Ich war bisher mehrere Wochenenden in Leipzig und Umgebung mit dem Solozelt von Big Agnes unterwegs. Die extremen Tests in den Alpen stehen also noch aus, aber hier meine Erfahrungen bis hier: Der erste Gedanke, welcher wahrscheinlich allen in den Kopf kommt, die das Zelt zum ersten Mal sehen, ist die Frage nach dem Platz. Und der ist ausreichend vorhanden! Ich bin gute 1,87 m groß und hatte das Gefühl, Big Agnes hat das Zelt für mich designt. Wäre ich fünf Zentimeter größer, wäre ich wahrscheinlich nicht ganz so begeistert, aber so ist es für eine Person ideal. Der Grund für das angenehme Raumgefühl liegt demnach nicht in der Grundfläche, sondern ergibt sich vielmehr aus den steil emporragenden Seitenwänden. Nun gut, es ist und bleibt ein 1-Person-Zelt, das etwas mehr als ein Kilo wiegt. Zu denken, dass man darin eine coronakonforme Party mit zwei Haushalten unter Einhaltung der Abstandsregeln feiern kann, ist dann doch etwas naiv. Aber man fühlt sich im Gegenzug auch sicher nicht wie in einem Sarg und mit einer Innenzelthöhe von 97 cm kann man auch gut sitzen oder sich umziehen.
Neben der guten Höhe ist mir vor allem die Belüftung positiv aufgefallen. Die Zeltwand am Fußende besteht nämlich fast vollständig aus Meshgewebe, ebenso die oberen Hälften der anderen Wände, wodurch die Luft gut zirkulieren kann.
Einen ganz dicken Pluspunkt hat sich das Zelt durch den wirklich selbsterklärenden Aufbau verdient. Zwar habe ich in meinem Leben schon das ein oder andere Zelt aufgebaut, aber so richtig tief in der Materie stehe ich diesbezüglich nicht und war umso glücklicher beim ersten Aufbau. So freue mich schon drauf, das Fly Creek HV UL 1 Bikepack an meine Freundinnen und Freunde zu verleihen, ohne ihnen groß etwas erklären zu müssen.
In meiner Vorstellung sind freistehende und einzeln aufzubauende Innenzelte immer so ein bisschen wie Mikrowellenabdeckhauben: Sie suggerieren das Gefühl von Sicherheit, aber wirklich etwas bringen tun sie nicht. Naja, das hat sich jetzt nicht grundlegend geändert, aber ich habe das mal getestet und verstehe den Gedanken dahinter. Was an dem hier vorliegendem Innenzelt wirklich gut konzipiert ist, sind die Wände, welche nämlich in der unteren Hälfte die schlafende Person vor Wind schützen und ihr trotzdem in der oberen Hälfte eine gute Sicht auf die Sterne ermöglichen. Ach ja, und natürlich vor Mücken schützen. Also ich gebe zu, in sehr warmen und regenfreien Nächten wäre es eine gute Option, das Außenzelt zuhause zu lassen, bei der man zusätzlich etwas Gewicht sparen kann.
Zwei kleine Kompromisse muss man dann doch eingehen: Der erste ist das grelle Gelb am Boden des Innenzelts. Warum? In welchem Szenario ist das denn bitte von Vorteil, Big Agnes? Aber naja, belassen wir es dabei, sowas ist ja bekanntlich Geschmackssache und schränkt ja glücklicherweise die Funktion des Zeltes nicht ein. Den zweiten Kompromiss muss man mit der Größe des Vorraums eingehen. Dieser ist nämlich okay groß, aber eben auch nicht mehr. Für eine Fahrradtour finde ich das nicht schlimm, da die meisten Fahrradtaschen von sich aus wasserdicht sind und daher auch außerhalb des Zeltes geparkt werden können. Ist man jedoch auf einer langen Wanderung unterwegs, dann ist der Vorraum mit einem 50-Liter-Rucksack schon voll und wenn es dann noch den ganzen Tag regnet und man sich etwas zu essen kochen will, würde ich stark davon abraten, das im Vorzelt zu machen.
Was ich als neutral bewerte, ist der spezielle Gummizug für den Fahrradhelm. Der ist in etwa wie Koriander: Mal ganz witzig, aber auf Dauer dann doch eher nervig, und Platz für einen Fahrradhelm findet man dann doch meistens noch irgendwo im Vorzelt.
Das Einzige was ich mir noch wünsche, wären Spacer für die Montage am Lenker. Der Packsack des Zeltes kommt zwar mit drei Gurtbändern und einer Vielzahl an Befestigungsschlaufen daher, doch hat man immer das Problem, dass, wenn man die Riemen richtig anzieht, man wenig bis gar keinen Platz mehr für seine Hände hat. Oder dass das Zelt, wenn man einen kleinen Abstand lässt, um gut zugreifen zu können, locker hängt und bei jeder Unebenheit gegen das Fahrrad prallt. Ortlieb hat das bei ihren Handlebar-Packs mit den mitgelieferten Spacern für den Abstand besser gelöst, aber das ist nun wirklich Jammern auf hohem Niveau.
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