Räder und Ausrüstung
Bereits Anfang Mai steigt das Thermometer auf über 40 °C. Da zwischen einzelnen Shops und Tankstellen teils nichts als Ödnis liegt, nutzen wir 10 Liter-Wassersäcke von Ortlieb zum Wassertransport. Mit den handlichen, leichten Filtern von Sawyer lassen sich sämtliche Keime eliminieren. Zudem tragen wir regelmäßig Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 auf. Andere Radreisende schützen sich mit Basecaps unter den Helmen. Die Straßenverhältnisse an sich stellen keine besonderen Ansprüche an die Räder. Wir sind unterwegs mit den Terra-Modellen der Marke Patria.
Wer zeltet, sollte seine Schuhe abdecken und morgens gut ausschütteln, auch beim morgendlichen Packen ist Vorsicht geboten: zahlreiche giftige Skorpione und Spinnen krabbeln nachts um das Zelt und verstecken sich im Gepäck. Und, wir hätten es nicht gedacht: ein Insektenrepellent ist auch in der Wüste lebensnotwendig! Wir zelten mitunter in der Nähe von Bewässerungskanälen und erleben die schlimmsten Mückenplagen jemals. Die Plagegeister umschwirren uns so dicht, dass wir lieber nackt und schwitzend im Zelt essen als uns draußen leersaugen zu lassen.
Straßen/Verkehr
Der Highway ist größtenteils radlerfreundlich geteert. 100 km Flachland pro Tag klingen deshalb nach einer akzeptablen Herausforderung – aber, aber … Nach einer Kontrolle zäher als Kaugummi überqueren wir die Grenze erst zur Mittagszeit. Die Sonne erweicht den Teer zu klebrigem Honig, in flirrender Hitze haben wir bisweilen das Gefühl durch Treibsand zu fahren. Schnurgerade Straßen führen durch topfebene Wüste und stetiger Gegenwind treibt turmhohe Windhosen über das Land.
Um Kräfte zu sparen, fahren wir in wechselseitigem Windschatten. Wer von West nach Ost radelt, den treibt der Wind dagegen an. Ab und an erweist sich der Highway als baufällig, Schlaglöcher bremsen uns aus. Wann immer möglich weichen wir deshalb auf die neu geteerte Fahrbahn aus, noch nicht offiziell für den Verkehr freigegeben, aber parallel zur Hauptstraße führend. Fahrzeuge passieren uns alle paar Minuten, im Notfall ließe sich also immer Nahrung und Wasser oder eine Mitfahrgelegenheit auftreiben.
Übernachtung und Verpflegung
Wir zelten in Ortsnähe oder rollen unsere Isomatten für wenige Manat in Truckstops aus. Inmitten der Wüste zu schlafen vermeiden wir, um am nächsten Morgen ausreichend Wasser für unterwegs auftanken zu können. Meist essen wir günstig in kleinen Restaurants am Straßenrand, „Kafes“ genannt, dort sind auch Wasser, Saft und Brausen erhältlich. Wasser geben uns zudem die Polizisten der unzähligen Kontrollposten mit auf den Weg.
Als Daniel zu Beginn zu wenig trinkt, erleidet er einen Schwächeanfall, anschließend sind wir achtsamer und trinken nach festem Zeitplan: etwa 1 l Wasser pro 20 Fahrkilometer. Da uns die Grenzpolizisten verbieten, nach Sarakhs einzubiegen, essen wir im etwas versteckten Truckstop neben der ersten Tankstelle nach dem Grenzübertritt, danach kommt lange nichts. Zwischen Repetek und Ucajy (60 km) besteht keinerlei Verpflegungsmöglichkeit.
Gesellschaftspolitische Lage
Turkmenistan kann durchaus mit den diktatorischen Eigenheiten Nordkoreas konkurrieren. Das Land wurde nachhaltig durch den Alleinherrscher Niyazov geprägt, der sich selbst die Namen „Führer der Turkmenen“ und „Diamantenkranz des Volkes“ gab. Per Gesetz benannte er alle Monate und Wochentage nach Mitgliedern seiner Familie, dazu einen Meteoriten und eine Melonensorte nach sich selbst. Seine Minister mussten ihn noch zu Lebzeiten zum Propheten ausrufen.
Die Einnahmen aus den gewaltigen Erdgasvorkommen des Landes flossen sicher nicht ins Sozialwesen: alle Krankenhäuser außerhalb der Hauptstadt wurden geschlossen, die Renten gestrichen. Selbst der nachfolgende Präsident lockerte nur die aberwitzigsten Reformen (heute darf man wieder Musik im Auto hören), die Einwohner werden weiterhin von strenger Hand geführt. Doch wie auch in Iran treffen wir auf freundliche, hilfsbereite, wenn auch etwas zurückhaltendere Menschen. Schade, dass wir nur so wenig Zeit haben sie kennenzulernen.
Fazit
Was muss, das muss – getreu dem Sprichwort spulen wir 500 km in einem sich abschottenden Überwachungsstaat ab. Inmitten der Ödnis heitern uns dennoch Dromedarherden und freundliche, farbenfroh gekleidete Menschen auf. Nach striktem Zeitplan und in wechselseitigem Windschatten kommen wir unerwartet gut voran und erreichen glücklich wie erschöpft nach vier Fahrtagen die usbekische Grenze.
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