verankerung der Schnürung unter den Randgummi gezogen ist, welches sich aber schnell gegeben hat.

Der Schuh ist asymmetrisch aufgebaut und besitzt einen anständigen Schub nach vorne. Die Zehen werden dadurch gut in die Zehenbox aufgestellt und bringen den nötigen Druck auf Tritte. Der Vapor ist ebenfalls mit einem kleinen bis mittleren Downturn ausgestattet, wobei die Spitze des Schuhs krallenmäßig nach unten gezogen ist. Nicht ganz so stark wie beim La Sportiva Solution oder dem Evolv Shaman, aber doch deutlich spürbar und in diese Richtung zielend. Der Aufbau erinnert an den Miura Lace von La Sportiva, sitzt aber für meinen Fuß im Fersenbereich deutlich fester und stabiler.

Handling am Fels: Wie klettert sich’s?

Für das entsprechende Drumherum bei so einem Kletterschuhtest sorgte diesmal das südfranzösische Ambiente um St. Legèr. Dort konnte der Vapor in schroffem, aber festem Kalk zeigen, was er kann.

Da sich der Schuh durch die Schnürung sehr gut und weit öffnen lässt, ist auch mit Füßen, welche durch einen kleinen Zustieg an Volumen gewonnen haben, ein problemloses Einsteigen möglich. Wie bei fast allen Schnürmodellen muss auch nicht jedes Mal komplett neu justiert werden. Nach ein paar Touren hat sich der vordere Teil der Schnürung so angepasst, dass ein Anziehen der hinteren Schnürsenkelwindungen genügt. Der Schuh sitzt und sollte doch irgendwie das Gefühl aufkommen, dass er etwas wackelt, lässt sich so eine Schnürung ja glücklicherweise immer noch ein bisschen fester anreißen.

Durch die asymmetrische Verdrehung des Vapors musste ich das genaue Antreten erst etwas einüben. Mein Zeh stand hier und da leicht neben dem Tritt. Hat man diese Herausforderung aber gemeistert, wird man mit einer äußerst präzisen und absolut sicheren Kraftübertragung belohnt. Dullen, Leisten, Löcher oder das Verspannen zwischen Sintern funktioniert damit punkt- und zielgenau. Durch Downturn und Vorspannung ist der Schuh mit dem schweren Gelände vertraut und klettert sich intuitiv. Er leistet aber neben den steilen Touren auch in Wand- oder Plattenkletterei allerhand.

Natürlich kommt dem Vapor Lace auch zugute, dass er aus hochwertigen Einzelmaterialien zusammengesetzt ist. Ich kann es an dieser Stelle nur erneut betonen: Vibram und Kalk sind gute, wenn nicht sogar sehr gute Freunde! Da stellen sich bei mir Trittgefühle ein, die ich von Eigengummis wie dem von MadRock oder Andrea Boldrini nicht kenne. Der Vibram-Gummi, in dem Fall XS Edge, ist einfach überzeugend, wobei das alte XS Grip meiner Meinung nach fast noch besser ist. Aber das kann auch nur ein Gefühl sein, am Ende ist für mich am wichtigsten: „Hauptsache Vibram!“

Das Einklettern des Schuhs erfolgt relativ zügig und kann über die Schnürung sympathisch reguliert werden. Wo es drückt, einfach etwas lockerer lassen. Bereits am dritten Tag waren die anfänglich auf Innen- und Außenseite des Ballens vorhandenen drückenden Stellen nicht mehr zu spüren. Damit konnte ich den Schuh tatsächlich, obwohl er neu war, im Urlaub jeden Klettertag intensiv klettern. Natürlich brennen aber nach einer filigranen 30-Meter-Platte auf kleinen Tritten die Zehen. Das wird sich bei einem aggressiven Schuh in ambitionierter Größe nicht vermeiden lassen.

Fazit

Der Scarpa Vapor bietet breiten Füßen, die einen aggressiven Schuh suchen, einen äußerst attraktiven Mix aus Sitz und Performance. Die Vibramsohle ist erste Wahl und steht. Wer auf einen Toe-Hook verzichten kann, weil er seine Zehen nicht ständig auf scharfe Kanten hängen muss, bekommt durch die Schnürung am Vapor einen Schuh, der kaum individueller und besser sitzen kann. Mit schweren Klettereien und anspruchsvollen Boulderzügen ist der Vapor Freund und lässt einen nicht im Stich. Deshalb bekommt er von mir ein dickes „Empfehlenswert!“ und sollte bei Leuten, die es an der Wand wissen wollen, auf der Probierliste für den nächsten Kletterschuhkauf definitiv nicht fehlen.

+ Schnürung: individuell und präzise

+ überzeugender Fersensitz

+ Ledermaterial passt sich beim Einklettern komfortabel an

+ Vibram XS Edge macht alles richtig

– optisch sieht das Orange recht schnell ausgewaschen und schmutzig aus

– das Quietschen der Schnürsenkel beim Festziehen sollte man aushalten können 😉

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