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Albanien: Grenzerfahrung auf dem Korab

Albanien: Grenzerfahrung auf dem Korab

Der Korab ist der höchste Berg gleich zweier Länder. Direkt auf der Grenze zwischen Mazedonien und Albanien gelegen, war er einst Sperrzone und durfte nicht betreten werden. Heute ist er von beiden Seiten während einer langen, aber herrlich schönen Tagestour begehbar. Je nachdem, auf welcher Seite man nachfragt, liegt der Felsgipfel mal auf 2754 und mal auf 2764 Metern. Wir haben ihn im Sommer 2019 von der albanischen Seite aus bestiegen, nachdem wir in Mazedonien zunächst gescheitert waren.

Die ursprüngliche Idee war, den Korab von Mazedonien aus zu besteigen. Dort liegt der Mavrovo-Nationalpark, wo wir ein paar Tage zum Wandern verbrachten. Allerdings ist der Zustieg von dieser Seite etwas mühsam, wenn man weder Auto noch Zelt dabei hat, da man am Fuße des Berges die Nacht verbringen müsste, um am nächsten Morgen früh zu starten. Und so entschlossen wir uns kurzerhand, über die Grenze nach Albanien zu fahren und von dort aus den Gipfel ins Visier zu nehmen.

Radomirë als Basecamp

Das kleine, beschauliche Bergdorf Radomirë liegt am Fuße des Korab. Hier leben hauptsächlich Bauern und Hirten und es gibt nur eine Handvoll lokaler Unterkünfte. Wer Hotels nach deutschem Standard erwartet, ist hier falsch. Die Anreise nach Radomirë stellte sich als etwas mühsam heraus, da es nur sporadisch öffentlichen Busverkehr von der grenznahen Stadt Peshkopia in das Korabgebirge gibt. So mussten wir per Anhalter fahren, was erstaunlich gut funktionierte, da die Albaner meist sehr gern Mitfahrer vom Straßenrand aufpicken. Zwar sind auf der Bergstraße kaum Autos unterwegs, doch kommt eins vorbei, ist es sehr wahrscheinlich, dass man mitgenommen wird.

Die letzten Kilometer von der asphaltierten Straße nach Radomirë verlaufen über eine Schotterpiste, die wir zu Fuß gingen, um pünktlich zum Sonnenuntergang und zum Erklingen des Muezzin im Dorf anzukommen. Ein Junge aus dem Dorf half uns, eine Unterkunft zu finden und nur wenige Minuten später stießen wir mit einem eiskalten Tirana-Bier auf den kommenden Tag an.

Allein am Berg

Der Tag begann früh. Frühstück um 6, Start eine halbe Stunde später. Außer uns war nur ein Hirte auf seinem Esel unterwegs, der auf den richtigen Pfad deutete. Es gibt zwei Wege auf den Gipfel: einen kürzeren und steileren auf der Südwestseite und einen gemütlicheren, aber längeren auf der Nordwestseite. Wir entschieden uns, den steileren für den Aufstieg und den gemütlicheren für den Abstieg zu wählen, was sonnenmäßig die bessere Wahl war. Kurze Zeit später waren der Hirte und sein Esel verschwunden und wir waren weit und breit die einzigen sichtbaren Lebewesen. Lediglich der über den Häusern stehende Dampf aus Radomirë tiefer im Tal zeugte noch von menschlichem Leben. Ab und zu erklangen die Glocken einer Schafherde durch das Tal, nur sehen konnten wir sie noch nicht.

So wanderten wir schweigend und die Ruhe genießend für mehrere Stunden immer weiter hinauf, bis wir allmählich die Baum- und schließlich die Buschgrenze unter uns ließen. Der Weg war nun einfach, da er vom Dorf aus durch ein offensichtliches Tal bergauf führt. Hirtenpfade und gelb-rote Wegmarkierungen hießen uns den Weg auf größtenteils mäßig steilem bis flachem Gelände. Laut einer topografischen Karte, die wir in einem Touristenbüro in Peshkopia mitnahmen, hätten wir auch an einem Wasserfall vorbeikommen sollen. Entweder waren wir blind oder es gibt ihn nicht. Jedenfalls sorgte das Ausbleiben des Wasserfalls dafür, dass wir uns auf einer falschen Route wähnten, da auch die Wegmarkierungen nun ausblieben. Wir schlugen allerdings den einzig logischen Weg ein und liefern weiter das Tal hinauf, statt die Geröllhänge zu unserer Linken oder Rechten hinaufzukraxeln. Es wurde nun spürbar steiler, sodass das Tempo langsamer und die Trinkpausen häufiger wurden.

