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Aktuelle Lage: Unterwegs in den Wäldern der Sächsischen Schweiz

Aktuelle Lage: Unterwegs in den Wäldern der Sächsischen Schweiz

Seit mehr als 30 Jahren zieht es mich immer wieder in das kleine Gebirge an der Elbe. Am Anfang noch den „Locals“, wie man heute sagen würde, einfach hinterherstolpernd, begriff ich erst mit den Jahren, in welchem Kleinod wir sommers wie winters unterwegs sind. Die Sächsische Schweiz nimmt schon einen besonderen Stellenwert unter den Nationalparks in Deutschland ein. Und das nicht nur, weil er mit seinen gerade mal 9350 ha neben Jasmund (3070 ha) und Hainich (7513 ha) eher zu den kleinen, aber feinen Nationalparks zählt. Doch das Kleinod ist bedroht und wer in diesem Sommer zu einem kleinen Abenteuer vor der Haustür starten möchte, sollte sich vorher über die aktuelle Situation vor Ort informieren: Borkenkäferbefall und Stürme haben in einigen Regionen eine sichtbare Schneise der Zerstörung hinterlassen.

Von den Schäden ist vor allem das Gebiet der Hinteren Sächsischen Schweiz betroffen. Bereits in den letzten Jahren konnte man, vor allem, wenn man von einem der Felsplateaus über das Land hinaus schaute, die ersten braunen Flächen deutlich erkennen. Bereits im letzten Herbst stiegen wir über umgestürzte Bäume und konnten vom Weg aus Felsmassive in Augenschein nehmen, die seit Jahrzehnten von Bäumen verdeckt waren. Dann kamen die großen Herbststürme und der schneereiche Winter. Und so konnten die Meldungen aus dem März über größere Wegsperrungen nicht mehr wirklick verwundern.

Die Wegsperrungen betreffen alle, Wanderer wie Kletterer. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich der SBB (Sächsischer Bergsteigerbund) schon früh im Jahr dafür einsetzte, gemeinsam mit den Verantwortlichen einen Stufenplan zu entwickeln, wie man die Wege wieder freibekommen könnte. Das erschien zunächst etwas schwierig und das nicht nur, weil wir uns im Nationalpark befinden, für den strenge Regeln für Eingriffe des Menschen in Naturbelange gelten. Neben der Arbeitssicherheit der Forstleute muss bei den anstehenden Arbeiten auch das Naturschutzrecht beachtet werden, was die schwierige Gemengelage aktuell ausmacht. Und vielleicht die ein oder andere Arbeit an den Wegen und Zustiegen weiter verzögern kann.

In der Pressemeldung des Nationalparks war am 19. März zu lesen, dass bereits seit Ende Januar „fast alle Wanderwege im Großen Zschand auf ungewisse Zeit „unpassierbar“, aber nicht gesperrt seien.“. Wir  hatten es teilweise schon im Oktober 2020 zu spüren bekommen, dass vor allem tote Fichten und viel Astwerk die Wege versperrt haben.  Es wurde kontsatiert, dass das durch den Borkenkäfer verursachte Absterben und Umfallen der Fichten im Nationalpark immer größere Ausmaße annehme. Es wurde die Erwartung ausgesprochen, dass es wohl noch mehr Wege betreffen würde, denn auch im Schmilkaer Gebiet, in den Affensteinen und dem Kleinem Zschand ist der Wald schon tot oder wird demnächst absterben.

Der Sachsenforst hatte darüber informiert, dass in den letzten drei Jahren mehr als die Hälfte aller Fichten in dem Gebiet abgestorben seien. Die Situation wird zurückgeführt auf die große Trockenheit der letzten Jahre. Und jeder, der sich mit den Auswirkungen extremer Trockenheit beschäftigt, weiß, dass bestimmte Bäume dann so geschwächt sind, dass Insekten wie der Borkenkäfer leichtes Spiel hatten. (Das betrifft, wie wir auch Ende Juni bei der Erzgebirgstraverse beobachten mussten, auch andere Waldgebiete hier in Sachsen.)

