Für den nächsten Tag nahmen wir uns die Besteigung des Berges Krn vor – nachdem wir eine Weile über die richtige Aussprache des Namens diskutiert hatten. Der Krn ist ein Berg in der Nähe des Campingplatzes mit verschiedenen Routenmöglichkeiten für unterschiedlich lange Touren. Die Wettervorhersage prophezeite etwas Regen und mögliche Gewitter für den Nachmittag, also machten wir uns früh auf den Weg. Über eine gut ausgebaute Straße erreichten wir den kostenlosen Parkplatz kurz hinter dem kleinen Dorf, das den selben Namen wie der Berg trägt: Krn. Die Sonne stand hoch und die Vorboten des Gewitters ließen noch auf sich warten. Also nichts wie los!
Über einen schmalen Pfad liefen wir über Kuhweiden und saftig grüne Wiesen der Südflanke des Krn entgegen, den 2245 Meter hohen Gipfel immer im Blick. Hier und da stehen alte Bauernhütten mit Brunnen, aus denen eiskaltes Bergwasser kommt. Es empfiehlt sich, die Wasservorräte noch mal aufzufüllen, da es die letzte Möglichkeit vor dem steilen und anstrengenden Gipfelanstieg ist. Die nächsten anderthalb bis zwei Stunden ging es in Serpentinen zur Schutzhütte Gomiščkovo zavetišče hinauf. Je nach Fitness und Wetter ist der Aufstieg wirklich hart, wenn auch technisch nicht sehr anspruchsvoll. Die Natur knapp oberhalb der Baumgrenze ist dafür umso schöner, denn langsam aber sicher gewinnt man einen atemberaubenden Ausblick auf die gesamten Julischen Alpen: die grauen Felsen im Norden und das üppige Grün im Süden, dazwischen Gletschermuränen und Bergseen.
Ein hart umkämpfter Gipfel
Nach einer kurzen Pause bei der Schutzhütte, die saisonal sogar bewirtet ist und Getränke und leichte Speisen serviert, nahmen wir das letzte Stück zum Gipfel in Angriff. Die tolle Aussicht war nur das eine, was uns an diesem Tag zum Krn lockte – an klaren Tagen blickt man bis an die Adria! –, doch die historische Bedeutung des Berges ist beinahe noch faszinierender. Während des ersten Weltkrieges lieferten sich italienische Soldaten mit denen Österreich-Ungarns tödliche Gefechte inmitten dieser so friedlich erscheinenden Landschaft. Noch heute zeugen Stacheldraht, Kanonen und Bunker von der kriegerischen Vergangenheit des Krn. Ein Nebengipfel des Krn diente einst als Sprengstoff-Arsenal, welches während eines Gefechts explodierte und die Spitze des Berges wegsprengte.
Von alledem spürte man an diesem wunderschönen Ort jedoch nichts mehr. Kaum zu glauben, dass dies mal ein Kriegsschauplatz gewesen sein soll … Eine leichte Brise wehte, während wir uns zur Besteigung beglückwünschten und den Segelfliegern ringsherum erstaunt zuschauten. Der Blick nach Süden, wo sich dunkle Wolken auftürmten, verriet nun, dass tatsächlich ein Gewitter herannahte und so brachen wir alsbald wieder auf. Wir wählten jedoch nicht die direkte Abstiegsroute, die wir zum Aufstieg genommen hatten, sondern verließen den Gipfel über die Ostseite, wo man zahlreiche teils gut erhaltene Höhlenanlagen aus den Kriegstagen vorfindet.
Das Gewitter kommt näher
Der Abstieg wurde zum Wettlauf mit der Zeit, da das Gewitter immer näher kam, es leicht zu regnen begann und das Donnern immer lauter wurde. Begleitet von mehreren Schafherden suchten wir nach dem richtigen Weg. Auf dieser Route ist der Pfad leider nicht mehr so eindeutig wie zuvor. Doch glücklicherweise hatten wir die Wanderkarte von einem Pärchen, welches wir auf dem Gipfel trafen, abfotografiert. So konnten wir anhand markanter Geländepunkte den richtigen Weg ausfindig machen und kamen nach insgesamt etwa fünf Stunden wieder wohlbehalten am Parkplatz an.
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