Der Weg ist nicht immer offensichtlich

Als wir uns dem oberen Talende näherten, wurden auch die Hirtenpfade weniger und endeten schließlich ganz. Und da wir den Grat, welcher zum Gipfel führen sollte, links über uns ausmachten, entschlossen wir uns nun doch, ein Geröllfeld hinaufzusteigen, das zwar nicht wie ein guter Weg aussah, aber uns nun als das einzig Logische erschien. Und so kämpften wir uns auf unsicheren Tritten und losem Gestein den Berg hinauf, bis wir schließlich den Grat erreichten und nun auch wieder einen Weg fanden, allerdings den aus Mazedonien kommenden. Der Gipfel war nun in Sichtweite und der Weg nicht mehr zu verfehlen. Nach etwas mehr als fünf Stunden standen wir auf dem höchsten Gipfel zweier Länder.

Hier trafen wir nun erstmals auf weitere Wanderer, die alle von der mazedonischen Seite aus gestartet waren. Auch sie waren begeistert von der Schönheit der Landschaft. In dieser Hinsicht geben sich die beiden Routen wohl nichts. Wir plauderten, tauschten uns aus und aßen unsere mitgebrachten Snacks, bevor uns der Wind dann doch ordentlich um die Ohren blies, sodass wir uns zum Abstieg aufmachten. Dieser führte zunächst über den mazedonischen Weg, bevor wir links in ein Tal wieder Richtung Albanien abbogen. Und schon waren wir wieder allein.

 

Zeit nehmen beim Abstieg

Das Tal, durch das wir nun hinabliefen, mutete ganz anders an als das des Aufstiegs. Es war enger und zerklüfteter, aber ebenso beeindruckend. Die Sicht auf die Gipfel des Korab-Massivs ringsherum war atemberaubend. Felshöhlen inmitten der Steilwände offenbarten tiefe Löcher hoch im Fels und saftig grüne Wiesen bedeckten den Talboden. Kleine Bäche schlängelten sich von den Überbleibseln von Gletschereis und Schnee das Tal hinab – Rinnsale im Vergleich zu den Sturzbächen, die hier im Frühling abgehen müssen.

Die Ruhe beim Abstieg war überwältigend. Nicht einmal der Wind vermochte es, die Stille zu durchbrechen. Einzig das Tröpfeln der Bäche waren hier und da zu vernehmen. Die Szenerie war entsprechend dramatisch und alle paar Schritte hätte ich stehen bleiben können, um ein neues wunderschönes Landschaftsfoto zu schießen. Den beeindruckendsten Anblick bot die Panair-Ebene. Die mehrere Quadratkilometer große Fläche liegt inmitten der zerklüfteten Bergwelt und ist auf natürliche Weise komplett eben. Die Wiese ist durchzogen von Flussläufen, die sowohl Pferden als auch Schafherden als Wasserquelle dienen.

Die Pferde, auf die man beim Abstieg unweigerlich trifft, gehören vermutlich den Hirten, die sie als Transportmittel benutzen. Allerdings laufen sie frei umher, was einem das Gefühl gibt, Wildpferde zu treffen. Auch wenn wir uns enorm viel Zeit ließen und häufig zum Fotografieren anhielten, zog sich der Abstieg in die Länge. Glücklicherweise gab es beim Abstieg keinen Zweifel am Weg. Fünf Stunden nach dem Gipfelglück erblickten wir endlich die Häuser von Radomirë und eine weitere Stunde später stießen wir abermals mit einem eiskalten Tirana an – diesmal auf das, was hinter uns lag.

Zwölf Stunden waren wir insgesamt unterwegs. Ich würde die Wanderung als mittelschwer bezeichnen und man kann sie sicherlich auch in unter zehn Stunden schaffen. Wenn man sich jedoch auf dem Gipfel und anderen Fotospots Zeit nehmen möchte, sollte man mit einer ähnlichen Zeit wie unserer rechnen. Auch wenn der Tag lang ist, es lohnt sich definitiv: Landschaftlich bietet sich ein atemberaubendes Panorama, welches mich teilweise sehr an die Julischen Alpen in Slowenien erinnerte. Vor allem die geringe Anzahl anderer Touristen macht den Korab zu einer idealen Alternative zum sehr touristischen Valbonë im Norden Albaniens.

Beste Reisezeit

Wir waren im absoluten Hochsommer (Ende Juli) da und sowohl im Tal als auch auf dem Gipfel war es recht frisch, während an der Küste Albaniens an Hitzerekorden gekratzt wurde. Dementsprechend ist der Sommer für gemütliche Wanderungen die beste Reisezeit. Man kann den Korab jedoch auch im Winter besteigen, allerdings ist das dann eine alpine Tour mit Tourenski oder Schneeschuhen.