Das heißt: Unser nur visueller Eindruck der letzten Jahre, dass der Zustand des Baumbestandes sich immer weiter verschlechtert hat, findet sich in den Zahlen ziemlich eindeutig wieder. Die Hauptaufgabe der Verantwortlichen ist die Sicherung der öffentlichen Straßen und Rettungswege (bis Ende April) sowie der Gebäude in unmittelbarer Waldnähe und den klassischen Besucherschwerpunkten.

 

Traditionell vertritt der Sächsische Bergsteigerbund seit seiner Wiedergründung 1990 in der Sächsischen Schweiz nicht nur die Interessen der Kletterer, sondern setzt sich auch für die Belange der Wanderer ein. Aus Verbandssicht konten sie nach ersten Gesprächen mit der Nationalparkverwaltung nur „ein Fahren auf Sicht“ erkennen. Mitglieder des SBB und der IG Stiegenfreunde prüften und dokumentierten im Ehrenamt die bedrohten Wege und erstellten einen Stufenplan (4. Mai 2021). Dieser Stufenplan wurde sowohl dem Leiter der Nationalparkverwaltung als auch Umweltminister Günter im März 2021 vorgetragen und übergeben und ständig weiter aktualisiert.

In einer Beratung in der AG Wege, einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, die im Umweltministerium angesiedelt ist, wurde am 15. April 2021 beschlossen, dass die Nationalparkverwaltung die zehn wichtigsten der bedrohten Wanderwege aus dem Stufenplan des SBB einer Prüfung unterzieht. Das Ergebnis wurde am 29. April vorgestellt: Nur an einem Weg wird ab Herbst punktuell freigesägt, drei Wege gehen in ein (im Ergebnis allerdings offenes) langwieriges naturschutzfachliches Verfahren bei der Landesdirektion. Die restlichen sechs Wege werden jedoch in absehbarer Zeit teilweise unpassierbar bleiben, weil diese als „schwarze Wege“ eingestuft sind, d. h. dort herrscht arbeitsschutzrechtlich ein striktes Betretungsverbot für alle Mitarbeiter des Staatsbetriebs Sachsenforst. „Dieses Ergebnis kann den SBB nicht zufriedenstellen“, so Ulrich Voigt, der als einer der Vetreter des SBB in der Kommision engagiert ist.

So hält der SBB die Strategie der Nationalparkverwaltung für stark diskussionsbedürftig. Der Unmut innerhalb des SBB – und nicht nur da – stieg weiter. An sich wäre eine naturschutzrechtliche Prüfung kein Problem, wenn nicht gleichzeitig der Leiter der Nationalparkverwaltung signalisieren würde, dass „er sich wegen fehlender Kapazitäten nicht in der Lage sieht, die Prüfung fortzusetzen und gemeinsam nach Alternativen zu suchen“. Das stünde im Widerspruch zur Aussage von Minister Günther, dass „die materiellen und personellen Ressourcen kein limitierender Faktor sein würden“.

Die Sitzung  der AG Wege vom 29. Juni brachte dann die Kehrtwende: Der Stufenplan des SBB soll umgesetzt werden, die Anträge für vorsorgliches Freischneiden der ersten neun Wanderwege werden zeitnah gestellt. Mit dem Besuch von Ministerpräsidenten Kretschmer in der Sächsischen Schweiz am 10. Juni 2021 auf Einladung von Landrat Geisler, Nationalpark-Anliegergemeinden, Tourismusverband und SBB wurde „eine positive Entwicklung beim Thema „Unpassierbare Wanderwege“ in Gang gebracht.“ Personal- und Finanzmittel sollen behördenseitig zur Verfügung gestellt werden zum vorsorglichen Freischneiden von Wanderwegen aus dem SBB-Stufenplan A. Ende August sollen die vorsorglichen Freischneide-Arbeiten von bedrohten Wegen – die Genehmigung vorausgesetzt – beginnen. Es wird ein wenig dauern, bis die Genehmigungen vorliegen und das Freischneitfenster endet im März 2022, wenn die neue Brutzeit beginnt. In der gemeinsamen Pressemitteilung der AG Wege ist u. a. zu lesen:
„Aufgrund des fortschreitenden Borkenkäferbefalls ist bei allen Beteiligten die Notwendigkeit raschen Handelns unstrittiger Konsens, was auch die Prüfung von Maßnahmen an weiteren Wegen beinhaltet.“

