Planung, Vorbereitung
In die Planung und Vorbereitung habe ich viel mehr Aufwand und Zeit investiert als vielleicht nötig. Ich habe mir die Frage gestellt: „Was könntest du gebrauchen, wenn …“ So habe ich einfach zu viel eingepackt. Nach 3 Tagen merkt man aber, was überflüssig ist. Für die nächste Tour weiß ich auf jeden Fall, was man braucht, was man nicht braucht und was man zur Not unterwegs kaufen kann.
Merseburg – Bad Schandau (~ 490 km)
Die ersten Tage ging es gemütliche 70 – 100 km von Merseburg nach Plötzkau, Dessau-Roßlau, Pretzsch, Riesa und am fünften Tag erreichte ich schließlich Bad Schandau. Ich kam schwer vorwärts, einerseits, weil sich meine Beine an die neue Belastung gewöhnen mussten, andererseits durch das viele Gepäck. Ich fand auch schwer eine Routine. Ich stand zu unterschiedlichen Zeiten auf, ging mal früher, mal später ins Bett, hatte den Kopf noch voll anderer Sachen und konnte noch nicht ganz abschalten. Doch das sollte sich bald ändern! Mit jedem Tag machte es mehr und mehr Spaß zu radeln, Natur zu erleben, durch Wälder, Wiesen, Naturschutzgebiete aber auch durch schöne Dörfer und sehenswerte Städte zu fahren. Da ich diese Strecke von Merseburg nach Bad Schandau bereits gefahren war und nun Neues sehen wollte, bin ich dieses Mal auf der linken Seite der Elbe (stromaufwärts) gefahren. Diese Seite der Elbe kannte ich noch nicht und habe von Anwohnern erfahren, dass man mehr von der Natur sehen würde als auf der gegenüberliegenden Seite.
Bad Schandau – Zittau (~ 85 km)
In Bad Schandau kam mich meine Schwester besuchen und ich machte meine erste längere Pause. Wir gingen wandern, klettern, waren am kleinen Prebischtor, dem Carolafelsen und nutzten eine Boofe als Nachtlager. Die aktiven Pausentage taten gut – trotzdem hatte ich Lust, weiterzuradeln. Bevor meine Schwester wieder wegfuhr, konnte ich ihr einige Kilo Gepäck mitgeben und radelte weniger beladen weiter durch die Sächsische Schweiz, dann durch Tschechien bis nach Zittau. Hierbei nutzte ich überwiegend den Radfernweg R3014. Das Fahren durch die Sächsische Schweiz war eine sehr große Herausforderung, nur langsam kam ich voran. Aufregend war auch die Strecke durch Tschechien Richtung Osten – keine Karte, nur eine Skizze mit einigen Orten hatte ich von einem Autoatlas abgemalt.
Oder-Neiße-Radweg (~ 590 km)
Der Oder-Neiße-Radweg hat mir von allen Radwegen der Tour am besten gefallen, da es Natur pur zu erleben gab. Die Leute waren sehr freundlich und die gut ausgebauten Wege waren nicht überfüllt. Von Zittau führte mich der Weg nach Bad Muskau, dann über Eisenhüttenstadt, Schwedt (Oder) nach Blankensee und schließlich nach Rieth. In Marienthal verweilte ich kurz und besuchte das Kloster St. Marienthal, welches das älteste Frauenkloster des Zisterzienser-Ordens in Deutschland ist. In Neuzelle gibt es ebenfalls ein sehenswertes Kloster mit einer großen Parkanlage. Entdeckt habe ich dieses Kloster nur wegen einer Baustelle und Umleitung des Oder-Neiße-Radwegs. Nicht selten jedoch sind Umleitungen veraltet und Schilder unübersichtlich und verwirrend aufgestellt. Oft kam es mir auch vor, dass mit Absicht Umleitungsschilder und Verbotsschilder aufgestellt wurden, nur damit der Radfahrer über Dörfer und Städte direkt an Pensionen, Hotels und Restaurants vorbeigeführt wird. Daher wurde ich immer misstrauischer gegenüber den Umleitungen. Von Anwohnern erfuhr ich, dass dies eine Strategie der Gemeinden ist, um den Umsatz anzukurbeln. So könnte der Weg normalerweise an einer Hauptstraße entlanggehen – Kartenführer und Beschilderung aber führen den Radfahrer erst über Nebenstraßen, etliche Restaurants, Pensionen und Hotels wieder auf die Hauptstraße. Auf der Suche nach dem richtigen Weg führte mich eine Nebenroute durch die Alte Oder, durch die ich mein Rad im knietiefen Wasser schieben durfte. Das Kienitzer Panzerdenkmal und die Pension Heimatstube mit Museum in Blankensee waren kleinere Highlights der Strecke.
Ostseeradweg (~ 570 km)
Von Rieth ging es nach Murchin, Stralsund, Zingst, Graal-Müritz, Rostock und Lübeck. In Stralsund machte ich erneut eine längere Pause, da meine Schwester mich erneut besuchen kam und wir gemeinsam Stralsund und die Insel Rügen erkunden wollten. Wir besuchten den Jasmund Nationalpark und schauten uns spontan die Störtebeker Festspiele an. In Stralsund besuchte ich das Ozeaneum und war von der Vielzahl der Ausstellungsgegenstände, der Anzahl an Wasserbecken und Tieren positiv überrascht. Sehr beeindruckend waren die lebensgroßen Nachbildungen von Blauwal und vielen anderen Meeresbewohnern der Erde. Der 18. Reisetag war auch ein besonderer für mich: Das erste Mal stand ich vor der Düne mit Strandzugang zum Meer. Bis dahin hatte ich nur steinigere Ufer gesehen. Daher entschloss ich mich, bei strahlender Sonne am Strand einen Pausentag zu machen. Ich besuchte anschließend den Vogelpark in Marlow, machte einen kurzen Umweg und schaute mir mit großem Interesse die Flugshow mit Adlern, Eulen und Geiern an.
Sehr spannende Geschichten erfuhr man immer von anderen Radlern, die man auf der Tour traf. So kam ich mit einem Ü50-Pärchen ins Gespräch. Diese haben ihre Ostseeumrundung in 3 Monaten fast geschafft. Ihr Leben lang haben sie beide Kraft und Energie in ihre eigene Käsefirma in Frankreich gesteckt. Jetzt haben sie alles verkauft und wollen überwiegend nur noch auf Reisen gehen. Das ist ein tolles Abenteuer! Dann traf ich ebenfalls einen Franzosen, der 6 Monate quer durch Europa fährt. Außerdem traf ich sehr viele Familien mit Kinderanhängern und auch mit Hunden im Gepäck.
Wenn ich mich mal verfahren hatte, bekam ich oft schnell Hilfe von vorbeifahrenden Radlern, Mopedfahrern und Autofahrer oder Anwohnern. Hier und da gab es auch mal im Imbiss eine Cola oder etwas zu Essen geschenkt und ich musste öfter viele Fragen beantworten.
Meine Motivation war am Ostseeradweg groß und ich fuhr auch an ‚gegenwindigen‘ Tagen und schlechterem Wetter über 150 km. Die letzte Etappe an der Ostsee war daher leider viel zu schnell zu Ende. Von Rostock fuhr ich wegen des regnerischen Wetters direkt nach Lübeck und suchte mir dort spontan eine Route zur Elbe heraus.
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