Einreise

Die Einreise nach Albanien ist für EU-Bürger problemlos mit Reisepass oder Personalausweis möglich. Sowohl an der Landesgrenze als auch am Flughafen kann man, ohne ein Visum beantragen zu müssen, einfach einreisen.

Anreise

Es gibt Busverbindungen von und nach Radomirë, allerdings nur einmal am Tag, wie es scheint. Diese starten in und führen wieder nach Kukës, eine Stadt nördlich des Korab. Da wir von Süden kamen, blieb uns nur das Trampen. Man hätte auch ein Taxi nehmen können, allerdings wären diese völlig überteuert gewesen. Mit eigenem Auto gestaltet sich die Anreise deutlich leichter. Die Straßen sind weitestgehend gut in Schuss und nahe Radomirë auch wunderschön.

Geld

Der Lek ist die Landeswährung Albaniens. 1 Euro sind etwa 120 Lek (Stand Januar 2020). Das Preisniveau liegt deutlich unter dem in Deutschland und auch nochmal unter dem der anderen Länder auf dem Balkan. ATMs gibt es in Radomirë nicht, wir hatten uns jedoch in Peshkopia noch mit ausreichend Bargeld eingedeckt. Es lohnt sich, bei den Wechselstuben nach den Kursen zu fragen, denn die sind häufig besser als die der Banken in Deutschland. Häufig kann man in Albanien auch mit Euro bezahlen, allerdings nicht überall.

Sprache

Albanisch ist eine eigene Sprache und hat keine Gemeinsamkeiten mit den slawischen Sprachen der Nachbarländer. Vor allem junge Menschen sprechen jedoch Englisch, viele auch Deutsch, da sie selbst oder ihre Verwandten in Deutschland, Österreich oder der Schweiz leben oder gelebt haben.

Übernachtung

Radomirë ist, wie gesagt, kein besonders touristischer Ort – zumindest bislang. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass sich das in den nächsten Jahren ändert, da an einigen Häusern gebaut wurde und auch unsere Unterkunft dabei war, sich wieder in eine Baustelle zu verwandeln. Für den Moment gibt es ein paar Unterkünfte, in denen man ein Privatzimmer mit Dusche und Balkon für zehn Euro pro Person bekommt. Wir haben im Restaurant Hotel RADOMIRA übernachtet, welches von einem sehr freundlichen Mann geleitet wird, der zwar kaum Englisch (geschweige denn Deutsch) spricht, aber dennoch alles tat, um uns bei unserer weiteren Reiseplanung behilflich zu sein. Man findet sein Hotel zwar auf GoogleMaps, allerdings ist es nicht auf booking, Kayak etc.

Essen

Da sieht es in Radomirë ebenfalls mau aus. Ob es eine Art Dorfladen zum Einkaufen gibt, konnten wir nicht herausfinden, ich gehe jedoch davon aus, dass man im Ort an Lebensmittel kommt. Glücklicherweise konnten wir bei unserem Hotelbesitzer für zehn Euro Frühstück, Mittagessen zum Mitnehmen und warmes Abendessen mit Salat bekommen, was für albanische Verhältnisse zwar nicht unbedingt günstig, aber in Anbetracht der Umstände angemessen war.

 

  • Wanderschuhe oder Trekkingschuhe sollten es dann schon sein. Zwar ist der Pfad nicht übermäßig herausfordernd, jedoch macht allein die Länge der Tour gutes Schuhwerk zwingend erforderlich.
  • Ein sparsam gepackter Tagesrucksack reicht vollkommen. Da man an den Bächen unterwegs immer wieder die Wasservorräte auffüllen kann, braucht man auch nicht allzu viel Flüssigkeit mit sich herumzuschleppen.
  • Eine gute Softshelljacke sollte vollkommen ausreichen, es sei denn, man hat sich einen heftigen Regentag ausgesucht. Ansonsten sollte der Wind das einzige Problem sein und da genügt eine gut isolierte Softshell.

 

  • In den Touristenbüros in Peshkopia und Kukës bekommt man einiges an Material für die Besteigung des Korab. Allerdings ist manches davon nicht besonders hilfreich, weil entweder veraltet und schlichtweg falsch. Es lohnt sich dennoch, mal vorbei zu gucken und sich vielleicht noch den ein oder anderen Tipp abzuholen.
  • Summitpost gibt einen guten Überblick über die mazedonische Route auf den Gipfel und auch einige Informationen über die albanische. Leider haben wir die Seite erst nach unserer Tour entdeckt.
  • Wem eine ungeführte Tour zu heikel ist, findet auf dieser Seite eines albanischen Reiseveranstalters Infos und die Möglichkeit, einen Guide zu buchen.

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