Als weitergehende Maßnahmen werden im Sommer Spezialmaschinen getestet, damit sie im Herbst im schwierigen Gelände eingesetzt werden können, um bereits unpassierbare Wege aus dem Stufenplan B wieder begehbar zu machen sowie an bedrohten Wegen weiterzuarbeiten. In der Diskussion stehen zudem noch einzelne Wege aus dem Stufenplan C. Dort sind Wege enthalten, die mit Maschinen nicht erreichbar sind. Dort könnte man mit motormanuellen Sägetechniken in schwierigem Gelände arbeiten, die naturschutzfachlich vorsichtig eingreifen. Allerdings ist dies nur möglich, solange die toten Bäume noch eine gewisse Standfestigkeit haben. In der gemeisnamen Diskussion bleibt auch das Thema der schwer passierbaren oder unpassierbaren Kletterzugänge.

Fasst man all die Aktivitäten zusammen, ist deutlich erkennbar, dass die Brisanz der Thematik erkannt wurde und jetzt intensiv an Lösungen gearbeitet wird.

In der Presserklärung dankt der SBB all denen, die sich in den vergangen Monaten intensiv in der Sache engagiert und nach Lösungen gesucht haben: „den Bergfreunden des SBB, des Landesverbandes Sachsen des DAV, der Akademischen Sektion Dresden des DAV, der IG Stiegenfreunde sowie unseren Partnern in der AG Wege, Tino Richter (Tourismusverband), Thomas Kunack (Bürgermeister Bad Schandau) und Daniel Brade (Bürgermeister Hohnstein). Danke auch an die Mitarbeiter der NPV für ihre derzeitige und zukünftige Arbeit zum Erhalt und zur Begehbarkeit der Wanderwege und Pfade, die wir als ein Kulturgut unserer Region verstehen.“

Dem Dank schließen wir uns gern an! Und wer bei dem Thema immer auf dem Laufenden bleien möchte, kann sich hier informieren. Und findet hier eine Übersicht zu den aktuellen Wegeeinschränkungen.

Wer sich in den kommenden Tagen und wahrscheinlich auch Wochen auf den Weg in die Sächsische Schweiz machen wird, wird vor allem in dem Gebiet um Bad Schandau herum zusätzlich noch mit den Folgen der Überschwemmungen von Monatsbeginn konfrontiert werden. Am 10. Juli waren über dem Elbtal so große Wassermassen heruntergekommen, dass die kleinen Zuflüsse die Mengen nicht mehr aufnehmen konnten. Dazu kamen noch Muren, sodass an dem Wochenende einige Dörfer nicht mehr erreicht werden konnten. Die Bilder der Ortsgruppe des THW zeigen, dass es (noch) viel zu tun gibt für die Anwohner. Drücken wir die Daumen, dass die Leute schnell wieder auf die Füße kommen und wer kann: Über Hilfe und Unterstützung freuen sich alle.

Trotz Hochwasser und Waldschäden: Die Sächsische Schweiz ist immer eine Reise wert. Es gibt in den zugängigen Gebieten auf beiden Seiten der Elbe viel zu sehen, viel zu entdecken – egal, ob ihr zu Fuß, mit dem Bike oder kletternd unterwegs seid. Und wer in der Woche Zeit hat, hat vielleicht auch mal einen der Hotspots für sich (fast ganz) allein!

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